Schlüssel des Buchs: Irrtümer und Wahrheit
Rückweis der Menschen zu dem allgemeinen Prinzip der Vernunft, von einem bekannten Schlosser.
Louis Claude de Saint Martin (1790)
Das Schicksal der meisten Bücher und Autoren ist, von Leuten beurtheilt zu werden, die sie nicht kennen. Man spricht, und um sich das Denken zu ersparen, wiederholet man das, was man sagen hören, mit einem Tone der Vertraulichkeit, welcher insgemein das Eigenthum der Thorheit ist. Nie sahe man die Wahrheit dieses Grundsatzes deutlicher ein, als wie das Werk wovon hier die Rede ist, durch die Bemühung eines Buchdruckers ausgestreuet wurde. Jederman bemühete sich solches zu lesen; keiner verstand etwas darinne, und doch schrien sie alle: ach, wie schön ist es! …. Wovon sprechen sie denn? Von einem erhabenen, von einen göttlichen Buche. … Nun wohl, was ist der Gegenstand dieses Buchs, wovon handelt solches? … Auf meine Ehre, ich weiß es nicht, und so ist es gerade wie man über ein Werk urtheilt. Die gewöhnlichen Menschen, das ist der größte Theil, werden in dem Buche Irthümer und Wahrheit nichts finden, was sie für eine ermüdende Lectüre schadlos halten könnte; die Brüder Maurer oder die Freimaurer, glaubten in solchem das Lehrgebäude ihres Ordens unter verborgener Allegorie zu sehen, die Theologen werden nicht ermangeln zu sagen: es sei ein Werk des Teufels. In Deutschland aber machte das Buch sein Glück. Die deutschen Gelehrten stritten für und wider, sprachen sehr weitläufig über den Titel, über den Autor, die Schreibart, das Gedritte des Plato, die Zahlen des Pythagoras, die Zahl 9 und von vielen andern Sachen, die für das Menschengeschlecht ebenso nützlich sind. Hernach kamen die Journalisten in Berlin, Jena und Hamburg, die wider die Wahrheit schrien und Sottisen sagten, die man für die gröbsten Irthümer gehalten hat. Der sich unter seinen periodischen Mitbrüdern besonders auszeichnete, war der grundgelehrte Nicolai, ein preußischer Buchhändler, der gewohnt ist, die Werke ein wenig herumzuholen, die nicht aus seiner Presse kommen; übrigens ein sehr fruchtbarer Autor, dessen fruchtbare Feder alle Monate wenigstens sechs Bände zur Welt bringt. In einem zusammengestückelten Werke, welches den Titel: deutsche Bibliothek, führet, sagte er, das Werk der Irthümer und Wahrheit sei aus einem jesuitischen und cabalistischen Gehirn gekommen, es sei von einem der großen Brüderschaft dieses aufgehobenen Ordens, und man müsse für Deutschlands Freiheit zittern, wenn die abscheulichen Grundsätze, davon das Buch voll, sich ausbreiteten; wenn der Calvinismus, Lutheranismus und alle Secten des lieben Vaterlandes in ismus (den Maurerismus nicht zu vergessen) von diesem gefährlichen Gifte angesteckt würden, und noch mehr, dass in kurzer Zeit die verstorbenen Jesuiten die ganze Erde wiederum beherrschen würden. Dieser Herr Nicolai spricht viel, wie man sieht. Er gleicht nicht übel jenem Pyrenäischen Thoren, der sich für den Eigenthümer aller Schiffe ausgab, die im Hafen lagen. Ein andrer Buchhändler, der Autor und Übersetzer geworden, aber weniger von panischen Schrecken ergriffen, als der Herr Nicolai, hat eine unpartheyische Untersuchung (examen im partial) über dieses berüchtigte Buch geliefert; man kann aber, wenn man auch noch so viel Verstand hat, sich in Ansehung andrer Meinungen betrügen, besonders wenn man zu errathen glaubt, was man nicht verstehen kann. Endlich hat ein Gelehrter in Us die Irthümer und Wahrheit ins Deutsche übersetzt, der in der Vorrede bekennt, dass er seinen Autor ganz und gar nicht verstehe. Ei mein Freund! Warum übersetzest du denn, wenn du es nicht verstehest!
Zu bemerken ist, dass in der unzähligen Menge Beurtheilungen, die mit vollen Händen über das Werk ausgeschüttet werden, keiner der verwegenen Zensoren es besser verstanden hat, als der deutsche Übersetzer.
Die Menge der Werke, ebenso unvernünftig als lächerlich, die für und wider die Irthümer x. herausgekommen, wollen wir gar nicht erwähnen. Denn das hieße, ohngeachtet der Sorgfalt des unermüdeten Autors der partheyischen Bibliothek, das Incognito unter die Leute bringen, dessen sich diese Werke erfreuen, und weil so viel gesprochen was das Buch nicht ist, so mag man uns erlauben zu sagen, was es ist.
Ein Zweifel nur betrübt uns; hält unsere Feder auf und macht uns unentschlossen. Die Menschen in unsern Tagen, werden sie wohl zugeben, dass man ihnen sagt, was die Wahrheit ist? Ist es nicht eine verwegene Unternehmung diese heilige Jungfrau denen Personen in ihrer ganzen Blöße vorzustellen? Nein, es ist Zeit zu reden; es ist Zeit den Schleyer zu zerreißen, mit welchem sich die Scharlatans unsers Jahrhunderts bedecken. Die Sinnbilder, die Zahlen, die Geheimnisse, selbst das Heiligthum, alles soll sich vor uns eröffnen, alles soll unsre Leser überführen, dass es nicht der Grund eines Brunnens sei, wo man sagt, dass sich die Wahrheit verborgen, die wir hervorziehen wollen; sie ist in dem Herzen jedes Sterblichen, unter der Bedeckung der Eigenliebe und des Eigennutzes. Wenn man diese gefährlichen Aufseher zerstreut, so sieht jedes Wesen die Göttin in ihrer ganzen Pracht glänzen.
Was den Hrn. von Bonneville betrifft, der in der St. Marcus Vorstadt die europäischen Potentaten mit allem Stolze eines persischen Königs richtet, und der von Moskau an bis an die Grenzen von Auvergne nichts sieht als Jesuiten, Erleuchtete, Dolche, sinnlose Freimaurer, mit einem Worte, Narren oder unsinnige Menschen, die sich, durch unsichtbare Obern regieren lassen, denen man tausend Ideen zuschreibt, besonders die Wiederherstellung der Gesellschaft Jesu, die … die … die x. Man müsste einige Bogen Papier verderben, um diese abscheulichen Ideen zu erklären, und das Gehirn ihrer Urheber mit einem Schlüssel von polierten Stahl öffnen Dieser Schlüssel müsste die Coffers öffnen, wo die Menschen ihren gesunden Verstand eingeschlossen haben, seitdem die heuchlerischen Schelme tausend lächerliche Systeme angekündigt, um sich solchen unterwürfig zu machen; aber das Übel ist eingewurzelt, dass menschliche Geschlecht so leichtgläubig, der Irthum so süße, dass wir genöthigt sein werden, unsern Ambos öfters unter den drei großen Hämmern schallen zu lassen, die den Tempel der Wahrheit öffnen und schließen.
1.
Man darf sich nicht wundern, dass die Herausgabe eines Buches Aufsehen erregte, welches eigentlich nur bestimmt war, in den Händen weniger Weisen zu bleiben; wenn man anders im achtzehnten Jahrhundert zwei oder dreie so nennen kann, die sich mit Erforschung einiger Wahrheiten beschäftigen. Die Grundlage des Werks war aus verschiedenen Handschriften genommen, die von der königlichen Gesellschaft zu Edimburg mitgeteilt worden. Die Gedanken, die dieses Buch enthalten, können nur von solchen gefasst werden, die von den verschiedenen Systemen über den Ursprung der Welt vollkommen unterrichtet sind. Der größte Theil der Untersuchungen gründet sich gemeiniglich auf unbekannte Sätze. Was der Autor der Irthümer und Wahrheit als die Grundlage des Glücks der Menschen anzeigt, ist von einer so hohen Naturlehre und Philosophie, dass keine Wahrscheinlichkeit ist, in seine wahren Grundsätze einzudringen, vielweniger, dass er selbst oder ein andrer, der sein Geheimnis weiß, sich die Mühe geben sollte, dasjenige deutlich zu machen, was uns unverständlich scheint; und weil er von aller Menschen Glück handelt, von der Ehrfurcht für die Wahrheit, so ist man verbunden, alle seine Kräfte aufzubieten, in der Hoffnung, ein so lobenswerthes Ziel zu erreichen.
Ob der Autor ein Engländer, Franzose, Deutscher oder Türke sei, kann uns wenig kümmern. Hier ist nicht die Rede von der Person, sondern von dem Werke selbst. Wenn die Untersuchungen, die es enthält, glückselig, deutlich und auf die Liebe für seine Mitmenschen gegründet sind; wenn er deren Vervollkommnung und ihre Glückseligkeit wünscht, so verdient er unsern Dank: er muss sich aber auch auf eine Art erklären, so dass alle ihn verstehen können; und weil der Erfolg dieser Grundsätze dem Menschen eine Wissenschaft gewähren soll, um ihn zu veredlen, so ist, um diese Wissenschaft zu erlangen, nothwendig, den Sinn eines jeden Worts zu bestimmen, wodurch uns solche überliefert wird. Wichtig aber ist es zu wissen, ob der Autor einen Traktat von Jesuitsm oder Fanatism liefern wollen, ob er für das Publikum, für Maurer oder für Erleuchtete geschrieben? Vielleicht hat er zu Aussichten Anlass gegeben, die er nie gehabt hat, Entwürfe, an die er nie gedacht hat: denn ich bin geneigt zu glauben, dass sein Herz besser als ein Buch sei. Gewiss ist es, dass man ihn mit ganz widersprechenden und lächerlichen Beschuldigungen überhäuft habe. Es sei nun wie es wolle, so wird es ihm nicht leicht werden, seine Grundsätze sowohl als Schreibart zu rechtfertigen. Schon der Titel seines Werks führt zum Lächerlichen. Er kündigt das Vorhaben an, den Menschen auf eine Wissenschaft zurückzuführen, durch die er alle andre soll erkennen lernen, überhaupt eine allgemeine Wissenschaft, ein Vorherwissen, ein Alleswissen. Nach einem solchen Eingange hätten vernünftige Leute dieses Werk auch beurteilen sollen. Aber was thut nicht der Enthusiasmus; die Liebe zum Wunderbaren und die träge Leichtgläubigkeit unseres armen Geschlechts! Wie kann man begreifen, dass es eine allgemeine Wissenschaft geben soll, ein einziges Heilpflaster für alle unsere Gebrechen! Der Autor sagt pag. 2. „dass der Mensch vom Lichte abgesondert, die Fackel nicht alleine anzünden könne, die ihm zum Wegweiser dienen müsse, noch weniger durch seine eigenen Kräfte eine Wissenschaft hervorbringen, die alle seine Zweifel hebe.“ Diese verblümte Schreibart bedeutet nichts anders, als dass der Mensch Maurer werden müsse, um an dem Lichte Theil zu nehmen, denn wollte er unter diesem Lichte die Liebe des ewigen Wesens verstehen, so würde er die Lehre der Quietisten predigen, da er doch auf nichts weiter zielt, als die Menschen zu dem übernatürlichen Gesetz zurückzuführen.
Der Leser kann sich nun schon von der Art überzeugen, die wir zur Erklärung dieses wichtigen Werks einschlagen wollen. Man muss die Geduld haben, dem Autor von Paragraph zu Paragraph zu folgen; ohne diese Methode (wahr ist es, sie ist ermüdend, aber sicher) werden wir die Wahrheit nicht erreichen. Das Buch von Irthümern und Wahrheit z. B. ist in 7 Abschnitte geteilt. Jede dieser Abteilungen handelt wenigstens von verschiedenen Dingen, deren Zergliederung einen Band ausmachen würde, wenn man sich an Erklärung des Titels binden wollte, den er diesen verschiedenen Gegenständen gibt. Die Ordnung, die wir befolgen wollen, soll weniger beschwerlich, zum Verständniss des Lesers leicht und deutlich sein. Jede Redensart wird uns eine Schlussfolge darbieten, von welcher wir mittelst einer einfachen Untersuchung den Schlüssel bekommen werden. Auf diese Weise erfahren wir, ob des Autors Vorsatz gewesen, uns eine eigne Lehre zu empfehlen, oder ob er uns nur über alle Gegenstände, die auf den Verstand des Menschen Bezug haben, seine besondern Meinungen vortragen wollen. Diese Gegenstände sind zwar unermesslich, und nie bietet sich unsern Betrachtungen gleich bei m ersten Anblick etwas Auffallenderes dar; aber was wären alle diese schönen Beweise, wenn wir sie nicht verstehen könnten? Wir wollen es versuchen, sie zu ihrem wahren Werthe aufzulösen. Die Ursache unserer Irthümer rührt von einer Mischung von Schwachheit und Unwissenheit her. Nichts ist wahrer und einfacher als dieses. Der Autor setzt noch hinzu, dass die gewöhnliche Unbesonnenheit sie auf die Menschen fortpflanzten. Das ist: dass Schwachheit uns abhalte, in einen Orden zu treten, von dem alles Licht herkomme, und dass, wenn wir einmal in die Schule dieser Wissenschaft eingetreten, unsere Unbedachtsamkeit die Ursache, dass wir nicht zu den erhabenen Stufen gelangen, und dass alsdann unsere Unternehmung ohne Früchte sei. Hier wäre der Ort, wo ich eine wichtige Untersuchung anstellen könnte; da mich aber solche von meinem Gegenstande zu weit abführen würde, so sei mir nur eine kurze Bemerkung erlaubt. Wenn auch der Verfasser, wie ich gewiss glaube, sich von dem Vorwurf ein jesuitisches System aufgestellt zu haben, ganz reinigen kann, so gibt es doch nicht einen Maurer, der nicht geglaubt, zum wenigsten eine sinnbildliche Geschichte seiner vermeinten königlichen Kunst darinne zu finden. Man hat es zum Vorteil des Ordens erklären wollen, aber zu spät hat man sich überzeugt, dass dieses Buch auch nicht einen Zug davon habe. Dennoch hat solches die Brüder Maurer nicht gehindert, den Autor für einen ihrer vornehmsten Glieder anzusehen. Sie fanden sich sehr geehrt, weil er sich Mühe gegeben, den Ursprung ihrer Gesellschaft von der Schöpfung herzuleiten; auf die Art nehmlich, dass Adam von Gott selbst zum Meister aufgenommen worden, und dass der Maurerorden sich unter dem besondern Schutze der Gottheit befinde. Vermuthlich dass die erste … in dem irdischen Paradies gewesen, im Garten, und dass Cain seinen Bruder Abel erschlagen, weil er das Geheimnis verrathen hat. Unverzeihliches Verbrechen in der Zeit besonders, da die beiden Söhne Adams, so wie Moses erzählt, die einzigen Menschen auf der Erde waren. Es ist kaum nöthig zu erinnern, wie viel Stolz, diese lächerlichen Ideen unsern heutigen Maurern einflößten. Man liebt gemeiniglich von einer langen Reihe Vorfahren abzustammen. Dieser Geschmack war schon zu den Zeiten Jesus im Gange, davon die verschiedenen Geschlechtsregister zeugen, die die Evangelisten geliefert haben. Nicht eins trifft mit dem andern überein, und doch versichert der kluge Dom Calmet, dass dies das sei, was die Echtheit beweise.
Übrigens, wenn ich von Maurern rede, so verstehe ich nicht die, die in die … gehen, um auf das Wohl ihrer Freunde zu trinken; die armen Lehrlinge, Gesellen und adonhiramitischen Meister sind noch nicht in die tiefen Geheimnisse eingeweiht, sondern ich rede von dem großen Bande des Ordens, von denen die so weise als Salomon sind, von den vollkommenen Rosenkreuzern, die so leicht Gold machen können, als man auf die Erde spukt. Doch, von zwei Sachen muss es eine sein. Adam, nachdem er von dem angenehmen Orte wegen Ungehorsam gejagt worden, hat ipso facto eine Meisterschaft verloren. Siehe da, die Maurer ihres edlen und alten Ursprunges beraubt, ihr Amt ist nicht gültig geworden: denn das was der Autor der Irthümer unter dem Verlust dessen versteht, was Gott dem Menschen gegeben hatte, ist, wie die Maurer dafür halten, die nehmliche Meisterschaft die Adam verloren, und ihre fortgesetzten Bemühungen zielen darauf ab, solche wieder zu erlangen. Der Autor aber hat nicht zum Unterricht für Maurer geschrieben: es ist daher kein Zweifel, dass er nicht den Fall der Engel anzeigen wolle; die Versuchung, deren Adam unterlag, und wo er durch das böse Prinzip verleitet wurde, das ist seiner Sprache nach, der Teufel; er hat also ein System, wenn es anders eines ist, für eine Klasse von Menschen gebildet, die weder jesuitisch, noch maurerisch, noch erleuchtet sind. Kann man glauben, dass es Leute gibt, die von so groben Fabeln eingenommen sind? Es muss doch sein, und der Autor muss es geglaubt haben, weil er so oft wiederholt, dass er nur von ihnen verstanden würde. Das ist in der That nicht einer seiner geringen Fehler; denn er hätte nicht einer besondern Klasse den Vorzug geben sollen, und da sein Buch, wie er sich erklärt, Nutzen stiften soll, so hätte er billig seinen Ruhm darinne setzen müssen, diesen Vorteil allgemein zu machen; er hätte auf eine Art schreiben müssen, um von allen verstanden zu werden. Kann man ihn auch von diesem Fehler nicht freisprechen, so ist er doch an allen Bösen unschuldig, das man seinem Buche beilegt; denn was für Übel kann ein unverständliches Werk im achtzehnten Jahrhunderte des Menschengeschlechts anrichten? Was hätte man also in der Folge so vieler Kritiken und Verteidigungen nöthig gehabt, um das protestantische Volk zu beruhigen, dass Nicolai und seine Anhänger überreden wollten, dieses Buch predige Katholizismus und sei auf Zerstörung der Sekten Calvins und Luthers gerichtet? Wenn dem Autor seine wahre Absicht nicht geglückt, so liegt es an der Dunkelheit seiner Schreibart und darinne, dass er das für wahr erkennt, worüber noch gestritten wird. Der Grund seines Systems beruht ohne Zweifel auf einen ehrwürdigen Gedanken, auf die Schöpfung der Welt durch die Allmacht Gottes, den er das gute Prinzip nennt, und seine Beweise (wie der Engländer Warburton schon vor ihm gethan hatte) sind von der Gesandtschaft Mosis her genommen. In den Augen der Philosophen aber gibt es keinen unbedeutendern Beweis; weil sie leugnen, dass Moses gesandt worden und noch mehr, dass er von der Gottheit Eingebung erhalten. Durch diese verwegenen Philosophen wird dies Ansehen ganz vernichtet, als z. B. durch Boulanger, Locke, Bufson, Wollaston, Bolingbrocke, Newton x. nicht bloß, dass sie die Gesandtschaft des hebräischen Gesetzgebers leugnen, sondern sie scheinen auch überzeugt zu sein, dass er die Bücher nicht geschrieben habe, die man ihm beilegt.
Da der Autor von der Wiedereinsetzung des Menschen im vorigen Stand handelt, so muss man merken, dass da der Mensch sich unwürdig gemacht hatte, das Paradies zu bewohnen, er die Unsterblichkeit verloren, die Gott ihm verliehen, indem er sich der Erbsünde schuldig gemacht hatte. Das ist es, was er nennt, den Mittelpunkt verloren zu haben, und von 4 zu 9 zurückgekommen zu sein, noch setzt er hinzu, dass, um das wieder zu finden, was der Mensch verloren, das ist, die Unsterblichkeit, müsse er von 9 zu 4 kommen. Was die Zahl 56 betrifft, so ist solche die 8 mal 7, wie man auch in der Folge weitläufiger erklärt findet. Hier ist der Schlüssel von dem, was der Autor eigentlich hat sagen wollen: Wenn der Mensch den Mittelpunkt wieder erlangen will, den er durch seinen Stolz verloren, muss er in sich selbst kehren, auf seine Schritte Acht haben und bis auf die Einheit des Ursprungs zurückkommen, welches er in der sinnlichen Welt nicht thun kann, sondern nur in der geistigen.
Folgen wir dem Plane des Autors, so finden wir, dass der Mensch durch seine Schuld, die Unsterblichkeit in dem Paradiese verloren hatte, er kann sie nicht anders wieder erlangen, als im Geist durch den Glauben, Tödtung des Fleisches und Leiden. Der Leser glaube nicht, dass die Lehrsätze dieses Buchs neu sind, und dass der Autor viele Mühe gehabt, solche zu sammlen; noch weniger darf man sich wundern, dass der Mensch, der sich selbst nicht kennt, die Rathschlüsse der Vorsehung nicht einsehe, und dass er ohne Erfolg über eine Unendlichkeit von Dingen rede, die er nicht zu verstehen weiß. Es ist von jeher schwer gewesen und wird auch immer schwer sein, die Unsterblichkeit des Menschen jemals anders als durch den Glauben zu erweisen. Moses selbst hatte keine Kentniss von dieser Lehre, denn er bedrohte die Juden nur mit zeitlichen Strafen, und versprach ihnen nur Belohnungen in diesem Leben.
Wenn man annimmt, dass die Gottheit das Ganze aus nichts hervorgebracht; (was eben nicht so leicht zu begreifen ist) so muss jeder Theil durch wechselseitige Verbindung und unveränderliche Übereinstimmung mit den Absichten des Schöpfers übereinkommen. Wie wird es sodann mit dem Bösen und der Vergänglichkeit? Hat Gott erlaubt, dass sein Werk vergänglich sei und dass der Teufel es niederreiße? Kein Mensch zweifelt daran, dass nicht jede Materie der Vergänglichkeit und Teilbarkeit unterworfen: der Mensch ist eine Zusammensetzung von sehr vergänglicher Materie, ergo, ist er nicht unsterblich. Um aus diesem Labyrinth herauszukommen, richtet der Autor der Irthümer und Wahrheit, die Stellen der Schrift und vornehmlich der Bücher, die Mosen zu geschrieben werden, nach dem Sinn, den er ihnen geben will, und nach seiner zweideutigen Schreibart ein. Um desto besser die Quellen zu verbergen, woraus er seine Grundsätze schöpft, so begleitet er seine Sätze mit cabalistischen Zeichen, Chiffern und mit Stellen aus den ältesten Schriftstellern, über die Bildung des Weltalls. Ich will ein auffallendes Beispiel geben. Das Wort scha-maim oder th-a-scha-maim bedeutet Feuer-Wasser: von diesem Feuer-Wasser machten die alten Cabalisten l’azoth oder acide universel, um Anfang und Ende anzuzeigen; die erste und letzte Materie, weil der Buchstabe th der letzte im hebräischen Alphabet ist, sowie omega im Griechischen und der Buchstabe z im Lateinischen. Der Buchstabe a ist der erste des Alphabets in allen Sprachen; und wer weiß nicht, dass bei den Propheten, den Weisen, der erste und letzte Buchstabe des Alphabets immer einen geheimnisvollen Sinn gehabt? Esaias sagte, indem er von Gott redete:
Ich bin
alpha – – – – et – – – – omega
principium – – – et – – finis
primus – – – – – et – – ultimus
primus – – – et – – novissimus.
Was aber nicht ein jeder weiß, ist, dass die geheime Lehre (cabala) oder Arimanthie nichts ist, als die Wissenschaft der Geheimnisse, unter Buchstaben verborgen, Stellen oder Zeichen von Schrift; sie ist das Mittel zwischen cosmologie und théomantie, welche zwei besondre schätzbare Wissenschaften für die Weisen ausmachen – – –. Die Weisen, um in den drei gelehrten Sprachen einen physischen und moralischen Grundsatz anzunehmen, der, ihrer Meinung nach von Wichtigkeit ist, haben die drei ersten hebräischen, griechischen und lateinischen Buchstaben vereinigt, a, a, a, und die drei letzten z, omega und th, woraus gekommen ist a, a, A, z, a, th; von dieser Vereinigung hat man zwei a als unnütze Wiederholung weggenommen, und so ist denn geblieben: azoth.
Sind das nicht Untersuchungen und ist das nicht Gelehrsamkeit, die weisen Männern würdig ist! Ich weiß nicht, worüber man am meisten erröthen sollte, über den, welcher glaubt die Menschen im achtzehnten Jahrhundert mit solchen Possen zu täuschen, oder über die Schwachheit desjenigen, der sich betrügen lässt. In der Folge meines Werks, welches bestimmt ist den Leichtgläubigen die Augen zu öffnen, wird man sehen, welcher Täuschung man sich bedient hat, um zu beherrschen, und wie die Seelen-Verderber gewusst haben, ihren Gift auszugießen.
2.
Den Anfang des Buchs: Irthümer und Wahrheit, habe ich bereits zur Genüge erklärt. Ich habe die Grundsätze entwickelt, auf die der Autor seine Beweise stützt. Weniger durch die Beschwerlichkeiten abgeschreckt, mit denen diese Arbeit verbunden, vielmehr durch das Vergnügen ermuntert, meinem Nebenmenschen nützlich zu sein; will ich in dieser Unternehmung fortfahren und bis zur Gewissheit erweisen, wie wenig Vertrauen solche Werke verdienen, die an den Grenzen unsers Verstandes auf eine uns erreichbare Methaphysick gegründet sind.
Um einen Gegenstand etwas angenehm zu machen, der eigentlich dazu wenig geschickt zu sein scheinet, sei es mir unter den Augen des Lesers erlaubt, die verschiedenen Wissenschaften vorzulegen, die der Autor in dem ersten Abschnitte seines Werks durchgeht. Nachdem er von der Ursache der Irthümer in wenig bedeutenden Worten geredet, unternimmt er in ohngefehr 60 Seiten alle folgende Gegenstände abzuhandeln: Von der Wahrheit, vom Guten und vom Bösen, von dem guten und bösen Principio, von der falschen Lehre über die beiden Principien, von der Verschiedenheit der zwei Principien, von dem Bösen, dem Resultat der Freiheit; vom Ursprunge des Bösen, von dem Willen und der Freiheit, ehemaliger Zustand des bösen Urwesens, wirklicher Zustand des bösen Principi, Unverträglichkeit des Guten und des Bösen, von zwei Zuständen des Menschen, ursprünglicher Zustand des Menschen, Fall des Menschen, Elend des Menschen, Weg seiner Wiederherstellung, von dem Rettungsmittel, so dem Menschen verliehen, von den Mühseligkeiten des Menschen, zweifache Wirkung des menschlichen Körpers, Ursprung des Materialismus, Empfindungs-System, von der Gefährlichkeit dieses Systems, angebohrne Fähigkeit des Menschen, von der ehemaligen Hülle des Menschen, neue Hülle des Menschen, zwey Wesen im Menschen, bloße Sinnlichkeit im Thier, von dem thätigen Wesen im Thier, von den Fertigkeiten im Thier, vom Verständigen und den Sinnlichkeiten, Art die drei Naturreiche zu unterscheiden, allgemeine Geviert-Progression, von der Vereinigung der drei Elemente, von der Hoheit des Menschen, von den Gedanken des Menschen, von den Sinnen des Menschen, Rechte des Menschen über seine Gedanken, Größe des Menschen, Irthümer über den Menschen, von den Mitteln diese Irthümer zu vermeiden, Allgemeinheit dieser Irrthümer. Das alles ist mit einem Vortrage geschmückt, der dem, was der Autor über die verborgenen Eigenschaften vorangeschickt, würdig ist; bloß um die Menschen anzufeuern, sich mit diesen Eigenschaften mehr bekannt zu machen. Man bemerke, dass alle die angeführten Artikel nicht mehr als ohngefehr den siebenten Theil des Werks ausmachen, und dass, wenn man alle die Thorheiten bemerken wollte, die nur über einen einzigen, dieser Gegenstände denen Menschen durch den Kopf gefahren, so würden schon zwanzig Encyclopädien, nicht zureichen. Ich frage, ob ein Mensch, der die Gaben der Patriarchen und die Kentnisse der sieben Weisen Griechenlands zusammen erhalten, ob dieser im Stande sei, so viele Dinge auf die Art abzuhandeln, um damit den so wenig vernünftigen Geist, zu befriedigen? So eilt der Autor ohne Aufhören, bezahlt die Neugierde seines Lesers mit Worten, die leer und ohne Sinn sind, und die man auf tausenderlei Art auslegen kann; Ursache, warum ihm niemand verstanden hat. Sein Buch ist ein wahres theologisches System, versteckt unter dem Anstrich einer höhern Philosophie. Das große Streitpferd des Verfassers ist der Fall des Menschen, die Erbsünde, das Geistige und die Unsterblichkeit der Seele, der freie Wille und die Mitteilung Gottes durch den allgemeinen Magnetismus. In diesen innersten Grund wollen wir uns hinein wagen, um der Entwickelung cabalistischer Ideen zu folgen, hinter welche sich der Autor zu verstecken liebt. Ältere Schriften, aus denen der Autor den Grund seines Buches über Irtthümer und Wahrheit genommen, wollen wir dem Leser zu beurteilen vorlegen. Das ist der beste Schlüssel den man über seine Irthümer geben kann.
„Gott hatte das irdische Paradies aus reinen gemäßigten Bestand-Theilen geschaffen, die auf eine solche Art vollkommen miteinander verbunden waren, dass, da sie unvergänglich, auch alles was von ihnen kam, unvergänglich und unsterblich sein musste, denn die gleiche und vollkommne Vereinigung kann keine Trennung dulden. Der Mensch war aus solchen unvergänglichen Bestand-Theilen geschaffen worden, so mit ihm verbunden, dass er nicht konnte verderbt werden, und deswegen war er auch zur Unsterblichkeit bestimmt.
Ey, wie schön ist das, wie schön, und überdies wie deutlich ist dieses gesagt, es ist mir, als ob ich den Plato hörte, wenn er sagt: dass Gott den dritten schuf von nehmlichen und von andern. Diese Art, die Menschen über ihre Pflichten aufzuklären, braucht keinen Kommentar, das spricht von sich selbst, wir wollen daher weiter gehen. „Aber nachdem der Mensch durch seinen Ungehorsam die Befehle Gottes übertreten hatte, wurde er aus dem Paradiese verbannt, und das gute Principium setzte ihn in die vergängliche und elementarische Welt, in welcher er nicht ohne Nahrung leben konnte (das versteht sich) er war gezwungen, von den vergänglichen Elementen Gebrauch zu machen, die die reinen Elemente, aus denen er geschaffen worden, ansteckten; er fiel nach und nach in die Vergänglichkeit, bis eine Eigenschaft über die andre den Vorzug behielt; so zusammengesetzt ist er verdorben, mit vielen Schwachheiten befallen worden, und endlich ist die Trennung der Theile und der Tod hierauf gefolgt, das gute Princip ließ ihm nichts als die unsterbliche Seele übrig, die nach seinem Bilde gemacht worden. Diese Seele ist verständig, mit höhern und niedrigern Tugenden begabt. Das Werk der Schöpfung wurde mit der Bildung des Menschen beschlossen, der ein kurzer Inbegriff des Weltalls, deswegen man ihn auch microcosmus nennt!
Ist es in dem Jahrhundert, wo die Büssons, Voltaire, d’Alembert, Diderot, Montesquieu geschrieben haben, in welchem man seinen Zeitgenossen so etwas Lächerliches übergibt? Ist es in dem Jahrhundert, wo eine reine Naturlehre, Philosophie und Naturgeschichte so starke Fortschritte gemacht hat, wo die Erkenntnisse aller Gegenstände, die das Glück der Menschen ausmachen, auf die höchste Stufe gekommen, die der menschliche Geist erreichen können, wo der Schleier, der die Wirkungen der Natur bedeckte, wenn ich mich anders so ausdrücken kann, fast zerrissen, wo man solche Ideen eines eitlen Traums für den vollkommensten Wegweiser der Handlungen der Menschen ausgeben darf? Die Feinde der Vernunft möchten uns gern in die Nacht der Vorurteile stürzen; doch soll dieses Verbrechen nicht mehr in ihrer Macht stehen. So bald werden sie nicht das Licht weichen sehen, das die Werke großer Männer uns seit zwei Jahrhunderten verschafft haben. Wer sollte glauben, dass eben das Land, aus welchem die Schwärmerei im nehmlichen Zeitraume vertrieben, wo man das Götzenbild des römischen Aberglaubens stürzte, wo das demüthigende Joch, darunter die Menschen 5 Jahrhunderte geseufzet, abgeschüttelt, indessen der übrige Theil Europens sich unter der Macht der Priester krümmte; wer, sage ich, sollte glauben, dass man sich in dem Vaterlande des großen Friedrichs, des Hallers, Klopstock, Göthe, Gesner x. mit solchen Possen beschäftige, denen man einiges Ansehen gibt, indem sie in den tausend Journalen, die jede Woche herauskommen, wiederholet werden, dass man Werke rühme, die des Narren-Hauses würdig, und dass der Geschmack für das Wunderbare in dem kalten Gehirne der Deutschen hervorsteche, die nichts hervorbringen, was nicht von solchen elenden Träumereien handle. Es gibt sogar Personen, und überdies weise Männer, die die Schwachheit gehabt haben, die Thorheiten des Buchs: Irthümer und Wahrheit x. nach dem Buchstaben zu erklären. Sie haben hundert Erklärungen, hundert verschiedene Auslegungen gemacht, die alle nichts bedeuten, weil sie etwas, was nicht ist, zu sehen glaubten. Einer dieser Mode-Schwärmer hat sogar einen Briefwechsel mit dem Autor erdichtet, und in einem Briefe voll Fehler wider die Reinigkeit der Sprache, bemüht er sich bald rechts und links sowohl das Werk als den Autor bis zum Wolken zu erheben; er führt ein ander Werk an: von der Gemeinschaft zwischen Gott, dem Menschen und dem Weltall, und glaubt, dass diese beiden Werke das Menschen-Geschlecht glücklich machen, (wahrscheinlich im andern Leben) wenn sie verstanden würden. Dass ist eben die Schwierigkeit. Mitten in dem Geschmiere von halb französisch und halb altdeutscher Sprache dieses neuen Donguichot bemerkt man, dass er von den Meinungen der Martinisten eingenommen, und dass er den Autor der Fortsetzung der Irthümer und Wahrheit lächerlich zu machen sucht, ein Werk, welches fähig, den verwirrten Ideen, die man bei dem andern antrifft, zum Gegengift zu dienen, auf eine Naturlehre durch Erfahrung, auf eine vernünftige Philosophie gebaut; wenn anders ein vernünftiges Werk aus den Händen der Menschen kommen kann. Was ist aber geschehen? Was immer geschehen wird, wenn die Vernunft durch Menschen wirkt; diesen, der die Quelle unsrer Irthümer natürlich zeigte, hat man stehen lassen, um nach dem Schatten der Wahrheit zu laufen.
Nichts ist leichter, als sich bei Durchgehung dieses Schlüssels, und Zusammenhalten der beiden Werke von meiner Unpartheiligkeit und Freymüthigkeit über diesen Gegenstand zu überzeugen. Bloß der Titel hat einige Ähnlichkeit, aber die Urtheile, die Grundsätze sind verschieden. Die letztere hat sich nicht des Wunderbaren, seiner dunkeln, seiner eingehüllten Sprache bedienet, so wie der neue Prophet: ohne die Stellen der Schöpfungs-Geschichte zu wiederholen, hat er ganz einfach als Mensch mit Menschen geredet. Der andre im Gegentheil, der auf Stelzen geht, hofft die Welt zu betrügen, und die Leser durch Auskramung einer falschen Logik zu verführen, die bloß auf Übereinstimmung der Natur-Erscheinungen mit der Zahlen-Wissenschaft gegründet ist. Durch dies Mittel glaubt er uns fähig zu machen, alle Geheimnisse des Schöpfers zu durchdringen, die Geheimnisse und Werke dieses großen Baumeisters, die Eigenschaften und das Wesen der Materie zu entschleiern, und indem er sich in dem Raume der Einbildung gleichsam verliert, versichert er, dass, wenn man sein Geheimnis errathe, und seine allgemeine Wissenschaft studiere, so würde man bald dahin kommen, mit denen Wesen Umgang zu haben, die das schöne Land der Einbildung bewohnen.
Ich weiß, dass es in allen Zeiten Menschen gegeben, die sich mit Aufsuchen eines Mittels beschäftigt, um das Leben über die von der Natur vorgeschriebenen Grenzen, auf künstliche Weise zu unterhalten, eines Mittels, für alle Krankheiten; man sagt uns zugleich, dass aus der nehmlichen Quelle die Philosophie entstanden. „Wenn das wäre, so wäre deren Ursprung nicht gar zu vernünftig. Es ist nicht lange her, dass Maupertuis ankündigte, man müsse die Kranken mit Pechharz bestreichen, um die Wirkung der Luft auf die Körper zu verhindern, und in unsern Tagen kuriert Mesmer alle Gebrechen mit seinem magnetischen Baquet. Die Charlatans sind also so alt, als die Welt. Der Autor der Irthümer x. geht weiter als alle seine Vorgänger. Indem er von der Wiederherstellung des Menschen redet, will er uns zugleich vortragen, dass ein Mittel zu finden für alle Gebrechen, die die Menschheit drücken und die Grenzen des Lebens zu erweitern, das sei der vornehmste Gegenstand der Bemühungen der ersten Weisen, der großen Philosophen gewesen; dass man aber auch glauben müsse, das gute Princip (Gott) erlaube nicht, dass diese Wissenschaft mitgeteilt werde. Das ist das Geheimnis des Hermes Tristmegistus, den Gott selbst diese Wissenschaft eingegeben. Er theilte solche den egyptischen Priestern mit, unter dem uns verletzbaren Eid, es nur an diejenigen mitzutheilen, die nach langen Proben für würdig gefunden worden, ihnen zu folgen. Diese Kunst wurde die Kunst der Priester genannt, wie man sehen kann bei einem hebräischen Schriftsteller, dem Herausgeber eines besondern Buchs, unter dem Titel: das Haus des Melchisedeck, in Salomons mirabilia mundi, in Mahumet – ben – Alsmachaudi und in Golaldinus. Fuit autem nacraus Artis Sacerdotalis & magiæ peritus; fuit autem mirabilia multa magna. & c. Der nehmliche Autor sagt uns, dass zur Zeit Abrahams, „in Egypten Hermes lebte, unter den Namen der zweite Adris, welcher noch den Beinamen Trismegist hatte, weil er Prophet, König und Philosoph war; er war es, der die Kunst der Metalle lehrte, Alchimie, Magie, die Wissenschaft der Geister. Pythagoras, Empedocles, Archelaus, Sokrates, die Redner und Philosophen waren; Plato, Autor der Staats-Wissenschaft, und Aristoteles, der Logiker, schöpften ihre Wissenschaft aus Hermes Schriften.“ Aus dieser alten Mythologie der Hyrogliphen und der höhern Wissenschaften der ägyptischen Priester hat der Autor der Irthümer und Wahrheit den größten Theil seines Buchs genommen. Diese Priester, die die Verführer und der Tyrannen des Volks waren, wurden lange Zeit für die Weisesten der Erde gehalten. Philo erzählt in Moses Leben, dass dieser irdische Gesetzgeber von den Magiern die Arithmetik, Geometrie, Musik und die sinnbildliche Philosophie gelernt habe, dass man nicht anders als mit geheiligten Buchstaben geschrieben; auch lehrten sie ihm die Mathematik und Astronomie, und was die Arzeneykunst und Kenntnis der Sinnbilder betrifft; so war dies eine besondre Gewogenheit, die sie ihm dadurch erwiesen, denn die ägyptischen Priester behielten diese Geheimnisse für die Kinder der Könige und für die Ihrigen. Dieser Aberglaube hat sich unter verschiedenen Namen gezeigt. Die Griechen verschönerten ihn und verführten alle Völker durch sinnreiche Fabeln. Durch angenehme Ausdrücke und Wohlklang in der schönsten Sprache auf der Erde kam man diesen Lügen gut zu statten. Wir leben aber nicht mehr unter der Herrschaft Jupiters, Ceres und Minos, und noch weniger unter irgendeiner Sekte der Priester. Die persischen Magier, die Bramanen in Indien, die Gimnosophisten (alle indische Weisen) die Mecubalen der Hebräer, deren Propheten samt den Sterndeutern und Druiden, (Priester der alten Gallier) sind verwiesen worden. Die Verachtung, so in unsern Tagen, wahre Philosophen gegen diesen mit Wind gefüllten Ballon, den man Theologie nennt, bezeigt haben, überredet den Autor der Irthümer und Wahrheit, dass, indem er seine Bewegungsgründe verberge, werde sein Buch Eingang finden, dass er wie Manicheus oder Moses rede. Diese glückliche Zeit ist nicht mehr; und ich glaube, indem wir sein Geheimnis bekannt machen, dass wir zu viel gründliche Kenntnisse der Natur erlangt haben, um den groben Ungereimtheiten, die er uns liefert, den mindesten Glauben beizumessen. Sie sind dem natürlichen Verstand und der Vernunft zu sehr entgegen, die uns der Autor versichert, dass sie dem Menschen seit Erschaffung der Welt mitgetheilt worden.
Indem der Autor von der gedritten Zahl handelt, bemüht er sich, seine Gedanken über die Dreyeinigkeit zu rechtfertigen. Er sagt, dass drei eins machen, aber dass eins nicht in drei sein kann, weil ein solcher dem Tode unterworfen sein würde. Ein guter Chymist, setzt er hinzu, ist gar nicht verlegen, die Natur der Wesen zu erkennen, die nach ihrer Ordnung und Abheilung zu unterscheiden. Es gibt keine Chymie, die die Elemente theilen könnte, weil man diese nicht kennt. Mit Mühe ist man einige ihrer Eigenschaften gewahr geworden. Verdicken und Auflösen sind die beiden Grundgesetze der Natur; diese beiden Extremen stoßen durch ein Mittel zusammen, durch einen Anrührungspunkt, den das allgemeine Gedritte bestimmt. Was man insgemein die Elemente nennt, sind nicht einfach und gleich geartet; sie sind auf unzertrennliche Weise zusammen verbunden. Unser Autor, um sich mit den Alten, aus denen er schöpft, zu vereinigen, nimmt nur drei Elemente an, indem er aber bedauert, dass man die Luft weggelassen, nimmt er sie sogleich wieder, um sein Geviertes zu bilden. Seiner Meinung nach sind zwei dieser Elemente sichtbar, und zwei unsichtbar. Es ist schade, dass alle das Geschwätz in keinem Punkte mit den Begriffen besserer Naturlehrer übereinkommt; denn die sinnlichen Theile von Wasser, Erde und Luft in ihren Kreisen sind verschieden, sind nicht die ersten Elemente, die die Natur zu ihre Erzeugung anwendet; sie sind nichts als die Materie. Mit einem Wort, wir kennen nichts von dem Ursprung der Dinge und hundert tausend Schriftsteller, die dem Autor der Irthümer und Wahrheit ähnlich sind, werden es uns nicht lernen.
Die Alten, die von der Natur plauderten, ohne solche zu kennen, theilten solche bald in drei, bald in vier Elemente ein; sie sahen sie als die vier Stützen der Welt an, und glaubten, dass die entgegengesetzten Kräfte dieser Stützen ihre anziehende Kraft, verbunden mit sinnlichen Einflüssen, die Maschine des Weltalls in ihrem Gleichgewicht halte, und die Hervorbringung aller Dinge der Welt bewirke.
Ich bitte zu bemerken, dass die Zahl 3, diese geheiligte Gedritte des Plato und so viel andrer Fantasten in dem weisen Alterthum von allen Rechenschaft gebe. Unser Autor hat hieraus seine drei Principien genommen. Das Feuer fing an, gegen die Luft zu wirken, und diese Handlung brachte den Schwefel hervor. Die Luft, indem sie gegen das Wasser wirkte, erzeugte das Quecksilber. Endlich, wie das Wasser gegen die Erde wirkte, so ist aus dieser Handlung das Salz gekommen. Man sieht, dass, wenn man den Rathschluss des Schöpfers nicht beigewohnet, es unmöglich ist, von dem ersten Urstoffe mehr zu wissen. Ohne Zweifel ist es durch die geheimen Wissenschaften, dass der Autor auf diesen unerschöpflichen Grund der Erkenntniss gekommen; er ist nur verdrießlich, dass wir armen andern Unwissenden ihn nicht verstehen können; wir schränken uns nur ein, ihm Schritt vor Schritt zu folgen, und bemühen uns, unsers Gleichen an der Fackel der Vernunft zu erhellen, weil wir zu eingeschränkt sind, um die geheimen Kräfte zu erreichen. Wenn wir aufrichtig genug sind, unsere Unwissenheit zu bekennen, so darf uns diese Unwissenheit bei dem Leser nicht nachtheilig sein. Er könnte sich einbilden, dass die geheime Wissenschaft etwas Wirkliches sei. Wir glauben daher, ihm einen Dienst zu leisten, wenn wir versichern, dass dieses Wort geheim, verborgen, den nehmlichen Sinn des griechischen Worts apocryphe habe. Da die Philosophen diese Redensart angenommen, so haben sie ihr eine unerklärbare Auslegung gegeben; sie haben bekannt, das die geheimen Kräfte zur geheimen Lehre (cabale) führen, zur Magie und zu der Kunst zu weissagen. Hieraus folgt, dass der Autor der Irthümer und Wahrheit, nach den allgemeinen Begriffen, ein Zauberer, ein Schwarzkünstler sei. Das ist hinreichend, unsern Lesern zu erkennen zu geben, wie viel die geheimen Wissenschaften werth sind.
3.
Indem der Autor die Hauptursache unter Irthümer dem bösen Princip beilegt, so thut er nichts, als dass er die Fabel der Perser vom Ursprunge gibt des Übels wieder auffrischt; er wiederholt in andern Ausdrücken, dass das böse Princip die Finsternis überall ausbreite, wo das andere Licht sendet; die Krankheiten, wenn das andre Gesundheit; dass es immer den Tod auf das Leben folgen lässt. Sollte man hier nicht sagen, dass man zwei Charlatans auf öffentlichen Platz sähe, einen auf den andern eifersüchtig, einer teilet das Gift aus und der andre das Gegengift.
Die magischen Rosenkreuzer strengen sich an, in dem Geschwätze dieses Buches Vernunft zu suchen. Vernünftige Leute werden nie etwas anders als Lächerliches darinne sehen. Wie kann man die Ehrfurcht, die der Autor für den Schöpfer des Weltalls zu affectiren scheint, mit der Meinung der Manicheer zusammenreimen, die ihm ohne Aufhören, so wie ein Fechter, der mit einem wilden Thiere kämpft, mit dem Werke seiner Hände beschäftigt sein lassen?
Die Irthümer sind überall, ebenso wie das Böse. Dieses Böse durchdringt uns von allen Seiten, so wie das Feuer in alles was ihm Nahrung gibt. Aber die Wahrheit verbessert den Irthum, das Gute mäßigt das Böse. Was kann man daraus schließen? Dass das alles von jeher nothwendig war, und nicht dass der Teufel uns versuche.
Über den Gegenstand der Freiheit des Menschen sagt unser theologischer Martinist, dass der Mensch schuldig, weil er frei sei, dass wenn er es nicht wäre, er nicht unglücklich werden könne, so dass alle Wesen mit diesem besondern Vorzuge der Freiheit versehen sind. Bei dieser Frage, die kitzlichste von allen, weil sie der Grund aller Moral ist, erklärt er sich für die Bejahung. Unterdessen ist es noch weit davon, dass diese Frage jemals aufgelöst worden, und der Fähigkeit ohngeachtet, die man hierinne dem Autor beilegen muss, könnte man ihm dreist auffordern, diese Frage durch einfachen Beweis aufzulösen. Ich weiß wohl, dass sie der Grund der christlichen Religion, dass sie ein Glaubensartikel ist, der Glaube aber ist keine mathematische Überzeugung, er ist ein blindes Vertrauen. Wenn der Mensch nicht frei ist, so hat Gott nicht das Recht ihn zu strafen, am wenigsten da man das höchste Wesen für keinen Tyrannen hält: und wenn der frei ist, wie kann man die Allwissenheit des Schöpfers mit dem bösen Gebrauche zusammen reimen, den er wusste, dass der Mensch von seiner Freiheit machen würde? Selbst Männer, die durch ihre Kenntnisse, durch ihre gründliche Vernunftlehre berühmt worden; Weltweise aller Nationen, fähig mit Forscher-Auge; in die Tiefe der Methaphysik zu sehen, haben doch nichts als Zweifel über diese delicate Sache zurückgelassen; und der Autor eines unverständlichen Werks, zergliedert die Worte auf besondre Art, mit welcher er seine Idee begleitet, und will uns die Schlussfolgen seiner seltsamen Überzeugungen geben. Ey! Und in welcher Schreibart! Mit Worten, die weniger verständlich als die Sache sind, die er erklären will. Er verdunkelt diesen Gegenstand und vermengt ihn mit andern Dingen, die gar keinen Zusammenhang haben, ersäuft sie endlich in einen Haufen Beurtheilungen, die über alle Begriffe erhaben sind, so dass man annehmen könnte, dieser Schriftsteller sei willens gewesen, einen Irrgarten zu bauen, wo niemand den Eingang finden solle. Wir wollen versuchen, aufgeklärter zu sein, und weil diese Frage die wichtigste ist, die vernünftige Menschen aufstellen können, wollen wir nicht so verwegen als der Autor der Irthümer und Wahrheit x. sein, wir wollen uns des Lichts der Natur bedienen, um ein wenig Tag in diese dunkle Nacht zu bringen.
Wenn man täglich wiederholt, dass das innre Gefühl unsers Gewissens uns von der Freiheit versichert, so bedenkt man nicht, dass man Worte wiederholt, die leer von Sinn sind; weil man uns das so oft gesagt hat, so glauben wir es auch aufs Wort, dass wir frei sind, gehen wir aber in uns selbst, so werden wir bald überführt, dass die Ursache unserer Handlungen ohne Aufhören bestimmt ist. Wir können nicht zweifeln, dass nicht eine Menge Bewegungen in unserm Körper sein sollten, die nicht von unsern Willen abhängen; von dieser Art ist der Umlauf des Bluts, das Herzklopfen, die Wirkungen der Furcht, des Schmerzes, der Zorn oder eine andere Leidenschaft reißt uns hin, und lässt uns Handlungen begehen, die wir missbilligen, sobald die Ruhe wieder hergestellt und sobald sich die Vernunft wieder hören lässt. Alle die sichtbaren Banden, womit wir umgeben, beweisen sie nicht zur Genüge, dass wir in allen übrigen gefesselt sind? Wir gleichen den Sklaven, die nicht immer die Last ihres Eisens fühlen, die aber nicht destoweniger eingeschmiedet sind. Dies innre Gefühl, aus dem man die Grundlage unserer Freiheit machen will, dient zu nichts, als uns ein wenig muthmaßen zu lassen, dass die Bewegungen unsers Körpers und die Gedanken unsers Geistes unsern Willen gehorchen; und dieser Wille selbst ist immer nothwendig bestimmt, durch die Dinge die unser Verstand für das Beste hält, so, dass das Gewicht immer schwerer ist, als das was man wägen will.
Wir wollen die Art bemerken, wie die Glieder, die die große Kette ausmachen, eins mit dem andern zusammen halten. Man muss darüber einig sein, dass die Ideen des Nachdenkens oder Gefühls uns in den Sinn kommen, wir mögen wollen oder nicht; denn wir fühlen das Unvermögen, uns selbst eine Idee verschaffen zu können. Überdies, wenn zwei Ideen sich unserm Sinn darbieten, muss man auch darinne einig sein, dass wir uns für eine dieser beiden erklären, oder dass wir beide verwerfen. Wir sind also nicht frei, was den Aktus unsers Wollens betrifft. Noch mehr, es ist gewiss, dass wenn wir wählen, so erklären wir uns für eine dieser beiden Ideen, die unser Verstand für uns am nützlichsten, am zuträglichsten hält. Unser Urteil kann nur das für gut zuträglich finden, was ihm solches zu sein scheint. Es ist immer ein Unterschied in den Dingen, und dieser Unterschied bestimmt nothwendig unser Urteil. Denn es wäre uns unmöglich, unter zwei nicht zu unterscheidenden Dingen zu wählen, wenn es deren gäbe: Alle unsere Handlungen sind also nothwendig, weil selbst nach dem Geständnisse des Autors, den ich widerlege, wir unserm Willen gleich handeln; und ich glaube erwiesen zu haben, 1) dass der Wille durch das Urteil des Verstandes nothwendig bestimmt ist, 2) dass dies Urteil von der Beschaffenheit unserer Ideen abhänge, und endlich 3) dass unsere Ideen nicht von uns selbst abhängen. Ich denke, dass dies Gedritte viel zusammenhängender und viel leichter zu verstehen sei, als dasjenige, dessen sich der Autor der Irrthümer und Wahrheit bedient, um den Fall des Menschen und den freien Willen zu erklären.
Man ist daher wider seinen Willen zu der alten Idee zurückgeführt, in welche alle Philosophen nach tausend Umwegen zurückfallen, und die durch alle Handlungen der Menschen soll bewiesen sein, durch alle Ereignisse, so man sieht oder an welche man einigen Anteil hat. Es ist der Fatalismus, es ist die Nothwendigkeit einer Kette, an die alles gebunden ist. Ich bin überzeugt, dass diese Idee nicht tröstlich sei, aber ich kann nicht dafür. Dass sie dem System des Autors und dem Glauben so vieler Menschen entgegen, die für Weise gelten, und vielleicht drei viertel Theil des Menschengeschlechts ausmachen, das ist nicht meine Schuld. Meine Art zu sehen werde ich nicht ändern, bis der Autor einer so dunkeln und lächerlichen Metaphysik mir bewiesen, dass ich mir selbst etwas geben kann, dass alle meine Ideen nicht nach und nach in mein Gehirn gekommen, ohne dass ich eine herbei gerufen, dass diese Ideen meinen Willen nicht bestimmt haben, die Unbesonnenheit dieser Meinungen zu widerlegen, ohne welche mein Wille keine bewegende Ursache gehabt; und dass alles was ich in dieser Absicht gethan, nicht die nothwendige Folge aller dieser Premissen gewesen. Ich wünschte wohl, der Prediger des Gedritten und allgemeinen Gevierten, der Erbsünde, des freien Willens, der wunderbaren Waffe oder Panzers des Menschen im Paradies (nehmlich die Unsterblichkeit) und hundert andre ebenso ernsthafte Geschichten; ich wollte wohl, sage ich, dass er bewiese, aber nicht mit theologischen Beweisen seiner Art, sondern mit vernünftiger Philosophie, dass alles was existirt nicht nothwendig sei, denn in dem Fall wäre das Weltall ebenso unnütz als sein Buch. Sein Führer, sein Werkmeister, sein gutes Princip, seine Seele, wäre unnütze. Wie kann man die unermessliche Kette nicht sehen wollen, die die Natur umfasst, einschließt; sie umfasste sie gestern; sie wird sie morgen umschließen. Was man nicht sehen, nicht einsehen kann, ist der Anfang der Dinge (eine Absonderung mit den Augen des Glaubens gemacht, denn diese sehen die Sachen ganz anders als die Augen eines Geometers). Ich denke, es wird hinreichend sein, die Leser zu gleichen Ausspruch aufzufordern. Wir wollen nun zu der Abteilung übergehen, wo der Autor der Irthümer von dem Systeme der Empfindungen spricht, von der Bewegung, von dem Weibe und von der Wachsthumskraft.
Dieser Schriftsteller, immer gewohnt den wahren und deutlichsten Begriffen und sich selbst auf jeder Seite zu widersprechen, wenn die Lieblingsideen seines Systems nicht mit den riesenförmigen Ausdrücken übereinstimmen, deren er sich öfters bedient, dieser Schriftsteller leugnet mit einem Federzuge, dass wir unsre Kenntnisse durch die Sinn-Organe erhalten. Er wiederholt alte Erzählungen und Erdichtungen über die angebornen Ideen; er sagt, dass der Mensch im Anfange ein einfaches Wesen sei, und dass er in der Folge verständig und sinnlich geworden. Sogleich versteht man nicht, was das sei: ein einfaches Wesen. Von Gott hat man auf gleiche Weise gesagt: ein Wesen sei einfach, aber darum sind wir nicht weiter gekommen. Nach des Autors Meinung hat jede Klasse der Wesen ein Princip verschiedner Handlungen und der Mensch vereinigt solche. „Siehe da, ruft er aus, das Räthsel.“ Wir wollen warten bis ein neuer Oedipe komme, uns solches aufzulösen. Was die an gebohrnen Ideen betrifft, womit er uns beschenkt, so hat Locke zu gut das Thörichte dieses Systems bewiesen, als dass ich mir Mühe geben sollte, weiter ein Wort zu sprechen; und ich verweise diejenigen an diesen Philosophen, die vielleicht an dieser theologischen Einbildung Vergnügen finden möchten. Um den Traum, worinne er uns einwiegt zu verändern, versichert unser unbekannter Philosoph: dass die Erde das Menstruum der Körper sei, und dass man nicht leugnen könne, dass der Körper des Weibes einen irdischen Ursprung habe. Jedermann weiß, dass Mann und Weib nur eins sind, dass sie von der nehmlichen Natur, und dass sie beide einen Urstoff haben, dass wenn Gott dem Menschen eine unsterbliche Seele gegeben, er das nehmliche Geschenk auch der Frau gemacht. Ich weiß nicht, was der Autor gewinnen will, wenn er diese liebenswürdige Hälfte des Menschengeschlechts heruntersetzt; was ich aber weiß, ist, dass die Damen nicht seiner Meinung sein, ihm nicht verzeihen werden, dass er die Höflichkeit gegen ihr Geschlecht so aus den Augen setzt. Man weiß, dass das Weib von feuchter Natur, aber nicht irdischer als der Mann sei. Es mir erlaubt, einen Zweifel gegen den Autor der Irthümer vorzubringen, und den Naturkündigern die Entscheidung zu überlassen. Es ist nicht die Erde, die das wahre Menstruum der Körper ist, sondern das Wasser, und welches leidend seine Verrichtung in der Natur aller Wesen macht; der Mensch ist das Selbstständige mit einer troknen Natur begabt, d. i., von Schwefel oder von Luftteilen; denn die Erde ist vielleicht die grobe Materie, das caput = caput mortuum, das nichts ohne Wasser hervorbringt. Diese Idee werde ich weiter ausführen, wenn ich den Autor über die Vegetation widerlege.
Lassen sie uns auf die Sinne kommen. Unser Autor will nicht, dass wir Gebrauch davon machen sollen, weil sie uns einigemal betrogen haben. Das hieße so viel, als einem Menschen rathen, niemals gesund zu sein, weil er der Krankheit unterworfen. Ich glaube vielmehr, dass, indem wir unsere Sinnorgane vervollkommen, dass wir viel weiter, viel glücklicher und viel geschickter werden. Sollten einige Irthümer hervorkommen, indem wir dem folgen, was sie uns darbieten, so ist es bloß Fehler der Übung, Fehler der Erfahrung. Er versichert, dass der Mensch die wahre Wissenschaft ohne das Zeugniss seiner Sinne lernen könne. Wie verlangt er aber, dass ich ohne die Sinnorgane sehen, verstehen und dass ich mich erinnern soll! Es gehört wenig Sinn dazu, dergleichen Dinge zu sagen und zu glauben, dass sie verstanden werden. Mallebranche ist in das nehmliche verfallen. Es gelang ihm, indem er die Irthümer der Sinne und der Einbildung zeigte; da er aber, indem er den Aratus, St. Paul und Cato erklärte, die große Wahrheit entwickeln wollte, dass alles in Gott sei : Jupiter et quodcumque vides, quocumque moveris, so sagten die Leser, der Commentar sei dunkler als der Tert. Gewiss, wenn die Organe, die den Kreaturen von der göttlichen Vorsicht gegeben, ihnen hinreichend sind, so hat man nicht Ursache zu sagen, dass die unsrigen nicht zureichen sollten. Wie! Der Autor der Irthümer und Wahrheit wiederholt, auf hundert verschiedene Art, und in einer unverständlichen Sprache, dass die Sinne den Menschen zu nichts dienen, weder zu seinem Betragen noch zu seinem Glück, wenn er nicht den Sinn hat, mittelst seiner unsterblichen Seele das weitschweifige Geschwätz zu verstehen, womit dies Buch angefüllt ist; und dieser Autor wird Schwache finden, die ihm glauben und Schwärmer, die seine verrückten Ideen erheben werden! Es ist Zeit die Augen zu öffnen und die Binde abzureißen, womit sich das dumme Volk bedeckt. O ihr meines Gleichen, o furchtsame träge Menschen, lernet die Wahrheit erkennen, aber sucht sie nicht in diesem Buche. Seid versichert, dass der Herr der Natur nicht mit so göttlicher Kunst den Bau des Gesichts, des Gehörs, des Denkens geordnet, dass er nicht den bewundernswürdigen Einfluss zwischen Luft und den Ohren, zwischen Augen und Licht gegründet, um noch nöthig zu haben, sein Werk durch eine andre Hilfe zu vervollkommen. Die Natur nimmt immer den kürzesten Weg, die Länge einer Handlung beweist Unvermögen; die Vielheit der Hilfsmittel eine Schwachheit. Kann man einsehen, wie die Natur, oder um mich des Autors Sprache zu bedienen, das erste Princip, das Thier gebildet, dass es sehe und höre; und es könnte doch nicht sehen, nicht hören, wenn man nicht in ihm eine dritte Person innerlich setze, welche alles allein verrichte? Darf man denn leugnen, dass der Schöpfer aller Dinge uns auf einmal die Empfindungen geben könne, nachdem er uns die Empfindungs-Werkzeuge gegeben? Man müsste ebenso sonderbar als der Autor der Irthümer sein, wenn man sich einbildete, dass in einem Kaninchen in einem Hafen, ein verborgenes Wesen sei, welches sehe, höre, rieche und das für sie handle. Ich gehe noch weiter und versichere, dass, wenn Gott seine ewigen Rathschlüsse unterbreche, um sie den Menschen mitzutheilen, und dass er ihnen von der Ordnung in der Schöpfung Rechenschaft ablege, so müsse man noch daran zweifeln: weil es gewisser ist, dass er nicht umsonst gearbeitet, als dass zu glauben ist, dass er sein Geheimnis dem Autor der Irthümer mitgetheilt, und nicht der Wahrheit.
4.
Der Art, wie unser theologischer Metaphysiker seine Ideen vorträgt, kann ich nicht Beifall geben; ich will aber nicht ermüden, ihn in den Umschweifen zu folgen, die er anwendet, die Geistigkeit des Menschen beliebt zu machen; im gleichen seine Unabhängigkeit von der Materie, den Unterschied gegen die Thiere, die nichts als die Empfindlichkeit haben. Ohne Zweifel, nachdem er das Weib weit unter den Mann gestellt, so sollte er diesen weit über die Thiere erheben. Da man aber auf die Art keinem System der Theologie auf dem Titel gelesen, und da der Autor im Voraus wusste, welcher Verachtung solche längst verlachte Beweise sich aussetzen würden, die bereits unter dem Schulstaub begraben, aus dem sie gekommen, so glaubte er die Neugierde der Welt zu reizen, und selbst von denen gelesen zu werden, die sich Weise nennen, wenn er sein metaphysisch katholisches Werk mit einem kleinen Mantel der Philosophie umgebe. Unsere Pflicht ist, diesen Mantel fallen zu lassen, um das Gerippe in seiner ganzen Blöße zu zeigen, und wenn man diese Schrift durchgelesen, hoffe ich, werde man einer gefährlichen Schrift keinen Glauben mehr beimessen.
Ob der Autor Recht habe, uns durch Verstand, Unsterblichkeit und Gedanken über die Thiere zu setzen, wollen wir sogleich untersuchen. Der Thier-Haufe freut sich seiner Sinne durch allgemeine Gesetze, durch Gesetze, die ihnen und uns mitgetheilt sind. Das nehmliche gilt von den Gedanken. Ich begegne einem Bär im Walde, er hat meine Stimme gehört, so wie ich sein Brüllen; er hat mich mit seinen Augen gesehen, so wie ich ihn mit den meinigen; er hat den Trieb, mich zu fressen, so wie ich, mich zu vertheidigen oder ihn zu fliehen. Der Autor der Irthümer wird sagen, er hat nur seine Organe dazu nöthig, für dich aber ist es etwas anders; es sind nicht deine Augen die ihn gesehen, nicht deine Ohren die ihn gehört, es ist nicht das Spiel deiner Organe, die dich bestimmt ihn zu meiden, oder sich mit ihm zu schlagen; man muss eine kleine Person um Rath fragen, die in deinem Gehirn ist, ohne welche du diesen Bär weder sehen noch hören kannst, noch meiden, noch dich vertheidigen. Charletan in der Kappe oder Unterfutter, abgeschmackter Schwätzer in barocco, wie lange willst du deines Gleichen betrügen! So lange man gezwungen ist, darüber einig zu sein, da dies augenscheinlich der Fall ist, wo dies Gedritte ganz unnütze, ist es nicht thöricht, solches in andern Fällen anzunehmen? Es gibt tausend Verrichtungen, die wenigstens beweisen, dass ein Gedrittes nicht immer den Handlungen unserer Organe vorstehe. Bei den Thieren so gut als bei uns, sind die Nerven der dritten Gattung und einige der andern Gattung, die sich in den Muskeln vereinigen, die dem Verlangen des Thiers gehorchen; alle die andern Muskeln, welche den Sinnen dienen, und im chymischen Labarotorio der Eingeweide arbeiten, handeln ungebunden von seinem Willen. Allen Thieren ist die Bewegung aller Muskeln gegeben, die ihnen zum Gange dienen, zum ausdehnen, zum zurückziehen, die: Pfoten oder die Arme, die Klauen oder die Finger zu bewegen; aber kein Thier ist Herr der geringsten Bewegung des Herzens, der Leber, der Eingeweide des Blutlaufs x. Unterdessen will der Autor der Irthümer x. mit aller Gewalt, dass das Thier nichts als Empfindung, und dass der Mensch überdies in sich ein kleines geistiges Wesen habe, das den Händen und Füßen befiehlt, das aber nicht dem Herzen, der Leber und Drüsen im Leibe befehlen kann. Dies kleine Wesen existiert weder im Elephant noch im Affen, die von ihren äußerlichen Gliedern Gebrauch machen, so wie er, und welche Sklaven ihrer Eingeweide sind, so wie er. Er behauptet ferner, dass kein Zusammenhang zwischen dem Körper und einer Idee zwischen den Körpern und einer Empfindung sei. Es würde also vergebens sein, dass sein großes Princip dem Lichte befohlen, in unsere Augen zu dringen und den Theilgen des Elements, welches man Luft nennt in unsere Ohren, wenn nicht im Körper Knorpel oder im Gehirn ein Wesen, welches fähig, diese Empfindung zu erhalten.
Man muss sich überzeugen, dass, um das Sysstem oder vielmehr den Roman zu widerlegen, den der Autor auf die Seele, natürlichen Trieb der Thiere, die Sinne gebaut hat, ich mich ohnmöglich seiner Sprache bedienen kann. Um zu diesen Ideen den Schlüssel zu geben, muss man die deutlichsten Erklärungen, die sinnlichsten Bilder anwenden, und auf eine Art sprechen, um von jedem etwas unterrichteten Leser verstanden zu werden. Überdies muss man auch nicht zu jedem Worte den Schlüssel suchen; denn ein solches Wörter-Buch würde beschwerlich sein, der Verstand würde dadurch nichts gewinnen, indem das Gedächtnis ermüdet würde. Die Vereinigung seiner Urtheile ist es, die man aufklären muss, damit man beim Lesen eines Werks (wenn man es anders liest) die Anwendung der Gegenstände leicht machen könne, indem man das metaphysische Geschwätz entfernt, worunter der Autor sich verbergen wollte. In dem Paragraph, z. B. wo er von dem doppelten Reiche des Menschen redet, das ist von der Vereinigung der Seele mit dem Körper, sagt er, das kleine Wesen so uns begleite, sei rein, einfach; es sei an einem Orte ohne Raum einzunehmen; es könne nicht berührt werden und empfange seine Eindrücke; es habe nichts von Materie, und sei durch die Materie ohne Aufhören verbunden, Er fährt fort und will beweisen, dass unsere Seele (ohne sie jemals mit diesem Namen zu nennen) keine Idee bekommen kann, keine Empfindung durch die nehmelichen Objekte. Die Beobachter, sagt er, haben dieses System der Empfindungen sehr weit verfolgt, und haben es sehr gefährlich gemacht. Wie sollte es denn gefährlich sein, mit den Augen zu sehen und mit den Ohren zu hören? Unterdessen ist es erwiesen, dass wir keine andre Empfindungen haben, als durch Anlass der Materie, es mögen nun diese Ideen Wirkungen unserer Seele oder unserer Sinne sein. Denn wenn das Wesen, so wir Seele nennen, keine Verbindung, keine Analogie, kein Verhältniss mit irgendeiner Ordnung der Materie habe, so wäre diese Ordnung überflüssig. Das erste Princip hätte nur sagen dürfen: der Mensch solle die Empfindung des Sehens haben, des Geschmacks, des Gehörs, des Gefühls und des Geruchs, ohne dass er irgendein Werkzeug, irgendein Organ habe. Es ist wohl wahr, wie ich schon erwiesen habe, dass alle Thiere ihre Empfindungen ohne Hilfe der Seele erhalten, weil man ihr solche verweigert; der Mensch aber soll einen Vorzug vor andern Wesen haben; das ist viel edler nach der Angabe unsers Autors.
Ich glaube nicht, dass die Naturlehrer über die Grundsätze der Vegetation mit ihm einig sein werden. Man sollte glauben, dass er sich bemüht, die Ordnung der Ideen in allen Punkten zu verrücken. Wir haben die Irthümer bereits gesehen, die er über den Gegenstand der Organe, der Sinne für Wahrheiten ausgegeben hat: hier ist noch mehr unverständliches. „Die Vegetation wirkt wie man weiß (ich bitte die Worte zu bemerken, wie man weiß) durch die Gegenwirkung der Wesen, regiert von seinem Princip, das ihnen eigen ist. Dieses Princip ist mit einer körperlichen Hülle umgeben, denn die einfachen Wesen sind nicht hierunter, als unter dieser Bedingung. Es ist gewiss, dass die Hülle dieses Princips in die körperliche Masse der Pflanzen und Thiere dringt, um ihnen mit Nahrungsmitteln zu dienen, ohne deswegen sich zu vermischen, noch von ihrem Wesen etwas anzunehmen, Ist hier nicht das Geheimnis der Vegetation gut ausgelegt?
Billig hätte er uns auch sagen sollen, was er unter dem einfachen Wesen versteht; denn weil er gesehen, wie unsere Seele gemacht ist, und den Platz, den sie in dem knorplichten Körper einnimmt, so hat er gewiss einfache Wesen gesehen. Das muss eine schöne Sache sein; es ist schade, dass die gemeinen Sinne sie nicht sehen können. Alles ist in der Natur zusammengesetzt; das erste Princip der Dinge, das reine Element, das einfache Wesen ist zur Seltenheit der Sterblichen ewig verborgen. Wir können zergliedern, auflösen, vergleichen; außerdem finden wir Grenzen, die kein Geist überschreiten wird.
Was die Vegetation betrifft; so ist das Princip, so er anerkennt, das Wasser. Alle Salze, Rauch, Kalk, Mergel, überhaupt alles, was man unter dem Namen Düngung mit Erde vermischt, dient zu nichts, als dem Wasser mehr oder wenigere dauerhafte Plätze nach der Natur des Erdbodens zu bereiten. Ohne Wasser gibt es keine Vegetation. Nimmt man Erde von entgegengesetzter Art, z. B. von solcher, die eine Festigkeit hat, eine Zähigkeit, welche fähig ist, ihre Theile fest zu verbinden; so werden sie das Wasser sehr lange zurückbehalten. Eine ähnliche Erde erfordert mehr Arbeit; man muss die Theile oft theilen, entweder damit das Wasser bis zu die kleinen Adern dringe, oder damit die zarten Fasern wachsen, und sich ohne zu vielen Widerstand ausdehnen können. So wird man also Fruchtbarkeit haben, wenn man Wasser hat.
Ohne, so wie der Autor, die Felder zu durchlaufen, ist es hinreichend zu erforschen, dass jede Erde mehr oder weniger zur Vegetation geschickt sei, dass sie sich der Natur des Erdreichs nähere. Die Wiesen sind ein auffallendes Beispiel. Sie bilden ein Gewebe unendlich kleiner Wurzeln, die fähig, das Fließen des Wassers aufzuhalten. Unterdessen muss man eine Bemerkung machen. Obgleich das Wasser die vornehmste Nahrung der Pflanzengeswächse, so ist es natürlich, dass ein Überfluss schädlich ist, imgleichen, dass die zum Leben und Wachsen der Thiere nöthigen Nahrungsmittel in zu großer Menge, ihnen den Tod zuziehen kann. So dünkt mich, hätte derAutor der Irthümer über die Vegetation reden sollen, wenn er nicht von allen Vorurtheitlen angesteckt, und wenn er zufrieden wäre, die Materien aufrichtig zu behandeln, die er nicht besser als ein andrer versteht. Wahr ist es, diese einfache Methode hätte seiner Eitelkeit nicht so geschmeichelt, als die, welcher er gefolgt ist, um die Menschen zu überreden, er besäße allein die Allgemeinheit der Wissenschaften.
Bei Gelegenheit des Artikels, wo der Autor der Irthümer von Samenthiergen redet, sagt er: „dass die Überbleibsel der Cadaver, diesen Insekten zur Nahrung dienen, ohne dass das Princip des aufgelösten Körpers in den lebenden Körper dringe, um zu beleben: denn jedes Wesen hat sein Leben für sich, und eine äußere Ursache ist hinreichend, sein eigen Princip in Thätigkeit zu setzen und zu unterhalten; d. i. dass die Würmer unsere Seele nach dem Tode nicht zernagen. Ich muss bekennen, dass es ein schöner Trost ist, aber – wäre es diesem Wahrheitslehrer nicht möglich gewesen, nur ein einziges Mal, die nützliche Erfindung in einer planen Schreibart anzukündigen? Sehet meine Leser, wie es uns in diesem Leben glücklich macht, zu wissen, dass die Würmer sich nach unserm Tode nicht von unsrer Seele nähren! Hat er geglaubt, dadurch eine neue Probe der Unsterblichkeit unsrer Seele zu geben? Welche Raserei, die deutlichsten Sachen zu umnebeln! Gibt es wohl einen Schüler der zweiten Klasse, der heut zu Tage nicht wissen sollte, wie die Auflösung aller beseelten Körper geschieht? Die Hitze allein bringt die Zerstörung aller gemischten, aller einzelnen hervor, weil ihre Massen eine Zusammensetzung heterogener Theile sind, verbunden auf eine gewisse Zeit, nach den Grundgesetzen der Natur. Was hat man denn nöthig, ohne Aufhören die Sprache eines Charletans zu führen, da man die Wahrheit mit der Vernunftsprache abhandeln kann? Konnte er denn von den Samenthiergen in einem solchen Buche reden! Noch einmal, non erat hic locus.
Die nehmlichen Irthümer, der nehmliche Überfluss an Worten findet sich im Artikel von der Einsheit der Wirkung in den Principen. Es ist ein princip der Wirkung in Menschen, und es ist solches durchgängig, das ist unwidersprechlich. Wird es aber auch in den Augen der Vernunft sein, dass die neuen Formen, die sich wieder hervorbringen, ohne Aufhören nichts als die Resultate die Wirkungen und Früchte der neuen Principen sind, die noch nicht gewartet hatten? Soll man so die Menschen missbrauchen? Das Vermögen zu handeln ist in einem verständigen Wesen einzig die Kenntnis, durch die Erfahrung erlangt, dass das Verlangen auf die Existenz einer Wirkung gerichtet, ohne Zweifel aus der Existenz dieser Wirkung gefolgt ist. Wir können von der Action keine andern Begriffe haben. So hätte sich also des Autors Raisonnement auf Folgendes einschränken können: was ich begehre, was ist statt einer beständigen Art will, aber für eine sehr kleine Anzahl Fälle und diese Ordnung wird oft, ohne dass man weiß wie, unterbrochen. Jedes Thier also, jede Maschine gehorcht nothwendig dem ersten Princip der Action; es folgt unwiderruflich dem ersten Antriebe, wodurch es geleitet wird, das ist gewiss. Dieses Princip ändert sich nie, hat sich nie geändert. Eine Kugel, die eine andre stößt, ein Jagdhund der nothwendig und freiwillig nach einem Hirsch läuft, dieser Hirsch, der über einen Graben springt, mit nicht weniger Nothwendigkeit und Willen; die Hündin, die wieder eine andre Hündin hervorbringt, und welche wieder eine andre in die Welt setzen wird, das alles ist nicht bestimmt durch das einzige Princip der Action. Der Autor hat ohne Zweifel nicht geträumt, wie lächerlich und thöricht es ist, dass ein Theil der Dinge eingerichtet und der andre es nicht sei. Die ewige Kette kann weder zerbrochen noch wandelbar werden. Alles gegenwärtige Ereignis ist aus dem vorhergegangenen entstanden, und ist der Vater des Zukünftigen, ohne welches dieses Ganze anders sein würde, als es in der That ist. Hierinne hat Leibniz viel besser gerathen, als in seiner Harmonie. Ich stütze mich auf das Urteil dieses großen Mannes, um das Ungereimte der romanhaften Einbildungen zu zeigen, davon das Buch der Irthümer wimmelt. Ich begreife das Vergnügen nicht, 300 Seiten zu schreiben, ohne verstanden zu werden, und ältere Irthümer mit einer Schreibart vorzutragen, die noch fantastischer, als der Grund seines Gegenstandes ist.
Es sind also doch nicht zwei Principien der Wirkungen. Die Natur ist also nichts, als ein allgemeiner Umlauf, nicht durch neue Principen, die nicht gewirkt haben, aber durch die Erhaltung der Wesen, die in der Vereinigung der Form und Materie besteht. Dass das Band, welches diese Vereinigung bewirkt, das angeborne Feuer sei; die ursprüngliche Feuchtigkeit x., das ist es, was wir nicht wissen und was uns auch nicht kümmert. Was wir glauben müssen, ist: dass Natur, Natur enthält; Natur bringt Natur hervor; Natur übertrifft Natur; Natur ist nicht vollkommen, als in seiner eignen Natur.
Damit nichts in seinem Werke dem gleiche, was wir kennen; so nennt unser beherzter Metaphysiker die Schriftsteller, Beobachter; deshalb aber gesteht er ihnen nicht die Fertigkeit zu, gut zu beobachten. Diese Fähigkeit war ihm alleine vorbehalten. Man muss glauben, dass es eins seiner Principen ohne Wirkung sei, die sich nicht anders als unter seiner Feder in Bewegung gesetzt hat, denn vor ihm hatte man der Vernunft nicht mit so vieler Hartnäckigkeit widersprochen. Ihm ist es z. B. ärgerlich, dass man sich des Worts Enthüllung bedient, indem man vom Wachsthume der Körper spricht. Er leugnet, dass die Körper sich enthüllen, weil ihr ursprünglicher Werth, einfach zu sein, verkleinert ist; dass sie nicht mehr untheilbar noch unsterblich wären. In der Folge versichert er uns, dass die Körper nicht ganz in ihren Keimen sind. Es ist dieses mit der nehmlichen Deutlichkeit vorgetragen, womit er sein ganzes Gebäude aufgerichtet. Man muss sich nicht mehr wundern, als über die unnützen Bemühungen, die man angewendet, um ein so thörichtes System über die Natur der Wesen zu bilden, dem Menschen Kräfte bei zulegen, die er nicht hatte, ihm diese versagen, deren er sich erfreut, ohne Darzwischenkunft einer oder mehrerer Ursachen. Ich behaupte, dass eine Zwischensubstanz zwischen uns und dem großen Princip, die Erlaubnis gehabt, sich dem Throne des Werkmeisters aller Welten zu nähern, welche die Dreistigkeit hatte, über die Seele zu fragen, über die Sinne, die Macht des Teufels (oder das böse Princip) den Willen, die Freiheit des Menschen, von wieviel Zahlen er zurückgehen muss, um von 9 zu 4 zu kommen, oder von 7 zu 56 gehen.” Mir scheint es sehr möglich, dass der Herr der Natur gezwungen sei, dem Frager ohngefehr so zu antworten. „Mein Freund! Ich bin nicht das große nothwendige Princip; jeder kleine Embryo ist Herr des Schicksals, wenn er zu rechnen weiß das Gedritte, das Gevierte, die Zahl neun gemacht aus einer Null, mit einem Schweife, welches ohne Zweifel 10 bedeutet, und 10 ist so bewundernswürdig, dass sie die Ergänzung aller dieser Dinge ausdrückt. So sind z. B. die zehn Gebote, die ich meinem Freund Moses gegeben, von Angesicht zu Angesicht, ob er gleich nichts als das Hintertheil gesehen; es sind Blätter des Buchs des Menschen; es sind die Tugenden, zu welchen, wenn man 3 nimmt, welches die Dreieinigkeit bedeutet, es so macht; es sind 7 Hauptsünden, mit den 3 Grundelementen, das macht auch 10. Wenn du willst, so wird das nur 9 ausmachen, wie ich schon gesagt. Deswegen machen die Freimaurer alles durch 3 mal 3, denn du musst merken, dass wenn man 9 hat, so hat man auch 10, mittels des Schweifes. Im Übrigen, mein Lieber! steht es dir frei, aus keiner andern Ursache etwas zu wollen, als weil du willst. Die Zukunft ist ungewiss und die Menschen werden närrisch und böse sein, so lange, bis sie nicht die Waffe des irdischen Paradieses wieder gefunden, die cabalistische Rechnung und die Wissenschaft so meiner Lieblinge der ägyptischen Priester. Alles hängt gegenwärtig vom Eigensinne der Beobachter ab. Denn ich kann nichts vorhersehen, ohne die Vorhersehung, die man mir beilegt. Ich werde es mich wohl hüten, dir zu sagen, was geschehen wird, denn alsdann würden die bösen Menschen, womit die Erde angefüllt, mit dem bösen Princip Gemeinschaft machen (welches in die Welt gekommen, ich weiß nicht wie, weil ich alles aus nichts geschaffen) alles Gegentheil von dem, was ich vorher gesagt, geschähe dann, um mir einen Streich zu spielen. Man ist ohnedies immer auf Herrn eifersüchtig, der nicht das Vermögen gehabt, die Eifersucht zu vertreiben. Man schmeichelt sich, ihn in die Falle zu bekommen. Ich bin nur ein schwacher Unwissender. Wende dich an den Autor der Irthümer x., er wird dir sagen, wodurch er wirkt, und wird es dir auf die deutlichste Art von der Welt erklären. Ich habe ihm meine Wissenschaft verliehen, du kannst mittelst eines Thalers der glücklichste Sterbliche werden; vereinige dich mit ihm, und beunruhige mich nicht weiter.
5.
Es ist nicht genug, den Irthum anzugreifen, man muss den Charlatan verfolgen, der ihn fortpflanzt; man muss nicht nur, um die Neugierde zu befriedigen, eine geschickte Auslegung der Worte eines Schriftstellers geben, der eine geheimnisvolle Schreibart affektiert, um seine Leser noch mehr einzunehmen, sondern man muss vielmehr zeigen, wie sehr er sich in den wenig begreiflichen Dingen, die er in seine Theologie hineingewebt, betrogen habe. Wir haben gesehen, wie er z. B. den Ausdruck Enthüllung verworfen, statt sich zu enthüllen, so erweitern sich die Körper, breiten eine ausdehnende Kraft aus, so wie sie wollen; dazu aber sind keine geistigen Kundschafter nöthig, die die Verbindung mit der obern Natur unterhalten, und denen es gefällig ist, die uns andern mitzutheilen! Diese Herren machen die Natur zu Flügeln des Götterbotens. Man weiß, dass Merkur den Bewohnern des Himmels und der Erde öftere Besuche ablegte. Die Alten legten ihm alle das Gute bei, so von oben herab kam, sahen ihn als das Band ihres Umganges mit dem Olymp an; kurz, sie haben ihn für den Erfinder aller Künste gehalten. Unsre heutigen Geisterseher haben diese Fabel nach ihren Erscheinungen eingerichtet, so dass diesen geistigen Kundschaftern diese Principen, die noch nicht gewirkt hatten, Beziehungen auf den philosophischen Merkur und die Universal-Arzeney sind, davon sie sich im hermetischen Sinn unter Garpocrates Siegel die Besitzer nennen. Sie suchen sie zu überreden, dass es eine Handlung der Religion sei, und sparen keine Mühe, solches in ein heiliges Geheimnis einzuhüllen. Eben in dieser Quelle muss man das aufsuchen, was in dem System des Autors der Irthümer u. einige Verbindung mit der höhern Maurerey habe. Man merkt wohl, dass, um die gemeinen Leute zu verhindern, dass sie diese schönen Wissenschaften nicht eins sehen, es die Pflicht der Hyerophanten ist, sich der Fabeln, Räthsel, Sinnbilder und Gleichnisse zu bedienen, die sie sich bemühten, eher zu verdunkeln als aufzudecken. Daher der Rath nicht alles nach den Buchstaben zu nehmen, die Wirkungen der Natur zu studieren, die Resultate mit den ihrigen zu vergleichen, die nur anzunehmen, die der Beobachter für gemäß findet, und das Geheimnisvolle des Werks, wozu wir den Schlüssel geben.
Es sind Artikel, über welche ich nur flüchtig weggegangen, andre die ich mit den folgenden verbunden, andre endlich, von denen ich gar nicht gesprochen, um die Leser nicht zu lange mit Kleinigkeiten zu unterhalten; ich komme aber gerne auf die wieder zurück, die oft die Neugierde und Geduld des Lesers geprüft haben. So ein Artikel ist der von dem allgemeinen Gedritten, davon ich nur wenig gesagt, indem ich bloß das durchgegangen, welches einige Verbindung, damit hatte. Der Autor vermengt die zeitlichen Ursachen mit diesen berühmten Gedritten, weil er für gewiss hält, dass diese Zahl die Ursache der Wesen der Elemente sei, davon die Körper zusammengesetzt sind, dass diese Elemente nur 3 sind, so dass sie das Gesetz ihrer Erzeugung sind, und das, was die Verkörperung bewirkt, indem er uns zu erklären verspricht, warum die Luft kein Element sei, in Zeit und Ort; ohne sich für die Einwürfe zu fürchten, die man ihm über so viele Widersprüche machen könnte. Indem wir seinen erleuchteten Gang folgen, bedient er sich zum Beweis des Gedritten folgender Worte: die Natur kündigt an, dass nur 3 Abtheilungen in dem Körper sind; 3 mögliche Eintheilungen in allen ausgedehnten Wesen; 3. Figuren in der Geometrie; 3 angeborne Fähigkeiten im Wesen was es auch sei ; 3. Grade der Versöhnung für die Menschen; oder 3 Grade in der wahren Freymaurerey, mit einem Worte, dass, unter welchen Gesichtspunkte man auch die erschaffenen Dinge ansehe, es unmöglich ist, etwas über 3 zu finden. Diese Stelle ist bemerkenswerth wegen der Dreistigkeit, mit welcher der Autor die gemeinsten Lügen als Wahrheiten bekräftigt, und wegen der Quelle, aus welchen er diese dunkeln Beweise schöpft. Die Maurer haben sich dieser und zwei oder drei andrer Stellen in eben diesem Geschmacke zu Nutze gemacht, die so wie von ohngefähr in diesem Buche hingeworfen, aber in der Absicht, um eine zahlreiche, und in einigem Betracht ehrwürdige Gesellschaft mit hineinzuziehen, die sich für den Gegenstand der Untersuchungen des Autors gehalten hat. Sein Zweck ging viel weiter, und es wäre ihm noch lieber gewesen, wenn er unter seine Fahne die theologischen Köpfe aller Sekten bringen könne, als die der Brüder durch 3 mahl 3, davon nur einige Auserwählte seinen Projekten ein Genüge leisteten.
Gegenwärtig wollen wir dem allgemeinen Gedritten und Gevierten einige Aufmerksamkeit schenken, und die Neugierde und Ungeduld der Leute zu befriedigen suchen.
Das Gedritte oder Zahl 3, war beiden Alten in großem Ansehen. Sie wurde für heilig, göttlich vollkommen und mächtig gehalten. Die Cabalisten stützen die unaussprechlichen Eigenschaften dieses Trio auf Stellen der heiligen Schrift. Daher sagten sie, sind 3 Engel dem Abraham erschienen; Jonas blieb 3 Tage in des Walfisches Bauch; Jesus Christus ist 3 Tage im Grabe gewesen; alles ist geschaffen, alles ist in dem Weltall durch Gewicht, Zahl und Maaß geordnet der Naturlehrer kennt nur 3 Reiche der Natur; der Arithmetiker rechnet nicht anders als nach Mark, Schillingen und Pfenningen; der Geometer misst nur nach Länge, Breite und Tiefe; der Mathematiker betrachtet nur Linien, Oberfläche und Körper. Da sie diese heiligen Sachen mit ihren Wissenschaften verbunden, sieht man, dass diese Herren die Profanen nicht für würdig achten. Zu der Zahl 3 setzen die Weisen 4, die sie als die elementarische Zahl ansehen; diese beiden vereinigt bilden 7, die wir in der Folge auslegen wollen. Der Autor der Irthümer hatte nur 3 Elemente angenommen, aber er handelt in einem besondern Abschnitte von der Luft, ohne welche wir ihn in großer Verlegenheit würden gesehen haben, um sein Geviertes, seine elementarische Zahl einzurichten. Er behauptet mit allen seinen Mitbrüdern der Zauberei und Arimanthie, dass die Zahl 4 die Wurzel und der Anfang aller Zahlen sei, weil, wenn man 1, 2, 3, 4 addiert, es das Gezehnte oder so hervorbringt, welches die Zahl ist, deren die Herren sich manchmal bedienen, um die Gottheit anzuzeigen. Das ist nicht alles; dringt man bis auf das Heilige, so wird man finden, wie viele Dinge man unter diesen Zahlen verstehen könne. Die alten Philosophen (in der cabalistischen Sprache bedeutet dieser Titel einen Fantasten) haben die Einheit als den Anfang aller Weisheit umso mehr angesehen, da alle Völker bis auf 10, und so wieder zurück zählten. Aus dieser großen Entdeckung schlossen sie, so wie der Autor ihre Träume wiederholt, dass dieser Einheit das zweifache Unendliche untergeordnet wie der Thon dem Töpfer, wie die Materie ihrem Urheber, und dass von der Einheit und dem zweifachen alle Zahlen entstanden. Auch begreift man in den Zahlen 3 und 4, die Punkte, Linien, Flächen und die dichten Körper, folglich die 4 Haupt-Körper, die 4 Tugenden oder Elementars-Kräfte, überhaupt alles kommt von 4, von 10 und von 3 her. Bei nahe hätte er vergessen, über das beste Andenken der Geschichte der Wissenschaften den Schlüssel zu geben. Wenn ich eine so wichtige Sache übergangen, würde ich gefunden haben, mit wem ich zu thun hätte. Man hätte mich in einem französisch altdeutschen Briefe für einen Unwissenden gehalten, für einen Menschen ohne Glauben an diese Wunder-Zahlen. Sieh lieber Leser! Was man sich aussetzt, wenn man unpartheyisch und in seinen Ideen vernünftig ist, und weise genug, um nicht die Schändlichkeit seines Nachbars aufzudecken. Auch will ich alles sagen. Ich sage daher, dass die Zahl 4 allen solchen Beobachtern, wie dem der Irthümer und Wahrheit, deutlich anzeige, dass das gute Princip gewollt, dass die elementar Welt, das Überhimmlische in Feuer, Luft, Wasser und Erde eingeheilt, und dass dieses durch die 4 Thiere der Erscheinung Ezechiels bewiesen werde. Der Löwe bedeutet das Feuer, der Adler die Luft, der Mensch das Wasser und der Ochse die Erde. Gewiss ist es schwer, wenigstens wenn man Ochse ist, die nöthige Kraft zu haben, um die Tiefe und das Wunderbare dieses großen Geheimnisses zu ergründen, und noch viel gewisser, dass die heuchlerischen Schulfüchse das Welt-System artig einrichten. Sie wollen uns mit aller Gewalt glaubend machen, dass der Allmächtige (das große Princip) sich unendlich der Zahl 3 erfreue, und nichts weniger der erschaffenen Dinge durch das Gevierte. Das ist eine neue Entdeckung in den Wissenschaften. Was für Verbindlichkeit sind wir nicht den großen Männern schuldig, die so gütig sind, uns eine Grube voll nützlicher Kenntnisse zu unserm Glücke bekannt zu machen! Nie werden sie unsern Verstand erhellen!
Es ist zu muthmaßen, dass die Neugierigen von nun an wissen werden, wie das Gedritte und Gevierte zu verstehen ist. Aber was werden die Freymaurer sagen, da ich das Gedritte so verehre? Wenn sie das Herz hätten, ihre Archive den Augen des Publikums zu öffnen, würde man neue Beweise finden, über das Wesen des Triangels und des Vierecks; man würde darinne seinen Ursprung finden, wenn man auf die ersten Jahrhunderte zurückginge, als ein kostbar anvertrautes Gut in den ewigen Rathschlüssen des großen Baumeisters; seine Macht auf die Finsternis zu wirken, das Licht zu bekommen, die elementarischen Principen zu theilen, die Sphären zu bilden, die den Raum ausfüllen, die innerlichen Triebe nach dem Zirkel und Winkelmaß zu richten, um ihre unveränderliche Harmonie zu bestimmen; den Menschen in der Kindheit der Natur anzunehmen, ihm die königliche Kunst, als das erste Eigenthum seines Wesens mitzutheilen, viel Rühmens zu machen von Salomo, den weitesten und reichsten der Könige, das Glück der größten Fürsten auf Erden, aller ältern und heutigen Philosophen, die Wissenschaft und die Glückseligkeit derer, denen es erlaubt ist, die Tiefe zu ergründen. Nach diesen kleinen maurerischen Glaubensbekenntnissen komme ich auf das vorige Gespräch zurück.
Wir haben gesehen, dass der Autor der Irthümer nur 3 Elemente angenommen, um sein Gedrittes zu bilden, und dass er seine Meinung über die Luft vorgetragen, bald um sie zu leugnen, bald um sie mit der Zahl 4 zu vereinigen. Seine Urtheile über dieses Flüssige, das uns von allen Seiten durchdringt, sind viel leichter als die Materie, aus der man sie zusammengesetzt glaubt, und sind auch ebenso verwirrt als das übrige des Buchs. Man kann nicht, sagt er, dieses grobe Flüssige, so wir einathmen, als ein besonderes Element ansehen, obschon ein Princip in ihm ist, welches wir Luft nennen müssen. Sie ist eine Erzeugung des Feuers, nichts des materiellen Feuers, so wir kennen, sondern des Steuers, welches das Feuer und alle sinnliche Gegenstände hervorgebracht, und ohngeachtet seiner Nothwendigkeit zur Unterhaltung der Körper und des Lebens, ist es keine Materie, wie diese. Man versteht nicht sogleich, was ein grobes Element sei, das vom Feuer kommt und keine Materie ist; noch weniger, warum wir es Luft nennen sollen, was vielleicht nichts anders ist, als die Ausdünstung unsers Erdballs, die Vapeurs, die von allen irdischen Körpern ausgeben? Ohne uns mit Widerlegung der Widersprüche dieses Schriftstellers zu beschäftigen, der reich an verwirrtem Geschwätz ist, wollen wir bloß den Schlüssel zu dieser Stelle anzeigen. Er versteht unter dem Feuer, das erste Princip, Gott. Seine Idee ist nichts als eine Wiederholung alter Meinungen, alten Aberglaubens über das Feuer. Man kennt hinreichend die Religion der Peruvianer, die Verehrung des heiligen Feuers beiden Griechen und Römern, dass es nothwendig sein sollte, hier den Ursprung des verzeihlichsten Irthums zu wiederholen, welcher die Welt beherrscht hat; aber unumgänglich nöthig ist es, den Lesern die närrischen Meinungen vor Augen zu legen, aus denen der Autor die rabbinischen Träume schöpft, die er für den Grund der größten Wahrheiten ausgeben will, nöthig ist es, durch einfache Vernunftgründe zu beweisen, dass es in den nehmlichen Quellen ist, wo man die Erklärung der Gegenstände findet, die man ihm so geheimnisvoll verbergen wollte. Die Propheten, die Seher, die Narren, die Philosophen älterer Zeit, die Schwarzkünstler, Sterndeuter, Traumausleger, Wahrsager und diese ganze Race der Charletans, durch die die Erde betrogen worden und es noch sein wird: die Schwätzer, die man für gründlicher gehalten, weil sie mehr Ordnung beobachtet, die Theologen, Methaphysiker, Alchymisten, die sein wollenden Väter der Kirchen, die nur Väter der Irthümer gewesen; alle diese, ohne Ausnahme, haben einen Stein mehr zum Bau des großen Gebäudes der Betrügerey verschafft. Die Vernunft arbeitet vergebens es zu zerstören, es ist wankend gemacht, aber der Grund besteht und die Bauleute vergnügen sich, denen Mauersteine am Kopf zu werfen, die nicht ihrer Meinung sind, unterdessen sie von neuem ihren hässlichen Tempel aufbauen. Man weiß z. B. wie der gebaut hat, der der Wahrheit ein Monument errichten wollte. Er hat alle Lumpen der Narren gesammelt, und indem er diese zerstreuten und verachteten Lappen zusammengeflickt, hat er sich eingebildet, ein Staatskleid daraus zu machen für die keusche Göttin x. Hier sind einige Proben Zeug, von seinen Händen genähet. „Der eine sagt, Gott ist ein unvergleichliches Feuer; die materielle Welt hat kein ander Feuer als die Sonne, sagt der andre; alles Princip der Fortpflanzung kommt von diesem Sterne. Er ist der erste Werkmeister in dem Gemischten, und die Geschlechter sind der Beschaffenheit nach verschieden, nach Maßgabe, dass solche entfernt oder nahe sind. Ein dritter kommt, und ruft: alle Hitze, die von der Sonne herkommt, allgemeines Princip der Natur, sowohl in den Elementen als in Gemischten, alles was Bewegung hat, Wärme und Leben, hat keine andern natürlichen Veränderungen, als vom Feuer.“
Moses, Hermes, die Propheten, die Apostel, die Evangelisten und eine Menge anderer Schriftsteller haben nicht Gott mit einem Feuer verglichen, sondern versichert, dass er nichts sei als Feuer, weil er sich oft unter dieser Gestalt geoffenbahret hat. Die Ägypter hielten Vulkan für den Vater des Saturnus, und also das Feuer für das Princip so von Himmel komme, und indem sie so Jupiter(der das Feuer bedeutet) die Herrschaft zuschrieben, so bewaffneten fiel ihn mit einem Scepter, in Gestalt eines Donnerstrahls mit drei Spitzen, und gaben ihm zur Frau die Schwester Juno (welche Luft ist.) Hieraus entsteht der Irthum der alten Naturkundigen, und des Autors der Irthümer und Wahrheit, die nicht von einem vierten Elemente sprechen wollten; er und die andern Narren in unsern Tagen suchen ein fünftes, eine Quintessenz, für welche sie viel Eifer affectiren, und lassen die Narren glauben, dass sie solches gefunden; deswegen reden sie immer verblümt, und betrügen diejenigen, welche sich einbilden, Werke im solchen Geschmacke zu verstehen, wovon wir hier den Schlüssel geben, und die von ebenso lächerlichen Gegenständen handeln
Statt so vieler Ungereimtheiten hätte sich der Autor einschränken können, so zu sagen: das Flüssige, so wir unter dem Namen Luft einathmen, ist elastisch und schwer, seine Figur ist uns unbekannt, weil alle flüssigen Körper die Eigenschaft haben, sich in der Runde zu verdicken. Wenn es nicht flüssig wäre, könnten wir seine Theile trennen. Seine Schwere ist durch das Barometer bewiesen, und wenn man ihn unter den Recipienten der Luftpumpe bringt, seine Elasticität durch das Schießpulver, und die Wirkungen der Windbüchsen. Diese Erklärung ist nicht neu, man versteht sie aber doch; sie ist für den Begriff des Philosophen und des Unwissenden, es sind darinne keine verwirrten Ideen vom Gevierten aus einfachen sinnlosen Elementen gebildet, denn wenn sie sinnlos sind, so kennen wir sie nicht, weil es bewiesen ist, dass keine unserer Kenntnisse anders als durch die Sinne erlangt wird. Es ist wohl möglich, dass die ganze Weltmaschine nur einen Körper ausmache, deren Theile sich durch die Mittel verbinden, die die Extremen theilen, aber ich wiederhole noch einmal, dieser Knoten ist verborgen, dieses Band ist das Geheimnis des Schöpfers oder der Natur, und es kann nur ein Narr oder Schalk sein, der dreist genug ist, zu behaupten, dass er solches errathen, bloß um seine Zeitgenossen zu betrügen, ihnen eine allgemeine Wissenschaft zu versprechen, ein Muster ihrer Pflichten, ihrer Arbeiten und den Weg der Wahrheit, indem er sie mehr als jemals in ein Weltmeer der Lügen eintaucht.
Welches Verhältnis ist z. B. zwischen einem Werk, so man für ein Evangelium der Weisen, für das Meisterstück der Moral ausgibt und zwischen dem Donner? Ich bitte, man bemerke doch im Vorbeigehen, dass er nur spricht, um noch eine Ungereimtheit zu sagen. Der Ausbruch des Blitzes, nach dem heutigen Thaumaturgen geschieht durch den Stoß der Salztheile auf die Luftsäulen, und noch mehr so wie die Farben, der Schau, das Licht, der Magnetismus die Elektrizität, mit einem Wort wie alles, sich durch die Sonne zeigt, so ist dieser das Werkzeug des Donners. Es ist schön, auf diese Art den Blitz zu erklären, besonders wenn man einige Seiten vorher die Luft geleugnet hat, und zwar zu einer Zeit, wo man diesen Theil der Naturlehre auf so einfache Lehrsätze gebracht hat, die der eingeschränkteste Geist verstehen kann. Ich weiß nicht, ob es aus der Bibel, oder Hermes oder aus den Magiern ist, woraus der Autor diese neuen Ideen genommen hat; was ich weiß, ist, das die Bildung des Donners immer von der elektrischen Materie abhänge, dass die Wolken, in denen sich der Blitz zeigt, elektrische Körper durch Reiben sind. Sie bekommen dies Reiben durch die Wirkung der Theile der Atmosphäre, so mittelt der Winde zusammen gebracht werden. Da das Reiben heftig ist, so entzündet das elektrische Feuer die Bestandtheile, die ihm zur Nahrung dienen, und da diese Bestandtheile sich mit heterogenen Körpern verbinden, so bricht die Wolke mit mehrerer Stärke aus. Es ist also nicht das Salz die Hauptursache des Donners, möglich aber ist es, dass solches in die Nahrung der electrischen Materie eindringe.
Aber diese Kleinigkeiten sind nichts, denn ob der Blitz aus Salz, Schwefel oder Merkur bestehe, geht der Sittenlehre nichts an, ein jeder kann sie in der Naturlehre verlangen, ohne dass dadurch der Gesellschaft ein großes Übel erwachse. Er rühmt sich genau zu sein; wir dürfen nur Franklins Erfahrungen um Rath fragen, um nicht vom Blitze getroffen zu werden. Ebenso ist es nicht bei dem Buche des Menschen, davon der Autor in einem andern Abschnitte redet. Es ist zu sonderbar, dass man sich nicht die Nähe geben sollte, noch einige Zeilen abzuschreiben, übrigens leistet man dem einen Dienst, der die Irthümer nicht bei der Hand hat.
Der Mensch hatte vom großen Princip (ohne Zweifel vor seiner Degradation) besondre Vorzüge erhalten, diese Vorzüge bestanden in dem Besitze eines Buchs, und, obgleich dieses Buch nicht mehr, als 10 Blätter enthält, so enthält es doch alle Wissenschaften von dem was gewesen, was ist und sein wird. Die Kraft des Menschen war so weit ausgedehnt, dass er das Vermögen hatte, auf einmal in allen Blättern des Buches zu lesen, und es mit einem Blick zu umfassen. Wenn der Mensch ein so gutes Buch und so große Vorzüge verloren, so ist er gewiss zu beklagen. Wer hat aber unserm Träumer gesagt, dass so ein Buch existierte? Wie kann er versichern, dass dies Buch noch da sei, aber dass der Mensch alle Blätter darinnen nicht anders erkennen kann, als eins nach dem andern? Man erinnere sich dessen, was ich bei Auslegung der Zahlen 3, 4, 9 gesagt, und wie man die Zahl 10 bildete. Dieses berühmte Buch von Blättern, bedeutet nichts anders, als dass Gott von erfüllt sei, dass der Mensch vor begangener Sünde ihn nach seinem Gefallen fassen konnte, heut zu Tage aber sich dieser Wissenschaft unwürdig gemacht, und genöthigt ist, ein Blatt nach dem andern zu studieren. Diese 10 Blätter sind die 4 Elemente, die 3 Reiche und die 3 Principen.
Ich weiß nicht, was mehr Bewunderung verdiene, ob der gebietrische Ton, mit welchem man uns solche Thorheiten vorträgt, oder die Wichtigkeit, die einige Personen ihm beilegen wollen. Es ist nur zu wahr, dass der Mensch von jeher geirrt, man müsste aber bis zur letzten Stufe der Blindheit gekommen sein, auf einfache Kenntnisse gemeinen Menschen- Verstandes Verzicht geleistet haben, um sich durch solches Geschwätz Stillschweigen auflegen zu lassen, und was einen bestürzt macht, ist, dass man unter die Partheygänger dieser Betrügereyen aufgeklärte Leute rechnet, Leute vom Verdienst, Fürsten, ja sogar regierende Herren, die man überredet, dass es zu ihrem Vortheil sein würde, das Joch des Aberglaubens mit den Ketten der Politik zu vereinigen, und dass sie ihre Völker betrügen müssten, um sie besser beherrschen zu können. Hässliche Anstifter der Lügen, Stöhrer der Vernunft, sei d wenigstens behutsam, verbergt eure unglücklichen Pläne, wenn es euch gelingen soll, den Menschen in die Nacht der Unwissenheit zu stürzen. Nicht mit so groben Fabeln könnt ihr die Seelen verführen; vergebens werden einige sich an eure Verführungen anzuhängen scheinen, aber durch den Zuruf des Gewissens empört, wird die Vernunft bald Überläufer bilden, die umso gefährlicher sind, wenn sie die Urheber des Betrugs kennen, den man sie unterwürfig machen wollte. Man wird vielleicht sagen, dass die Meinungen des Buchs der Irthümer nicht ernsthaft widerlegt zu werden verdienen, und dass Verachtung und Spott die einzigen Waffen sind, deren man sich gegen eine Menge zusammengestückelter Dinge bedienen müsse. Die so sprechen, dürfen sich nur der Streitigkeiten erinnern, die das Buch von Quesnel erregt hat, der Grausamkeiten, die in Frankreich vorgefallen zwischen den Molinisten, Jansenisten, den Narren von St. Medard; des Erzbischofes von Paris, der von jedem Sterbenden Glaubens-Bekenntnisse forderte, des Parlaments-Raths, der eine Liste von den Wundern eines Paristischen Diakonus vorzeigte, von 10 Zeugen unterschrieben, die die Wahrheit der Wunder bezeugten, obgleich nichts so falsch, als das alles war. Woher kamen so viel Narrheiten und so viel Unglück in einem sonst aufgeklärten Reiche? Von einem Buche und dem Ansehen, so die Regierung die Einfalt hatte, diesem Buche beizulegen, das weder sie noch die, welche darüber stritten, verstehen konnten. Sobald man wusste, wovon es handelte, gab man zwar das Buch dem Streit, und die Beheissenen dem Gelächter preis; das Übel aber war geschehen. Man vergisst dieses aber heut zu Tage, und es ist mehr als ein Reich in Europa, wo diese fremden Scenen in Bereitschaft sind, unter andern Namen und Gestalten wieder anzufangen. Hierauf muss man aufmerksam sein, der Grund ist der nehmliche. Verachtung und Spott ist nicht hinreichend, man muss die Waffen der Vernunft anwenden, man muss alles anwenden, da man Augen öffnen will. Dass doch die Regierung immerhin diese neue Theologie verachte! Der Schriftsteller, der sie angreift, muss überzeugen, wenn die guten Köpfe einig sind, dass das, was man ihnen für etwas Heiliges gab, wirklich nichts als ein Gewebe alter Thorheiten sind, in mystisches Geschwätz eingekleidet, so wird der Spott die cabalistischen Schulfüchse und ihren schwachen Anhang treffen.
6.
Das Buch der Irthümer und Wahrheit ist nicht das einzige Werk der neuen Secte; der martinistische Prophet hat eben auch zur Unterweisung seiner Schüler eine starke Abhandlung unter dem Titel herausgegeben: natürliche Darstellung der Gemeinschaft, die zwischen Gott, dem Menschen und dem Weltall bestehet. Dieser Titel betrügt; es ist kein Mensch, von welchem Glauben er auch sei, welche Religion er auch bekennet, der nicht neugierig sein sollte, die Gemeinschaft zwischen den Herren der Natur und sich kennen zu lernen. Er nimmt das Buch, verschlingt es, strengt seinen Geist an, liefert die nämliche Seite wohl hundertmal, und wundert sich, dass er nicht ein Wort verstehet. Fraget man ihn um etwas von seiner wichtigen Lektüre, wird er uns antworten: dass es das schönste Werk sei, das Erhabenste, womit man die Menschheit beschenkt. Die Eitelkeit wird ihn verhindern zu bekennen, dass er nichts verstanden hat. Angenommen, dass ihm ein beherzter Kopf begegnet, wird er ihn leicht überreden, die Wahrheit in Gesellschaft mit ihm zu studieren, und wechselsweise werden sie die besten Entdeckungen in dem Reiche der Einbildung machen. So ist es also, dass der Irthum sich fortpflanzt. Auf hundert Leser sind wenigstens 98 zu rechnen, die nicht anders handeln. Der Ruhm des Buchs wächst, der Autor wird ein Gott des Lichts, ausgenommen in seinen eigenen Augen, denn er weiß wohl, wofür er zu halten ist, aber er hütet sich solches zu sagen. Unterdessen nimmt man euch, meine hellsehenden Leser, in die martinistische Schule auf, und jeder schreyet: es lebe die Wahrheit.
Wir hoffen bei Gelegenheit eine Beurtheilung des Buchs: natürliche Darstellung x. mit beizubringen, nur haben wir noch nicht die Zeit dazu. Übrigens muss man auch einigen Wohlstand gegen das Publikum beobachten, man darf ihn nicht zwey Cadavers auf einmal vorlegen.
Nachdem der Autor der Irthümer x. das Unglück der Menschen beklagt, nicht mehr in den 10 Blättern lesen zu können, scheint er das Niedrige seiner Vorurtheile einzusehen, darinne nämlich: dass er den verborgenen Mitteln keinen Glauben beimisst, die die Natur in Bereitschaft haben soll, seine Unglücksfälle zu heilen. Salomon sagte (es sind nun einige zweitausend Jahre) dass ein Narr alle diejenigen für Narren hielte, die nicht seine Narrheit hätten. Der Nachfolger Davids hat im Namen aller vernünftigen Leute geantwortet, die das Unglück haben würden, die Irthümer und Wahrheit zu lesen: und wenn das Unglück der Erde nie anders, als durch das Studieren ähnlicher Geschichten zu heilen, so kann man wetten, dass sie auch immer bleiben werden. Der Paragraph, wo der Autor ein neues Reich für den Menschen aufrichten will, ist nicht weniger sonderbar als das übrige. „Man kann, sagt er, ein Recht erlangen, davon der Mensch in seinem ersten Zustand keine Kenntnis hatte; es ist der: eine wahre Gewalt über andre Menschen auszuüben, und dies Vermögen ist daher gekommen. Im Stande der Verwerfung, wo der Mensch zu bleiben verdammt ist, bekommt er nichts, als den Schleier und Schatten des wahren Lichts, er behält das Andenken seines Ruhms, nähert mehr oder weniger das Verlangen wieder hinaufzusteigen, dass alles wegen freien Gebrauchs seiner geistigen Kräfte, wegen der Leiden die ihn durch die Gerechtigkeit zubereitet. Wer in diesem elementarischen Cloaque die Idee von seinen Princip am wenigsten ungestalt gelassen, der wird auch der von seinem ersten Zustande weniger Entfernte sein. Außerdem, wenn die andern Menschen sich nicht ebenso bemühten, so dass auch nicht das Nämliche erfolgt; so ist es klar, dass derjenige, der alle Vorzüge über sie haben wird, auch über sie herrschen soll.“
Dieser Artikel erfordert eine besondre Aufmerksamkeit. Der Autor scheint hier eine Art von Hierarchie bereiten zu wollen, eine Ordnung der Personen über die andern. Soll ich vielleicht darinne mit ihm einig sein, dass hierinne eine Anzeige liege, zu glauben, was das Haupt befiehlt. Das gleicht ein wenig der Neubekehrung, deren ich den Autor nicht anklagen wollte. Wenn diese Lehre die Maurerey anginge, so wäre sie in andern Ausdrücken abgefasst, denn die z. B. von verschleierten Licht u. s. w. bezeichnen ganz etwas anders, als die Arbeiten der Maurer-Logen. Dieser Obere, der sie beherrschen soll, (die Menschen) sollte es der Pabst sein? Ist’s der Autor selbst? Nein, es ist ganz allein das Haupt der neuen Secte, ein neuer Messias, der zum zweiten Male über den bösen Geist siegen wird. Unterdessen könnte es sein, dass er sich auf bescheidene Art seinen Brüdern zu erkennen geben wolle. Im Übrigen werden diese Redensarten den Prinzen, die keine Eingeweihten sind, nicht gefallen. Sie haben von dem Lichte dieser Herren viel zu fürchten, die ohne viele Umstände sich zum Beherrschen aufwerfen werden, weil sie die Königs zwingen könnten zu erweisen, ob die Gaben der Wissenschaft auf ihre Personen gekommen, so dass es ihnen erlaubt sei, über Martinisten zu herrschen. Das ist eine kleine Nachricht für die Beherrscher und die Beherrschten. Man kann nicht zweifeln, dass derjenige, der die Meinung der Menge beherrsche, auch damit endige, dass er sie, so wie es ihm einfällt, unter das Joch bringe und je mehr die Gründe, auf welchen diese Meinung beruht, heilig geworden, um desto schwerer ist es, sie zu zerstören; sie handeln gegen das menschliche Herz eben dadurch despotisch, weil man sie nicht verstehen kann. Ich denke unterdessen nicht so wie der Autor des Buchs: die Jesuiten durch die Maurerey vertrieben, der nichts als Dolche und Meuchelmörder träumt. Europa ist zu sehr aufgeklärt, und es sind zu viele rechtschaffene Leute unter den Freymaurern, als dass solche Abscheulichkeiten in irgendeiner ihrer … bestehen könnten. Es ist aber sehr möglich, dass man sucht, ein neues Gebäude auf die Leichtgläubigkeit der Menschen aufzurichten: die Schwierigkeit wird immer die sein, eine große Zahl zu finden, die fähig ist, das Apostelamt zu verrichten, und die nicht von ihrer Gesandschaft abwendig zu machen, im Fall sie das Unglück hätten, sich guten Köpfen zu eröffnen. Wenn die St. Germain, Cagliostro und Mesmer eine Sekte stiften können, so hätten sie es gerne gethan; sie haben Partheygänger gehabt, aber keine am wenigsten öffentliche Schüler, hernach wurde das Baguet, die Schatten die Edelsteine eine Modesache, und die Vorgänger traten in die Tempel, wo man diesen Adepten opfern sahe. Bei dem martinistischen Beobachter war es nicht das nehmliche. Der Stifter der Secte kündigt ernsthafte Projekte an. Er kramt eine Menge theologischer Ideen aus, predigt den Fall des Menschen, die Strafen der Erbsünde, das Dulden des Thiers; endlich so sind seine beiden bekannten Werke (die Irthümer und die natürliche Darstellung) für die, die keinen Schlüssel haben, wahre Offenbahrungen, Das ist zwar keine Materie, um zahlreiche Proselyten an sich zu ziehen; man, kann aber auf nichts schwören.
Es ist recht, dass unser Autor, nachdem er ein neues Reich für den Menschen gegründet; ihm auch erklärt, dass seine Zeitgenossen nicht seine Feinde sind, dass durch das Gesetz der Natur er von ihrer Seite nichts zu fürchten habe, und dass er nicht so schwach sein dürfe zu glauben, er müsse seine Kräfte anwenden, gegen die politischen Körper durch die Menschen gebildet. Das wäre sich in der Art des Kampfes betrügen, den er kämpfen soll. Diese Worte sind bemerkenswert genug. Sollte in diesem Argumente nichts von Loyola sein? Man könnte fast schließen, der Autor habe sich einer Hinterthüre bedienet, und er scheint, die Anklage wider die Jesuiten ein politisches Corps zu formieren, vertheidigen zu wollen, indem er das Geheimnis einer geistigen Verbindung blicken lässt, d. i. einer gottesfürchtigen. Der Kampf, den der Mensch unternehmen soll, kann nichts anders bedeuten als die verschiedenen Arbeiten der Maurerey, die Grade, die Prüfungen, denen man sich unterwerfen muss, es sei nun, dass unser Prophet einen neuen Orden stiften wollen, oder dass er die Brüder durch Arbeiten, die bisher den Freymaurern noch unbekannt waren, zu reinigen gedenkt. Übrigens, wenn die Principen, die dieser Schriftsteller in diesem Artikel aufstellt, auch so fantastisch als die sind, die wir vorher untersucht haben, so weiß man, woran man sich zu halten hat; indem er aber so spricht, hat er einen Zweck; und dieser Zweck ist nicht ganz unschuldig.
Was bedeutet aber dieses Gesetz der Natur, nach welchen der Mensch von Menschen nichts zu fürchten hat? Es ist nur zu wahr, dass er alle andre Thiere an Gebrechen übertrifft, und an den Gegenmitteln um mit seines Gleichen zu kämpfen. Man wird sagen, dass dieses sein herrschender Instinkt sei. Prüfet die Geschichte aller Nationen der rohen und der gebildeten Völker, die Geschichte der Gegenden, wo man sagt, dass vor diesen die Unschuld und guten Sitten gewohnet, und ihr werdet bald überzeugt sein von der Falschheit einer ähnlichen Versicherung oder von dem Vorsatz, den der Autor gehabt, mitten in der Gesellschaft eine besondre Gesellschaft zu errichten, das ist: eine Verbindung durch Grundsätze beherrscht zu werden, die der gesunden Vernunft als dem Glücke der Menschheit entgegen; fähig zu sein eines Enthusiasmus, der sie verleitet, die Menschen zu verachten, die nicht, wie sie denken, sie mit Gewalt zu unterjochen, wenn sie solche nicht durch Überredung unter sich zu bringen im Stande sind. Man sage nicht, dass das übertrieben sei. Jede Sekte hat den nehmlichen Anfang gehabt, von einem Ende der Welt zum andern. Sobald ein Mensch über den Geist herrschen will, ist er nicht weit entfernt, die Waffen zu ergreifen, um die Körper zu tyrannisieren; besonders wenn er sucht Lehrsätze einzuschärfen, die die Gesetze der Gesellschaft angreifen, und wenn er sucht dem Volke glaubend zu machen, dass der, welcher nicht die Wissenschaft besitzt, ein elender verlohrner Mensch, ein Materialist sei. Das ist die Sprache, die der Autor, den wir widerlegen, an hundert Orten seines Buches führt. Glaubt er sich überzeugt, dass der Mensch von Menschen nichts zu fürchten habe, unterdessen dass er dem Menschen alles Mögliche Böse erzeigen will, indem er sucht Verachtung und Spott, (so er alleine verdienet) auf die verehrungswürdigsten Männer auszuschütten, weil er versichert, dass alle Schriftsteller ohne Ausnahme uns nur Irthümer gegeben, und dass er uns nur allein in der Wahrheit unterrichte. Alles also, was wir in der Naturlehre wissen, in Astronomie, natürlicher Geschichte, in Philosophie, in Mathematik und Geometrie, ist nichts, und die schätzbarsten Autoren, die zum Unterricht ihrer Zeitgenossen und der Nachkommenschaft Nächte durchwacht, haben nichts als alberne Possen geschrieben? Wenn dieser neue Erostrat unserer Kenntnisse kein durch metaphysische Einflüsse verrücktes Gehirn ist, so weiß ich nicht, mit welchen Namen man ihn würdig auszieren könnte.
Es bleibt immer gewiss, dass der Autor sich in Ansehung der Natur des Menschen, eben sowie in allem übrigen betragen, und hat er vom Himmel das Recht bekommen, sich jeden Augenblick in einen verblümten Styl einzuhüllen, so habe auch ich das Recht ihm zu antworten, dass das, was meiner Vernunft widerspricht, nie zum Grund meines Glaubens dienen kann; dass das, was mein Geist nicht versteht, auch nie die Richtschnur der Arbeiten werden kann, die mich zur Glückseligkeit führen sollen. Die Vertheidiger dieses ausschweifenden Systems haben in anonymischen Briefen den Autor von dem Vorwurf des Jesuitismus und Proselytismus zu reinigen gesucht; ich halte ihn für unschuldig, wie ich auch schon erklärt habe, gewiss aber ist es, dass er will, die Menschen sollen so wie er denken, dass er ihnen unbrauchbare Lehren gibt, aus den Träumen der alten Sophisten, aus den theologischen Schulen geschöpft; dass er über alle Wirkungen der Natur falsche Erklärungen gibt, indem er seine Wissenschaft besonders empfiehlt, dass man nach seiner Anweisung alle philosophischen Schriften ins Feuer werfen muss, die seinen Grundsätzen widersprechen, an nichts glauben, als an die Lehrsätze, die er uns zu geben würdigt, und die für die Menschen Räthsel sind. Wenn seine Meinung ist zu erweisen, dass die Menschen Brüder sind, so müsste man sie nicht für Narren oder Schwachköpfe halten, noch weniger ihnen eine Wissenschaft vorschreiben, die fähig, ihnen die Anwendung ihrer Kräfte zum Ecl zu machen, da deren Gebrauch der Gesellschaft zum Nutzen gereichen soll. Will man nur Geisterseher haben, so hat man bald Schwärmer und niemals Bürger. Welche elende Idee ist es, eine Schutzschrift des Buchs Irthümer und Wahrheit machen zu wollen, (indem man sich auf Schwedenborgsche Thorheiten stützt, und es für etwas ehrwürdiges ausgibt) welches Buch sich nur auf zwei Zeugnisse gründet, auf das Alte Testament und seine eignen Erscheinungen. Ist die Unwissenheit jemals weiter gegangen? Soll man die Verwegenheit und Verachtung für die Menschen so weit treiben, dass man ihnen fast, die Erscheinungen eines Narren wären ehrwürdige Zeugnisse, dass man die Heilige Schrift und die Träume eines Geistersehers gleiche Schritte gehen lässt? Wenn ihr aber die jüdischen Schriften als heilig betrachtet, entheiligt ihr denn solche nicht, wenn ihr solche mit den Ausschweifungen dieses Gehirns verbindet, und werdet ihr nicht bekennen, dass jeder Mensch das Recht hat, den Sinn der Stellen, die man in der Bibel findet, nach dem Maße seiner Erkenntnis auszulegen? Euer Anführer, der Autor der Irthümer, gibt euch ein Beispiel, das euch schwer werden wird zu leugnen. In seinem Buche: natürliche Darstellung x. nimmt er die Schriften, die Mosen bei gelegt, als eine verblümte Geschichte an, von dem Zustande des Menschen und von den verschiedenen Veränderungen, welche sein physisches und moralisches Wesen im Anfange der Welt erfahren hat. Ich will mich bei diesem Artikel nicht weiter aufhalten; was ich gesagt, um die Augen eines jeden zu öffnen, hat nicht unumgänglich den Gebrauch seiner Vernunft verderbt. Die Vernunft will, dass ich in der heiligen Schrift ganz das Gegentheil von dem finde, was Schwedenborg, die natürliche Darstellung und ihre Zergliederer darinne sehen; und wenn das große Princip mir etwas anders zeigen wollen, würde mein Geist seinem unveränderlich ewigen Willen, wie das übrige in der Natur unterworfen sein. Wenn die Geisterseher ihr Streitpferd besteigen und mir entgegensetzen, dass meine Art zu denken eine Folge der Versuchung des Teufels sei (des bösen Princips) des Falls des Menschen x. so verweise ich solche an das Buch von Becker, dieses braven Holländers, der weitläufig bewiesen hat, dass es keinen Teufel gibt. Ich glaube es, so wie er, ich werde aber kein großes Buch schreiben, um meine Meinung über eine so erwiesene Sache vorzutragen.
7.
Der Autor der Irthümer untergräbt bei vieler Gelegenheit den Grund aller bürgerlichen Verbindungen, und ohngeachtet der Vorsicht, mit welcher er sich deckt, wird ein aufmerksamer Leser leicht ein sehen, dass er das Recht leugnet, so regierende Herren über die ihnen unterworfenen Völker haben. Er beruft sich, ohne das Gesetz des großen Princips und die Kenntnisse, die es verschafft, auf die Schwachheit der Menschen, die ihnen nicht erlaubt, einer über den andern die Oberherrschaft zu haben. „ Wenn im Gegentheil es durch das allgemeine und erste Gesetz der Natur geschehen und durch die Macht die es vorschreibt, dass der Mensch Oberherren gefunden, und dass die, so diese Macht erhielten, sie nicht anders, als zum Guten und zum wahren Glück anwendeten, so ist es klar, das von ihrer Seite nichts zu fürchten und dass es unrecht sei, sie als Feinde anzusehen.“ Auch ist es klar, dass der Autor zum Aufruhr Anweisung geben würde, wenn man ihn verstünde und wenn er der Stärkste wäre, denn wo wird er uns den Souverain zeigen, der vom Himmel sein Patent als König oder Fürst erhalten, der nicht anders regiert, als im Betracht des allgemeinen Gesetzes, so im Werke der Irthümer und Wahrheit errichtet. Diese Obern, von denen die Menschen nichts zu fürchten haben, sind es nicht vernünftige Wesen, so wie die meisten Principen so er uns sehen lässt? Zeigt dieser schöne Beweis nicht an, dass er keine gesetzmäßige Oberherrschaft anerkenne; und da er weiter unten sagt, dass das Argument von einem Oberhaupte noch besser sei, gibt das nicht zu erkennen, dass er die Einsetzung eines unsichtbaren Oberhauptes predige, und dass diesem nur zukomme, die Menschen zu beherrschen? Ohne Zweifel, dass dieses Ebenbild vom großen Princip Untergeordnete habe, Vicekönige, um seine Universalmonarchie zu verwalten: es ist zu bescheiden und zu vernünftig, um alle Herrschaft an sich zu ziehen. Deswegen redet auch dieser neue Harpocrates von den Obern im Plural, und versichert uns, dass diese privilegierten Wesen ganz und gar nicht die Feinde des Menschen wären. Ich wiederhole es noch einmal: der Autor macht sich ein geheimes Vergnügen unvernünftig zu reden, die Geduld der Leser auf das äußerste zu quälen, da wo er einem bösen Plane folgt, der ihn zu solchen Heucheleien zwingt, um die Neugierde der Menschen zu reizen, die in aller Art von Neuheit begierigen Menschen desto geschickter zu beherrschen. Das heißt übrigens, den Betrug wieder anfangen, indem man ihnen sagt, dass man sein Buch in einem andern Sinne annehmen müsse, als worinne es eigentlich geschrieben, ferner heißt das, die Vorurtheile berühmt machen, die man gegen weniger lächerliche Meinungen haben soll, wenn sie nicht strafbar sind; und wenn endlich auch sie auf den ersten Anblick nicht zum Aufruhr reizten, so könnten sie es doch leicht durch die Auslegungen der neuen Lehrer im Geistersehen werden, durch Umstände, in denen sich Völker befinden können, mehr oder weniger von solchen übernatürlichen Ideen angereizt. Alles hängt vom Augenblick ab, wo der Mensch die Meinungen zu benutzen weiß, die er oft selbst erzeugt hat. Wer weiß nicht, dass diese Königin der Welt, nicht anders, als auf ihren eignen Trümmern regiert, und sobald der Mensch neue Vorurtheile auf den Ruinen der Alten aufrichten kann, wird er gegen seines Gleichen feindselig gesinnt; er ist als denn wie ein Wunderthier, das seine Bewunderer verzehrt, er erstickt die, die er umarmt, er vertreibt die, die ihn entdecken könnten, er fürchtet, er hasse die, die ihm widersprechen. Zu allen Zeiten, unter jedem Himmelsstrich, im Schoße der Wildheit, und im Mittelpunkte des Lichts, das die gebildeten Jahrhunderte ihm darbieten, hat der Mensch nie etwas grausamer zu fürchten, als den Menschen. Wenn man alles durchgeht, bis zum äußersten dieses Haufens von Unflath, den man die Erde nennt, so wird man bald überzeugt werden, dass, unter welcher Breite der Mensch auch wohnen möge, unter welchen Gesetzen er auch lebe, so hat er keinen andern Freund, als ich selbst, kein anderes Glück, im Auge, als das seinige, kein andres Verdienst, um sich zu erheben, als eine tiefe Verstellung, keine andre Religion, als seinen Vortheil. Überall wird man ihn sehen der Unschuld des Rechts spotten, der Gleichgültigkeit oder gar den Hass alles Äußerliche der Freundschaft geben, mit besonderer Höflichkeit betrügen, mit Zeichen der Achtung seines Gleichen verderben, sie mit Anstand hintergehen: und wenn durch eine seltne Bewegung von Mitleid er ihm einige Hilfe bewilligt, so theilt sein Ehrgeiz zugleich mit den Wohlthaten die Beleidigungen, seine Frömmigkeit schwächet den Unglücklichen, indem er ihm die Hand reicht. Es ist also doch vergebens, dass man sich verstellen will. Der Mensch ist für den Menschen die unvermeidliche Strafe. Das Gewölke schwärzet den Horizont, und sagt das Ungewitter vorher. Ein unterirdischer Donner kündigt den Ausbruch der feuerspeienden Berge an. Die zitternde Erde, dass sie uns verschlingen will, der sich bewegende Rauch, eine Feuersbrunst: der Blitz aber, der aus den Händen der Menschen kommt, leuchtet und donnert nicht eher als im Augenblick, wo er zerschmettert. Er verbirgt immer mehr und mehr seinen Dolch unter dem Mantel der Freundschaft, bis er ihn in das Herz seines Schlachtopfers gestoßen hat. Nicht nur, dass die menschliche Natur so gemacht ist, sondern man kann tausend Millionen gegen Eins wetten, dass sie immer so gewesen ist und sich nie ändern wird. Kein Gesetz ist allgemeiner anerkannt, als das von der Bosheit, und wenn die Natur des Bärs und des Bibers sich nicht verändert hat, warum wollte man nicht haben, dass es in der unsrigen das nehmliche sei? Was hilft alle das Sprechen von der Waffe, die den Menschen vor seiner Degradation verliehen gewesen, von seiner gegenwärtigen Hülle, von seinem neuen Reiche, von seinen wahren Feinden und von hundert andern ebenso hohen Erkenntnissen, das alles wird weder seine Neigungen, noch seine Laster, noch seine Tugenden ändern. Ebenso gut könnte man einem Manne von 50 Jahren sagen, dass ihm die Hosen besser kleiden würden, die ihm seine Mutter in seiner Kindheit machen lassen, und zu einem Raubvogel, dass er sich seiner Klauen nicht bediene, um die unschuldige Taube in die Höhe zu heben.
Die Hitze von allen zu sprechen und die Eitelkeit alles erklären zu wollen, haben den Autor der Irthümer in fremde Fehler fallen lassen, wie man sich soeben davon überzeugt hat, und diejenigen, die uns zu untersuchen überbleiben, werden nicht weniger schwer sein. Er erzählt uns, was das menschliche Vermögen sei, aber er leugnet das Recht zu strafen, das der Richter unter dem Ansehen des Gesetzes ausübt, durch die Vernunft sagt er, ist es: „dass die geistige Natur nie das Recht körperlich zu strafen gehabt hat, welches der Richter unter Ansehen Gesetzes ausübt, durch die Vernunft, sagt er, geschieht es: dass die geistige Natur nie das Recht gehabt hat, körperlich zu strafen, und das selbst heute zu Tage aller Art von Ansehen beraubt, die auf keinerlei Weise die Gerechtigkeit ausüben kann, bis sie sie wieder in ihren ursprünglichen zustande komme; der Richter selbst kann nicht die Wahrheit in der Aussage der Zeugen erkennen, ohne die Hilfe dieses Lichts, das ich ihm anzeige. Hieraus schließt er, dass, nachdem er in seinem Werke erwiesen, dass die Menschen nicht rechtmäßig die politischen Körper durch die einzige Wirkung ihres Vertrags gründen können, dass auch ein Bürger seinen Bürgern nicht das Recht zu strafen übertragen könne.“ Man sieht, dass diese Idee ganz natürlich dahin führe, die Bande der Gesellschaft zu zerreißen, die Gesetze zu verachten, die Obrigkeit, die die Werkzeuge sind, zu beleidigen und aus dem Volke eine Bande Straßenräuber zu machen, die man nicht das Recht habe in Verhaft zu nehmen. Nach diesem schönen Schlusse, sagt der Autor, dass, wenn jemand durch andre Grundsätze das Werkzeug des Gesetzes sei, und über das Leben des Menschen Urtheile, so geschähe solches durch ein ehrwürdiges Recht, und dass er hierzu ein Licht habe, das seinen Gang auf Gerechtigkeit und Billigkeit leite. Es scheint außer Zweifel, dass uns unser Thaumaturg durch diese ärgerlichen Worte will zu verstehen geben, die Theocratie sei die einzige gesetzmäßige Regierung, die das Recht über Leben und Todt habe, weil die Priester für solche gehalten werden, die göttliche Eingebungen haben, für die Werkzeuge im Augen der Thoren, für die Austheiler der Gnade des Lichts und der Kraft. Aber wo ist dieses Licht? Wer hält die Fackel, von welcher es ausgeht? Wo ist der, dem sich Gott in unsern Tagen mittheilet? Ach durch welche Merkmale! Durch welches Wunder wird man uns den Gerechten, den Weisen kennen lernen, zu dessen Füßen alle Könige der Erde ihre Krone und Zepter niederlegen werden, alle Gesetzgeber ihre Befehle, alle Obrigkeiten den Vorrath guter oder böser Gesetze, die den Leidenschaften derer zum Zaum dienen werden, die keinen andern erkennen? Heißt das nicht des Publikums spotten, wenn man es ernsthaft mit solchen abgeschmackten Geheimnissen unterhält? Jedermann weiß, dass die Menschen nichts anders sind, als was man aus ihnen durch die Erziehung macht, dass das einzige Mittel sei sie besser zu machen, wenn man sie unterrichtet, dass wenn man sie gerecht haben will, man ihnen Begriffe von der Gerechtigkeit geben müsse; nicht Begriffe aus dem siebenden Himmel genommen, indem allgemeinen Urbilde, in dem maurerischen oder göttlichen Gedritten, sondern aus den Beispielen des Unglücks, worinne der Missbrauch der Unwissenheit die Gesellschaften gestürzt hat; denn das Unglück der Menschen hat nur zwei Quellen; die Unwissenheit und den Aberglauben. Wenn es weniger Unwissende gibt, so wird es auch wenige Betrogene geben. Es ist schon lange her, dass man gesagt hat: wenn die Menschen in Ansehung ihrer Vortheile wahrhaft aufgeklärt wären, so würde die Rechtsgelehrsamkeit überflüssig sein.
Sollte man nicht, wenn man dem Autor folgte, unter das Priesterjoch wieder zurückkommen, unter das Joch dieser Schwärmer, welche die Erde auf alle mögliche Art betrogen haben, und die im Namen Gottes alle diejenigen erwürgten, die nicht so wie sie dachten? Muss man, um ihm zu willfahren, Richter wählen, die mit den Engeln in Gemeinschaft stehen, welche prophetische Erscheinungen zu haben glauben, die durch diese Mittel die Wissenschaft von Gott und von der Natur, die Geheimnisse einer geheimnisvollen Theologie, die sie nur ihren Proselyten unter den fürchterlichsten Eide kund machen: und diese Bekanntmachung ist nichts weiter als eine fortgesetzte Allegorie der Chemie und der Medizin, davon sie sich rühmen, alle Geheimnisse zu besitzen. So betrogen also die Bonzen die schwachen Chineser, indem sie ihnen das Getränk der Unsterblichkeit ankündigten, welches mit ihrer verborgenen Wissenschaft bedeckt war; so machten die Rabbiner den Hebräern die Wunder glaubend, die Mosen von Gott selbst geoffenbaret, da er ihm das Gesetz auf dem Berg Sinai mündlich gegeben, welches ihm dieser Gesetzgeber nur durch einen mündlichen geheimen Unterricht vertraute und so haben denn endlich in allen Jahrhunderten die Gaukler, Charlatans, Wahrsager, Zauberer, Alchemisten und Philosophen, denn es gibt solche von allen Arten, mehr oder weniger Einfluss gehabt. Bald hat man, so wie der Autor der Irthümer und Wahrheit, die alten Bezauberungen und die veralteten Thorheiten wieder erneuert, die Bibel zum Zeugen der Wahrheiten genommen, die man den Menschen vorgelegt, und woraus man die Allegorien geschöpft, Lehrsätze des Narrenhauses würdig, die man für Regeln der Weisheit ausgegeben: und bald hat man uns von der Wissenschaft vorgeredt der Chaurnier, Mescuphiner, Carthumier, Asophiner, Easdiner x. Einige lasen die Zukunft durch Sternsehen, andre erriethen die verborgenen Geheimnisse in geschriebenen Sachen; es waren Zauberer, welche die Augen verblendeten, die allgemein heilten, Verkäufer der Unsterblichkeit, die aus den Kräutern vermischt mit dem Blute der Opferthiere weissagten. Man würde nicht aufhören dürfen, wenn man ein Verzeichnis solcher Personen liefern wollte, die ihr Ansehen oder ihre Reichthümer auf vorgegebene Entdeckungen gebaut, die alle aus dem grenzenlosen Ozean menschlicher Thorheiten geschöpft haben. Was unsre Eigenliebe am meisten demüthigt, ist, dass alle diese Irthümer ihre Märtyrer gehabt haben, fast allen ist‘s nach ihren Gefallen gelungen, wenn sie sich Prophet nannten, bei einigen ist ihre Unwissenheit und Ungeschicklichkeit in der Art zu betrügen, die Ursache gewesen. Wir wollen unsere Augen von so vielen Beispielen der Treulosigkeit wegwenden und zu dem wichtigen Artikel übergehen, wo der Autor von dem Rechte des regierenden Herren und von Heilung der Krankheiten handelt.
In dem unermesslichen Schatze abgeschmackter Dinge, die dieser Schriftsteller unter dem Titel des größten Betrügers in Ordnung oder Unordnung gebracht, ist nichts lächerlicher als da, wo er von Axiomen redet, von Mathematik, Apothekerkunst, von Krankheiten der Haut und von dem schönen und ehrbaren Vorrechte, so die regierenden Herren haben, die Apotheker ihrer Unterthanen zu sein, sie statt der Gerechtigkeit mit Lavements zu bedienen; sie werden sich wohl hüten, jemand auf die Galeeren zu schicken oder ihn auf die Schulter zu brandmarken; die Könige werden sich künftig begnügen, den Straßenräubern ein gutes Pflaster aufzulegen, von den Specereyen zubereitet, die ihnen durch das gute Princip geoffenbaret worden. Auch ruft der Autor in Hitze seines Eifers aus: „Man sieht, was aus der Medicin unter den Händen einer Menschen werden würde, der in die Rechte seiner Abstammung wieder eingesetzt, er würde sich selbst eine heilsame Thätigkeit zu allen Hilfsmitteln, und dadurch untrügliche Kuren verschaffen, wenn immer die wirkende Ursache davon er das Werkzeug, nicht den Befehl hätte anders zu disponieren“.
Man kann aus diesen letztern Worten üble Folgerungen ziehen. Wenn dieser Autor nicht willens ist, einen Oberherrn dadurch anzuzeigen, wenn er im Grunde seines Herzens auch unschuldig ist, so ist er es doch nicht in Ansehung seiner Schreibart: denn welches ist die wirkende Ursache? Nach den Grundsätzen, die er uns liefert, das ist: nach seiner allgemeinen Unvernunft ist er geneigt zu glauben, dass es Gott oder die Natur ist; aber weder Gott noch die Natur können Befehl erhalten; nach dem Sinne des Autors ist es die wirkende Ursache, die nicht den Befehl hat. Bekommt sie solche von einer nicht wirkenden Ursache? Das Haupt der Martinistischen Beobachter, sollte es die wirkende Ursache sein, das den Befehl hätte oder nicht hätte, einen Kranken zu heilen, einem Clystiere eine heilsame Wirkung zu geben? Es ist klar, dass der regierende Herr, der Apotheker oder Arzt geworden durch die Gnade des großen Princips, hier das Werkzeug der wirkenden Ursache sei, aber alsdann ist diese nehmliche Ursache nichts als der Unterbefehl, folglich handelt er von einem wirkenden Haupte, das der Autor nicht für dienlich findet anzugeben, oder was uns noch wahrscheinlicher scheint, ist, dass er nicht weiß, was er sagt.
„Ein Souverain soll die Eigenschaften der körperlichen Wesen kennen, sagt er, so wie ihre Unordnungen, und alsdenn wird er in Anwendung des Mittels sicher sein, wenn man aber stattdessen, mit Begierde die flüchtigen Principen der Arzeneykörper sucht, und man vernachlässigt den Gebrauch der bestimmten Principen, davon die Nothwendigkeit allgemein ist, so wird man eher zerstören als erhalten. Diese Apothekerkunst ist nichts wert; sie bringt in Verwirrung und brennt statt zu beleben, sie beruhigt nicht anders als durch verzehrende Arzeney; mit einem Worte: es ist nicht die Medicin des Weisen.“
Bravo mein Freund! bei Gott! Wie medicinisch sprechen Sie! Man sieht, dass sie alles, unsern Körper und unsere Seele zusammen heilen wollen. Sie haben also die Medicin des Weisen? Warum aber führen sie denn das Gespräch eines Narren? Die Gabe vernünftig zu reden, muss nicht unter den unschätzbaren Geschenken verstanden sein, die ihnen das gute Princip gemacht hat? Und gewiss ist es schade; sie wären wohl gefährlicher geworden, wenn sie vernünftig gewesen, doch, was sage ich, sie hätten ja sodann nicht so viele Possen geschrieben. Sie hätten nicht versichert, dass die Geometer und Mathematiker nichts als Unwissende wären, die nicht genug auf die Axiomen zurückgingen. Diese Axiomen sind die 3 Personen der Dreieinigkeit. Gott ist das erste Axiom x.
Es ist keine kleine Arbeit, sie mein Herr! zu errathen, den Doppelsinn ihrer widersinnigen Sätze, den Widerspruch ihrer Ideen und den Wortstreit in ihrer Schreibart. Wie ist die Gevierte geometrische Progression für das Princip des Lebens der Wesen, zu halten, wenn sie die Geometrie leugnen? Ey, mein lieber Schwarzkünstler, räumen sie nur ein, dass ihre Fabeln nichts als Fabeln sind.
Man muss einem jeden die Freiheit lassen, die Zeichen und die Rechnungen der Geometer anzuwenden, wie er es versteht. Niemand wird für den Himmel würdiger werden, weil er weiß, dass die Zahl der Action 4 und die der Größe 9 ist, nach den kabbalistischen Principen; noch weniger, dass dieses ein neuer Wegzeiger nach diesem Lande sein sollte, den die Theologen seit kurzem entdeckt haben.
Was uns wichtiger scheint, ist, zu wissen, was wir auf der Erde für unsere und unserer Nebenmenschen Glückseligkeit halten sollen, so weit die Gesetze der Gesellschaft und unsre schwache Natur es erlauben. Ich zweifle, dass weder durch den Umkreis noch weniger durch die gerade Linie jemals ein König lernen werde besser zu regieren, oder ein Kaufmann vortheilhaftere Speculationen zu machen, oder die Ärzte, wie sie ihre Kranken nicht mehr um das Leben bringen sollen.
Was kümmert es uns, dass der natürliche Zirkel auf einmal wachse, dass er alle die Theile des Umkreises erfülle; dass wir Ungleichheiten in den körperlichen Formen bemerken, weil sie nichts als Vereinigungen machen; und dass mit den Augen unsers geistigen Vermögens diese Ungleichheiten verschwinden, und wir überall die nämliche Kraft und die nämliche Macht sehen, dass wir fühlen, dass die Action des Princips voll und gleich sei? Immerhin, ich räume ein, dass dieses Geschwätz mit der Philosophie des Herren Doctors übereinstimmend sei. Worinne bin ich glücklicher und besser unterrichtet, ob das so oder anders ist?
Welche elende Umschreibung, um uns zu sagen, dass alles in Gott ist, dass unsere Handlungen in seinen Händen sind; dass Gott der Zirkel ist, und dass er in allen Punkten den Umkreis berühret, das ist: dass er beseelt und macht, dass sich alle Theile bewegen.
Das Sonderbarste von allen ist, dass unser Hermes schließt, dass, weil der Widerstand dem allgemeinen Drucke gleich sei, alle kindischen Systeme des großen Newton durch die hohe Wahrheit zernichtet werden sollen, die uns der Autor ankündigt, aus der Ursache, setzt er hinzu, weil der Zirkel nicht anders gebildet ist, als aus den Triangeln. Hier ist der Fall, wo man ausrufen kann; ach! wie schön ist das. Wohlan mein lieber theologischer Harpocrates, wenn sie noch keinen Lehrstuhl eines Professors der Narrheiten haben, so rate ich ihnen, einen von alten Albernheiten zu nehmen, sie haben viele Mitbrüder und könnten der vornehmste Mann in der Welt für die Argumente wider die Gewissheit und den gemeinen Menschen- Verstand werden; es kann nicht fehlen, dass ihnen dieses einen großen Vorteil verschaffen würde, denn ihr Buch hat viele Partheigänger gefunden.
Indem er den regierenden Herren und ihren Stellvertretern das Recht zu strafen streitig macht, will sie unser hermetische Philosoph dieser Beraubung wegen durch das Vorrecht wiederum schadlos halten, welches er ihnen erteilt, die Krankheiten ihrer Untertanen heilen zu können. Wahr ist es, dass er die Universal-Arzenei auf eine einzige Wirkung zurückbringt. Das Sammlen was gehteilt ist, und theilen was gesammlet ist. So wie er die Regeln abkürzt, so ist er auch im Vorrechnen unser Gebrechen nicht weniger kurz. Wir sind unter seiner Feder so glücklich, nicht mehr als drei Krankheiten zu haben. Wenigstens ist das tröstlich, und ich rathe nun, die medicinischen Wörterbücher ins Feuer zu werfen, die uns aus lauter Charlatanerie mit mehr als tausend Ungemächlichkeiten bekannt machen. Um diese hohe Art zu heilen, vorzutragen, hat er kein andres Geheimnis als folgendes: „Der allgemeine Grund geordnet den Menschen und die Wesen zu regieren, ist auf einmal wirksam, verständig; es ist kein Theil der Wissenschaften und Kenntnisse, den er nicht umfasse; das ist hinreichend, um sehen zu lassen was man hoffen kann, wenn man durch ihn regiert wird. Man würde daher keinen Fehler begehen, wenn man sagte, ein regierender Herr, der dieses Licht zum Wegweiser hätte, würde die wahren Principen des Körpers oder die drei Grundelemente erkennen, davon wir im Anfange dieses Werks geredet haben.“
Man sieht wohl, dass es einem Fürsten, so eingeschränkt als man ihn auch annehmen will, unmöglich ist, nicht Arzt zu sein, wenn er diesen schönen Satz gelesen hat. Das macht auf der Stelle Lust, das Gewerbe des Hippocrates zu treiben. Die Lehre ist so kurz, so helle, dass man gleich weiß, woran man sich in Ansehung der Universal-Arzeney zu halten hat. Der Leser wird vielleicht glauben, ich scherze, denn er wird sagen, dass er nichts versteht. Aber Geduld, ich will euch erklären. – – – Ihr wisst, dass es ein Feuer gibt – – – ey gut, dies Feuer – – – auf dreierlei Art – – – wie die übrigen drei Elemente: unterdessen, so ist es nicht das nämliche – – – es ist – – – es ist – – – ach! da bin ich. Es ist, dass das innre geschaffene Feuer, das obere fruchtbare Feuer und das untere Feuer verzehre. Ihr versteht mich, nicht wahr? – Nein, bei meiner Ehre nicht. So habe ich niemals auf der Universität zu Montpellier, noch in der königlichen medicinischen Gesellschaft zu Paris sprechen hören. – In der That, sie haben etwas stumpfe Begriffe. Ich will ihnen das viel besser sagen, – – – zum Beispiel: nehmen sie von dem innern Salz, und es wird Gährung erregen; nehmen sie von dem obern, es wird erhalten; nehmen sie endlich von dem untern, so wird es zerfressen. Nun wohl, ich sehe, sie haben mich verstanden. Geschwind ziehen sie das Kleid eines Arztes an, und suchen den König von Frankreich auf, er hat gegenwärtig viele Kranke, legen sie ihm das Geheimnis vor, das ich ihnen vertrauen will, und ihr Glück ist gemacht. – Einen Augenblick, hören sie noch einige wichtige Worte mit an. Vergessen sie nicht, dass der Mereur so wie die Salze und das Feuer ist: dass er die allgemeine Eigenschaft hat, zwischen den beyden gegenseitigen Principen einen Zwischenrang zu behaupten, und dass er zwischen beyden den Frieden wieder herstellt; unterdessen, wenn er sie in den nehmlichen Zirkel einschlösse, so würde er die Quelle der größten elementarischen Unordnungen werden. Gehen sie sogleich; sie besitzen nun etwas, womit sie das Glück aller Potentaten der Erde machen, und mit lauter Gesundheit alle ihre Unterthanen ums Leben bringen können.
Ein Lustigmacher, wenn er dieses liest, wird vielleicht glauben, dass ich eine Parodie machen und mit der Hoheit meines Gegenstandes Scherz treiben wollen: ich bitte, von dem allen nichts zu glauben, da ich aber zwischen Verdruss und Scherz zu wählen hatte, so habe ich mich für das letztere erklärt, weil ich sahe, dass das Resultat der Betrachtungen dieses großen Philosophen nichts als lächerliche Erklärungen waren. Wenn man glaubt, dass ich Unrecht gehabt habe, so zu sehen, so bin ich strafwürdig. Lassen sie uns unterdessen versuchen, uns auf die Art zu rechtfertigen, dass ich den Schlüssel zu seinem Geschwätze gebe.
Durch das innere Feuer welches schafft, versteht der Autor die Handlung, wodurch er seines Gleichen hervorbringt, – das äußere Feuer welches fruchtbar macht, ist Gott, der die geistige Seele zur materiellen Erzeugung des Menschen gibt – das äußere Feuer, welches verzehrt, ist die Hölle: denn das ganze System dieses Schriftstellers ist auf die Lehrsätze des Christenthums gegründet, es sei nun, dass er die Schrift den Buchstaben nach oder dass er sie in einiger Rücksicht als Allegorie annehme. Seine Begriffe von Mercur sind aus den alten Träumern dieser Art der Untersuchung, genommen. Sie sagten, in dem Mercur sei alles was die Philosophen suchen, dass aus eins sich zwey bilde und aus zweye, eins. Sein Grundsatz zu heilen um zu sammlen und umgekehrt, erklärt sich auf die Art, dass es immer sei eine von den Zahlen 3, 4, 7 oder 10. Ich bin durch diesen Gegenstand genöthigt, hier mich etwas mehr auszubreiten, welches man, wie ich glaube, mit Nutzen lesen wird, weil es zu vielen Artikeln den Schlüssel gibt, wovon es mir nicht nothwendig schien, weitläufig zu reden und welcher Schlüssel überhaupt die Versuche Grundsätze und Erscheinungen dieses besondern Schriftstellers anzeigen wird.
Die Elemente in die Ausdrücke: das große Werk, die Universal-Arzeney theilen, ist, sie reinigen und vereinigen, um eine Quintessenz zu bilden, die die 4 Elemente einschließt, die 3 Reiche und die 3 Principen, welches die Zahl 10 bestimmt. Der Philosoph Hermes drückte sich über diese Materie so aus: „Fange im Namen Gottes an und lerne die Natur unsrer Arzeney kennen, denn sie kommt von der Wurzel ihrer Materie her, weil sie von dieser Wurzel ist, und in dieser Wurzel, und nichts dringt in sie hinein, das nicht von ihr hergekommen und nicht herausgegangen.“ Zu unserm Unglück sind diese Herren nie anders zu sprechen gewohnt. Das bedeutet doch, dass man den Geist Gottes kennen muss, der bei der Schöpfung auf den Wassern schwebte; es ist das Wort, welches Fleisch worden ist, es ist Adam und Eva, die man vereinigen muss, um einen Sohn im Stande der Unschuld zu haben. Es ist die Wohnung aller himmlischen Reichthümer; das Labyrinth mit 7 Thoren, die Schlange mit 7 Köpfen, der Leuchter mit 7 Armen, der Himmel mit 7 Planeten, der Brunnen der 7 Metalle, die Lust der 7 Gaben der Weisheit und des Lichts, die Kugel der 7 Geister, der Feuerheerd von 7 Erleuchtungen, die Zauberlaterne der 7 natürlichen Verrichtungen, die Schachtel mit 7 goldenen Phiolen, wohlriechenden und heilenden Rauchwerks, das Buch des Lebens x.
Diese siebende Zahl ist sehr geheimnisvoll, wie man so eben sieht: Die hermetischen Philosophen machen ein großes Geheimnis von 3, denn die 3 und 4 machen in allen Ländern 7 aus. Man findet sie in der Schrift durch viele Fälle geheiligt. Gott schuf die Welt in sechs Tagen, und ruhete den siebenden. Wir haben von den Hebräern den Sabbat angenommen, den siebenden Tag der Ruhe, die hatten noch überdies das siebende Jahr zur Ruhe des Erdreichs. Bei den Propheten wird oft eine Woche für sieben Jahre angenommen. Jacob diente sieben Jahre lang seinem Stiefvater Laban für jede seiner Töchter; der geheimnisvolle Traum des Pharao stellte ihm sieben fette und sieben magere Kühe vor, sieben volle und so viel leere Ähren bedeuten die sieben Jahre der Unfruchtbarkeit.
Da sehen wir einen großen Theil der Quellen, aus denen der Autor der Irthümer und Wahrheit seine Zahlenlehre geschöpft hat, und nach ihm hundert andre, die uns ebenso wie er, diese berühmte Wissenschaft überliefert haben. Die Rosenkreuzer von Entdeckungen angesteckt, die man durch die Hilfe der Ziffern machen kann, wenn sie auf verschiedene Art zusammengesetzt werden, haben nicht immer die Religion zum Gegenstand ihres großen Werks gemacht, und folglich stützten sie sich auch nicht auf die Schrift; ihre Versuche waren sehr weltlich, sie sagten uns aber ganz ernsthaft, dass alle menschliche Kenntnisse aus der Zahl 7 zusammengesetzt, wegen der sieben Weltalter, der sieben edlen Theile des Menschen, der sieben Noten in der Musik, der sieben Farben, der sieben Metalle, dass von der Gemeinschaft mit 7 unser ganzes Leben abhänge. Sobald zum Exempel das Kind den Tag sieht, zeigt die siebende Stunde die Dauer seines Lebens an, denn wenn es der Luft ausgesetzt ist, und ohne Schwierigkeit Athem holet, so wird es leben. Ist der siebende Tag verstrichen, so wirft es das überflüssige seines Nabels weg. Viermal 7 ist eine vollkommne Quadratur.
Es schien mir nöthig zu sein, in dieser Stelle die scholastischen Thorheiten zu wiederholen, davon den Menschen, die man mit dem ehrwürdigen Namen Philosoph belegt hat, ihr Gehirn angefüllt ist, um den Lesern zu zeigen, wie viel Vertrauen man solchen Werken beilegen könne, die über ähnliche Grundsätze mitgeheilt worden. Lange Zeit vor dem Autor der Irthümer und Wahrheit und selbst noch vor den heiligen Büchern, hatten die Alten von der Universal-Panacee geredet, von drei Principen der Krankheiten, dass man heilen könne mit dem Extrakte der Elemente, von welchen sie ihren Ursprung herleiteten. Das ist, dass man das Fleisch durch das Salztheile, das Blut mit Schwefel und die Knochen mit dem Merkur. Aber dieser gegenwärtige Adept hat in seinen Resultaten die Principen von den Elementen, für die Elemente selbst angenommen. Denn nach deren Schule, die den Stein der Weisen suchen, kommen die Knochen mit dem Salz überein, und das Fleisch mit dem Merkur.
Wenn es aber wahr wäre, dass nur drei Principen in den Werken zu finden, die von der Natur zusammengesetzt, so wie nach des Autors Meinung nur dreie für die Krankheiten sind, so müssen sie den drei Principen der Gesundheit gleich sein, weil diese, um in der unverständlichen Sprache dieses Lehrers zu reden, nichts als die Übereinstimmung des allgemeinen Gedritten ist. Ich frage nun die Partheygänger dieser schwärmerischen Ideen, ob diese Regeln von den Alten vorgeschrieben sind, aus den Allegorien genommen, die man in der Schrift findet, oder endlich aus den medicinischen Sätzen des Esculap, ich frage, sag ich, ob diese Regeln mit Dunkelheit, mit Unvernunft gefällt, durch die Vorurtheile der Überlieferer entstellt, durch deren Hände sie gegangen sind, um bis zu uns zu kommen, ob solche mit einer gewissen Zuversicht können angekündigt werden, der Verirrung des Menschenverstandes würdig, die das Lehrgebäude der Irthümer und Wahrheit zusammengesetzt? Welche tolle Verwegenheit ist es nicht, uns ein Studium vorschreiben zu wollen, dass über unsere Kräfte reicht, in der Hoffnung uns zu betrügen. Anzukündigen, dass ein Fürst alles anwenden müsse, um die Eigenschaften des Merkurs, des Salzes, des Schwefels kennen zu lernen, und dass er mit diesen Kenntnissen und dem Lichte des großen Princips die Krankheiten aller seiner Unterthanen heilen werde. Wahr ist es, die Priester haben ehemals mehrern regierenden Herren glaubend gemacht, dass sie durch Anrühren die Kröpfe der Bettler heilen könnten, man weiß, in welche Verachtung solche lächerliche Possen verfallen sind; man muss aber an nichts zweifeln, die Vorurtheile sind die Nahrung des Pöbels, und das Annehmliche, so die Charlatans ihm darreichen, ist zu der groben und unwissenden Begierde so geschickt eingerichtet, dass seine Wirkung beynahe immer untrüglich ist. Im vorbeygehen wollen wir bemerken, dass der Aberglaube, der dem Despotismus so sehr behilflich gewesen, ihn unter seine Gesetze gebracht, und dass aus dem Schoße dieses fruchtbaren Bundes, der alles Üble der Menschheit angesponnen, der Sieg der Liebhaber des Aberglaubens allezeit emporgekommen; worüber man sich nicht wundern darf. Die Vernunft war das Erbtheil sehr weniger Einzelnen, die Zahl derer die einige Fortschritte in den Kenntnissen machen, die uns zweifeln lernen, wird zu jeder Zeit die kleinste sein; was man sehr gut weiß, ist, dass die Diener aller Religionen ihre ganzen Kräfte angewendet, um die Theile zu erhalten, die ehemals ihr Ansehen aufrecht hielten; sie gaben sich überall für Vertraute der Götter aus, für Weise in der Wahrsagerkunst, und unterrichteten sehr leicht die Menschen nach ihrer Meinung, die zu furchtsam und unwissend waren, um solche zu bestreiten. Heut zu Tage wiederholen sie die nämlichen Ungereimtheiten nur in andern Ausdrücken, und der Autor der Irthümer und Wahrheit ist nichts anders als ein Theologe, der im Studio metaphysischer Zusammenfügung, in verwegenen Principen einer betrügerischen Philosophie in unzähligen Irthümern alt geworden, worinne die Ausleger der heiligen Schrift oder der eingebildeten Geheimnisse gefallen, die die Natur keinen mittheilt, wenn er nicht selbst ein Professor dieser betrüglichen Wissenschaft ist.
8.
Es ist nicht zu bewundern, dass man sich zuweilen betrügt, da man immer beschäftigt ist andre zu betrügen. Dieses zu beweisen wird nur leicht sein, wenn ich den Satz durchgehe, wo unser Doktor von der immateriellen Bewegung redet. Schon allein dieser Titel würde lächerlich sein, wenn er nicht auch zugleich ein offenbarer Widerspruch wäre, denn wie soll man begreifen, dass etwas unmaterielles sich bewegen könne? Aber er geht noch weiter, und gewöhnt alle seine Ideen unter einander zu werfen, so wie die Worte, die den Sinn anzeigen sollen, unterweist er uns in folgenden Ausdrücken: „Man kann mit Gewissheit sagen, dass, ob schon man Ausdehnung ohne Bewegung verstehen könne, es unwidersprechlich ist, dass man Bewegung ohne Ausdehnung verstehen könne, weil das Princip der Bewegung, es sei nun sinnlich oder geistig, außer der Ausdehnung ist.“ Vor allem wollen wir die pedantische Verwegenheit nicht vergessen, mit welcher dieser Geisterseher die Worte Gewissheit und Unwidersprechlichkeit anwendet, um die tollste Lüge anzukündigen, die man jemals in der Naturlehre gemacht hat: Will man sodann diesen weisen Herren noch trauen? Übrigens ist es hier nichts als eine petitio principi, eine Wortstreitigkeit. Der Autor wiederholet, was er in seinen Artikel über die angebohrnen Kräfte bereits gesagt hat. Ehe wir seine Unwahrheit betrachten, wollen wir den Schlüssel zu dieser abgeschmackten Stelle liefern.
Sein Zweck ist so zu erklären, dass Gott, ob er gleich immer wirkt, doch keinen Punkt in der Ausdehnung einnehme, und dass er das Princip der Bewegung ist, ohne bewegt zu sein. Es ist gewiss, dass wir nicht wissen, was Gott ist, dass wir nicht den Platz wissen, den er behauptet; aber diese Unwissenheit hebt die Schwierigkeit nicht, ein Wesen zu begreifen, das der Materie Bewegung gibt, ohne sich in etwas zu theilen, ohne einen Punkt in den materiellen Raume einzunehmen. Fürs zweite erlangt er in dem nehmlichen Sinn, dass die Seele, welche uns körperlich, immateriell, ihrer Natur nach frei, die Freiheit hat, sich ohne unsere Gemeinschaft zu bewegen, und da man nicht weiter weiß, was unsere Seele ist und wo eigentlich ihr Platz in unserer armen menschlichen Maschine sei, nicht weiß, wo das geheime Zimmer des ewigen Vaters ist, noch von welcher Materie derjenige gebildet, der diese Materie gebildet hat, so hat man gesagt, unsere Seele sei ein Athem, ein feiner luftiger Geist, welcher weder Ausdehnung noch Größe hat, und hat hieraus geschlossen, dass sie sich auch in unserm Körper bewege, ohne den geringsten Platz einzunehmen. Diese schönen theologischen Träume haben in der geistigen Seele des Autors der Irthümer und Wahrheit, die kostbare Entdeckung von der immateriellen Bewegung ans Licht kommen lassen.
Gegenwärtig müssen wir das Thörichte widerlegen, womit er sein metaphysisches Undeutsch ausgeschmückt hat. Die sinnliche Bewegung sagt er, kann ohne Ausdehnung verstanden werden. Viel leichter würde man eine beständige Ruhe als eine Bewegung ohne Ausdehnung verstehen, aber weder das eine noch das andre ist vorhanden. Wir wollen zur Sache kommen. 1) Es sei nun die Handlung selbst oder die Wirkung der Handlung, welche untheilbar ist, so muss nothwendig Ausdehnung in der Handlung oder in der Wirkung sein; 2) Die Handlung ist nie ohne Bewegung, oder um mich besser auszudrücken, die Handlung und die Bewegung sind nichts als die nehmliche Sache: daher kommt es, dass ein Körper, der in der Ruhe ist, sich zu bewegen anfängt, sobald er anfängt zu handeln.
Es ist unbegreiflich, dass so einfache Begriffe, so leicht zu begreifen, so mit Wahrheit übereinstimmend, sich nicht dem Geiste dieses Schriftstellers dargeboten, und ihm im Voraus zu erkennen gegeben, dass er selbst die Waffen geliefert habe, um sich des Betrugs überführen zu lassen. Aber was kann nicht die Begeisterung eines Systemmachers thun? In seinem zweydeutigen Styl eingehüllt, glaubte er vor Kritik geschützt zu sein, glaubte dass die natürliche Trägheit der Menschen eher eine Erscheinung annehmen werde, als dass man sich jemals Mühe geben sollte, solche zu entschleiern. Allein er hat sich betrogen, welches allen heutigen Gauklern zur Nachricht dient.
Wer hätte aber jemals glauben können, dass der Autor z. B. unter den Titel der zirkelrunden Linie von der Erzeugung und Wiederhervorbringung der Wesen gehandelt habe? Nichts ist unterdessen gewisser als das. Er fängt sogleich an, seinen Lesern einige neue Sachen anzukündigen, die ungewöhnlich sind, die aber zu bekennen er sich nicht entbrechen kann. Man erwartet hier etwas wunderbares, allein ganz und gar nicht, die Neuheit besteht bloß darinne, die grade Linie zu leugnen, und hier ist ein Beweis: „Die materielle und ausgedehnte Natur kann nicht anders gebildet sein als aus Linien, die nicht grade sind; oder welches das nehmliche ist, dass es nur die runde Linie, welche körperlich und sinnlich sei ; überhaupt es gibt keine grade Linie in der Natur.“ Was werden hierzu die Freimaurer sagen, und wie wird ihre senkrechte Linie, ihr Dreieck und Viereck werden, lang oder kurz? Keine dieser Figuren kann ohne Hülfe mehrerer graden Linien gezeichnet werden, folglich sieht man nun die vornehmsten maurerischen Sinnbilder, auf nichts gebracht. Wie kann man sich nun einbilden, dass diesem Geständnisse zu Folge, das Buch der Irthümer und Wahrheit x. für die Maurer geschrieben sei? Bei den Liebesmahlen (les agapes) der xxx, beiden feierlichen Gastmahlen der größten Landeslogen (les plus grands Orients) thun daher der Meister vom Stuhl und die Aufseher nicht wohl, die Kanonen und Feuermörser gerade zu richten, sondern sollten unsern Trismegist zu gefallen alle diese Kleinode und Gerätschaften in halben Zirkel stellen lassen. Da sehen wir den scherzhaften Mann! Wir wollen nun zu der Zirkellinie übergehen. Ich bin genötigt, hierbei seine eignen Worte abzuschreiben, man könnte sonst glauben, ich verunstalte seine schönen Sätze nur aus Bosheit auf seine Unkosten ein wenig Lachen zu können. Wir wollen daher sogleich diesen Propheten selbst hören: „Wenn die Beobachter solches etwas näher untersucht, so hätten sie längst eine Frage aufgeworfen, die aber noch nicht deutlich von ihnen entschieden; zu wissen nehmlich, ob die Erzeugung und Wiederhervorbringung sich durch Eier bilde, oder durch Würmer, oder durch Samenthiere: sie hätten dann gesehen, dass nichts ohne Hülle, oder da alle Ausdehnung, zirkelförmig, dass alles Wurm sei.“
Der erste Satz des weißen Autors der Irthümer und Wahrheit x. ist für keinen als für die Freimaurer und Geometer von Wichtigkeit; der zweite Satz aber intressiert die Naturforscher, Ärzte, Zergliederer, Geburtshelfer und Liebhaber; alle zusammengenommen, denn vor allen wäre es doch gut zu wissen, ob man statt eines Knaben oder Mädchens einen Wurm oder ein Ei gezeugt habe.
Im Übrigen haben wir schon so viele Lehrgebäude über die Erzeugung sowohl als über die Natur der Seele, und deswegen sieht man doch nicht deutlicher, wie man ein Kind gezeugt, eben so wenig als man dessen Seele sieht; und so viel ist gewiss, je weniger man eine Sache kennt, desto mehr ist man gewohnt, darüber zu urtheilen. Harvey hatte, noch ehe der zirkelförmige Herr Doktor aufgetreten, gesagt: omnia ex ovo. Wenn der Jesuit Mehedam noch lebte, so würde er für die Würmer sein, weil er Aale machte, und eben dadurch, dass er Onanie trieb, einen Haufen kleiner mit vieler Lebhaftigkeit schwimmender Thiergen entdeckte; da aber ein todter Jesuit nicht mehr sprechen kann, so können wir auch seine Meinung über die Würmer nicht wissen. Der berühmte Büsson würde sich für die zirkelförmige Linie erklärt haben, denn er wollte, dass wir aus organisierten kleinen Theilen gebildet sein sollten, die etwas rund wären. Übrigens hätte er ganz gewiss unsern Herrn Doctor die Eier auf der Nase entzwei geschlagen. Nach diesen großen Männern, wagen wir nicht unsre Meynung über diese Geheimnisse anders als mit der größten Behutsamkeit vorzutragen, und schränken uns bloß darauf ein, dass Haller und Spallanzoni schienen bewiesen zu haben, der Embryo sei wirklich da, noch vor der Befruchtung in den Eiern der Vögel und durch Analogie auch in den Weibchen, dass das Wesen des Samens nothwendig zur Fruchtbarkeit gehöre, und dass unendlich wenig hierzu hinreichend sein könne. Aber wie ist in diesem Lehrgebäude die Ähnlichkeit der Maulesel mit ihren Vätern zu erklären? Wie bildet sich dieser Embryo und dieses Ei in dem Weibchen? Wie wirket der Same auf diesen Embryo? Das alles ist es, was man nicht weiß. Der Autor der Irthümer und Wahrheit könnte uns wohl davon unterrichten, er, der alles weiß. Wenigstens werden aus den Samenthieren nicht mehr weder Menschen noch Kaninchen werden, dank sei es der Zirkellinie, die uns aus dem Eye hervorgehen lässt.
Es bleibt nur noch eine Schwierigkeit übrig, zu wissen nehmlich, wie die Zirkellinie die grade Linie vernichten könne? Es ist eine der größten physischen Irthümer, so uns der Autor in seinem Werke eröffnet, welches der Wahrheit geheiliget sein soll, ich werde ihn aber durch seine eignen Grundsätze überwinden.
Wenn alles in der Natur zirkelförmig sein soll, so muss auch ein Mittelpunkt sein; wenn ein Mittelpunkt ist, so muss ein Strich existieren, so klein man sich ihn auch einbilden möge, folglich eine grade Linie. Es kann nicht alles, Strich und Mittelpunkt beysammen sein; der Strich bildet das Gedritte, das ist: das Band des Mittelpunktes mit dem Umkreise. Noch mehr; die Veränderung, welche bei Bewegung eines Körpers geschieht, ist immer der Ursache gemäß, die ihn hervorbringt, und folgt immer der graden Linie. Wir werden Gelegenheit haben, die Richtigkeit dieser Regel in den folgenden Artikeln weit ausführlicher auseinander zu setzen, ob sie gleich in den Augen eines Lesers ohne Vorurtheile nicht anzufechten sein wird.
Bei Gelegenheit, da der Autor von der Erde und von Vielheit der Welten spricht, ruft er aus: „Dass ich nicht die Verhältnisse zwischen dieser Erde und dem menschlichen Körper zeigen kann, der von dem nehmlichen Wesen gebildet, weil er aus solchen entstanden ist! Es ist der Beweis, dass keine andern körperlichen Welten existieren als die, die uns sichtbar ist. Denn diese Meinung von der Vielheit der Welten ist noch aus der nehmlichen Quelle genommen, aus welcher alle menschlichen Thorheiten abstammen; da der Mensch verständig ist, so würde er sicher in dem Fall, dass diese Welten wirklich wären, einige Kenntnis davon haben.“
Zuerst weiß man nicht, ob der Schöpfer den Menschen aus Erde oder aus nichts gemacht, so wie man sagt, dass er die Elemente gebildet; denn niemand ist Zeuge der Werke des großen Princips gewesen. Die göttliche Eingebung des Moses ist noch im Zweifel, und philosophisch zu reden, kann solche nicht als bewiesen angenommen werden. Im zweiten Fall, je verständiger der Mensch ist, desto mehr muss er muthmaßen, dass der oberste Baumeister keine von Einwohnern entblößte Weltkörper geschaffen habe: diese Vermuthung, welche durch die Entdeckungen in der Naturlehre künftig einmal sich bis zur Gewissheit verändern kann, gereicht der ewigen Macht des Herrn der Natur zur Ehre, und der Mensch darf sich nicht für gedemüthigt halten, wenn er auch glaubt, dass er nicht der einzige Gegenstand der göttlichen Liebe sei. Drittens, wo ist der Geist, der so eingebildet sein sollte, nach seinen eignen Ansehen entscheiden zu wollen, dass die andern Welten, das ist, dass die andern Planeten nicht mit gleichen Wesen wie wir sind, bevölkert sein sollten, entweder höherer oder niedriger Art? Man muss entweder ein sehr verwegener Theolog oder ein Doktor der Unvernunft sein, wenn man so übermüthig ist, die Knoten auflösen zu wollen, die den größten Männern unauflöslich geschienen. Ist uns nicht durch Hilfe der Optik die Existenz einer Menge Wesen erwiesen worden, die wir niemals gemuthmaset hätten, und wo selbst die Einbildungskraft, dem Verstande der sie sieht und zeigt, nicht folgen kann?
Die Erde, die wir bewohnen, ist kein Beweis von der Vielheit der Welten, das bekenne ich, sie ist aber auch weniger der Beweis des Gegentheils. Ob gleich dieser Schriftsteller der Einbildungen, dem Menschen die Ehre erzeigt hat, ihn noch über die Höhe der Natur zu stellen, so werden doch seine Blicke nicht außer seinem Umkreise reichen; eine Vernunft wird ihm sagen, dass er die Millionen Weltkörper über seinen Kopfe rollen sehe, ohne so kühn zu sein, die Macht des Herrn einzuschränken der alles gehorcht, ohne so verwegen zu sein, von innern aus dem äußern zu schließen.
Nachdem er uns lange Zeit in einem Zirkel von Reden herumgeführt, davon immer die einen fehlerhafter als die andern sind, und da er uns fantastische Geistersehereyen statt der Beweise gegeben, so kommt der Autor dieser neuen Offenbahrung auf sein Gedrittes, seine Zirkel, Eintheilung und behauptet, dass die Natur selbst die Theilung von 360 Grade gemacht habe, und dass es falsch sei zu sagen, es sei solches das Werk der Geometrie, dass, wenn man Augen hat, man der natürlichen Ordnung dieser Zahlen folgen solle, das Herausgekommene beyfügen, welches der Umkreis oder die Null ist, und dass man dann sehen werde, ob es die Menschen sind, die diese Eintheilungen gemacht haben.
In den ältesten Zeiten der eitlen Träume, wo man glaubte, die zureichende Ursache und die Erfüllung von allen in den Zahlen zu finden, bezeichnete man die Gottheit durch eine Null, eine runde Figur, einen Zirkel. Moses, wie man sagt, bediente sich auch eines Chiffers, aus einem Zirkel zusammengesetzt, worinne ein Triangel eingeschlossen war. In der Mitte des Triangels sahe man I, das ist Gott, auf den drei gleichen Seiten des Triangels standen die hebräischen Worte: Ruahh élohim, Scha-maim, Oeroets, davon wir den Schlüssel bereits gegeben haben. Es wäre möglich, dass Moses mit diesem Chiffer die Gesetze besiegelt, die er von Gott selbst erhalten, um sie dem gläubigen Volke desto geheiligter zu liefern. Übrigens, so haben fast alle Nationen des Morgenlandes sich der runden Figur bedient, um die Ewigkeit des großen Baumeisters anzuzeigen und ein sinnliches Sinnbild zu geben, welches weder Anfang noch Ende hatte, dass dieses das einzige und vollkommene Wesen wäre, so wie der Zirkel die vollkommenste aller geometrischen Figuren ist.
Es ist nicht genug, für den neugierigen Geist des Menschen sinnbildliche Figuren gefunden zu haben, hieroglyphische Zeichen, die sich den Geheimnissen der Schöpfung nähern, und den betrügerischen Spekulationen ein weites Feld eröffnen, womit sehr oft die Unwissenheit befriedigt wird, sondern die ersten Caraktere der Schrift, die Buchstaben des Alphabets erhielten ihre Bildung noch Maßgabe der tollen Ideen eines abergläubischen Gehirns. Sie glaubten, dass, indem sie die Buchstaben aus geraden, aus krummen, aus entgegenstehenden Linien, aus runden halben Zirkeln zusammensetzten, so würde dieses den Worten oder diesem gebildeten Buchstaben das Vermögen geben, die wunderbaren Handlungen auszudrücken und zu bekräftigen, das sind die unerforschlichen Handlungen der Natur.
9.
Von diesen fabelhaften Anspielungen und diesen angenommenen Lügen rühren die Regeln der Zauberer her, der eingebildete Glaube in die Zukunft zu lesen, der Glaube, etwas durch das Gedritte 3 hervorzubringen. Hernach kommt das sechsfache des Zirkels oder die sechs gleichseitigen Triangel 6 – der Umkreis, der das Werk ergänzt und 9 oder 0 gibt: endlich lernt uns der Autor der Irthümer und Wahrheit, dass, wenn man diese geheimnisvollen Nummern in Chiffers auflösen will, wir erstens 3, hernach 6, und endlich 0 bekommen, welche vereinigt 360 geben, so nicht eine willkührliche Eintheilung des Zirkels sondern ein Gesetz ist, welches von guten Principen herrührt, und von der nehmlichen Beschaffenheit wie sie selber ist. Man sieht wohl ein, dass, wenn man nicht wenigstens ein Zauberer ist, es kein Mittel gibt, um von den Eigenschaften des Zirkels und seiner Eintheilung einen hellern Begriff zu bekommen. Ich bin nicht willens mich mit Widerlegung der Unwissenheit und der Einbildung eines Schriftstellers zu unterhalten, der uns so gröblich betrügen, und der leugnen will, dass die Geometer oder die Menschen, die 360 Grade erfunden haben, um den Umkreis zu bilden. Spricht er nicht auch seines Gleichen die sinnreiche Erfindung ab, die Zeit mittelst der Uhren einzutheilen, und die Menge der Entdeckungen in den Künsten die uns das Leben angenehm machen? Ist es aus dem ersten Buch Mosis oder aus dem heiligen Matthäus, woraus die Berthand und die Harrissan den bewundernswürdigen Mechanismus einer Repetiruhr genommen haben, die jeden Augenblick in unserer Tasche den Punkt anzeigt, den die Gestirne am Himmel behaupten, wornach sich der Lauf des Tages richtet, die Zeit, sowohl das Arbeiten der Menschen als ihres Vergnügens? Die erhabenen Zusammenfügungen, deren der menschliche Geist fähig, werden sie wohl in Zukunft von einem Schwätzer oder Geisterseher ausgetheilt werden, der die Ausbreitung unserer Kräfte und unserer Kenntnisse vom Gedritten wird abhängen lassen, von Amalgamiren des Schwefels und Merkurs, von Anrührungspunkt des himmlischen Azoth und den irdischen Magnetismum und von tausend andern Thorheiten, die er so verwegen ist, uns als etwas ernsthaftes vorzulegen? Die – – – aber ich werd in Zorn gerathen gegen diesen unverschämten Theologen, und dieses in der That lohnt sich der Mühe nicht. Wir wollen bloß bemerken, dass er selbst in den 6 Productionen des Zirkels nicht richtig gerechnet hat, denn wenn jede Production dreyfach ist, so macht 6 mahl 3 achtzehn und nicht sechse. Eitelkeit ist es von dem Autor, denen Leuten zu zeigen, dass er von der Zahl 3 unterrichtet sei, diese allein ist es auch, dass er über Grundsätze die er zuerst behauptet hatte, auf eine entgegengesetzte Art spricht; aber weder Eitelkeit noch Rechtschaffenheit ist es, die Geometer als Unwissende behandeln zu wollen, da man ihre ganz sichern Lehrsätze durch nichts wieder ersetzt, als durch das einfältigste und niedrigste Geschwätz.
Mit einem Wort, das Buch der Irthümer und Wahrheit ist ein Brunnen ohne Grund, ein Gewebe von Plauderey, eine Menge unglaublicher Widersprüche. Bei jedem Augenblicke verliert der Autor den Faden, weil er, indem er ganz entgegengesetzte Dinge mit seinem System passend machen wollte, den Sinn der Worte verfälscht, sie in seiner sonderbaren Schreibart ganz undeutlich anwendet ohne zu zweifeln, dass man einen Augenblick anstehen könne, die ebenso gültig anzunehmen, als seine Verrückung uns darbietet. Er macht Eintheilungen, bewährt und leugnet nach der Reihe die nehmlichen Sätze; er gibt dasjenige für gewiss aus, was noch auf Frage beruht, und alles was nicht mit seinen Lügen übereinstimmt, behandelt er ganz unrichtig. Er hatte die gerade Linie geleugnet, aber in der Verlegenheit, worinne er sich befand ein Geviertes zu bilden, nimmt er sie wieder an, indem er sagt, dass er das Wort gerade Linie nicht in dem Sinn des gemeinen Sprachgebrauchs angenommen, seiner Meinung nach ist sie Princip, und als solches von Ausdehnung unterschieden.
Das kann man Gewissheit nennen: „Man kann nicht widerstehen, setzt er hinzu, und ohne Furcht die Zahl 4 zu der geraden Linie anwenden, oder zu dem Strich die sie vorstellt, weil bloß dieser Strich uns die Kenntnis von dieser Zahl geben kann.“ O über die schöne Gewissheit! Abgeschmackter Geisterseher! Ist es nicht wahr, dass der Umkreis aus sechs gleichseitigen Triangeln zusammengesetzt; die Triangel, sind es nicht gerade Linien, beinahe ins Unendliche theilbar? Aber in der That, sie wissen selbst nicht, was sie sprechen, indem sie in ihrem Geschwätz weitergehen und sagen, dass es keine graden Linien gäbe, als in dem Gevierten. Sie bilden Vierecke, und womit bilden sie solche? Können sie wohl streitig machen, dass dieses nicht mit graden Linien geschehe, dass nicht in jedem Vierecke Diagonallinien sind, die wieder Triangel bilden? Doch, sie wissen auch wieder nicht was sie sprechen, eben sowohl wenn sie von der Zirkellinie, als wenn sie von Vierecken reden.
Wir wollen sehen, ob sie vielleicht von dem gemeinen Menschenverstand weniger entfernt sind, da, wo sie von den Veränderungen in der Natur reden. „Die Unglücksfälle, davon die Erde allgemein die Spuren zeigt, gehören zu der Handlung zweier wirkender einander entgegengesetzter Reiche, das Reich nehmlich wo Feuer, und das wo Wasser regiert. Von vier Reichen, ist eines welches dirigiert, eines welches empfängt, und zweye die zurück wirken; aber diese Veränderungen sind das Resultat des bestimmten Streits dieser beiden Feinde, worinne der Vortheil bald auf dieser, bald auf jener Seite ist.“ Ist das nicht eine vortreffliche Erklärung der Veränderungen der Erde, und ist man nicht ganz bezaubert, von dem Autor in der Naturgeschichte so glücklich unterrichtet zu sein? In der That, wir sind doch recht einfältig, dass wir unsre Zeit mit Lesung des Plinius oder Büsson verlieren, weil wir hier in wenig Zeilen hinreichend finden, um unsere Neugierde zu befriedigen. Man wird uns die Aufrichtigkeit dieses Lobspruchs verzeihen, indem man den Schlüssel sehen wird, den wir soeben zu dieser prächtigen Stelle zu geben gedenken.
Sogleich lässt der Autor durch das Gesetz der Wirkung und Rückwirkung, die Wirklichkeit der zwey Principen (gut und böse) sehen, noch mehr, die der vier Elemente, worunter die Luft verstanden ist, aber nur für diesmal; denn das Feuer, so gegen das Wasser und die Erde wirkt, das Feuer alleine kann nicht ohne Luft wirken, die ihm zum Mittel dienet, und die er folglich gezwungen ist, wieder anzunehmen, um zwey wirkende und zwey leidende Elemente zu haben, die das Gevierte bilden.
Immer sind es die nehmlichen Albernheiten, die nehmlichen Folgerungen. Dieser Schriftsteller geht immer von Irthümern zu Irthümern, und der befehlende Ton, worinne er spricht, empört einen noch mehr, als das Übermaß seiner Unvernunft. Er sieht den Menschen nicht anders an als unter der Sclaverey des bösen Geistes; zählt sich um seine Freiheit zu beweisen, ohngeachtet des Falls und seiner Sclaverey, und, um ihn zu der höchsten Weisheit zu führen, ertheilt er ihm Rathschläge, die des Narrenhauses würdig sind. Alles was er über die Hilfsmittel des Menschen, über die Sprache und den allgemeinen Chiffer spricht, sind nichts als Erscheinungen der Alchymie, nichts als unverständliche Rechnungen. Das Viereck, welches uns in unsre Vorrechte wieder einsetzen soll, ist das Sinnbild des Kreuzes; es ist seinem ausschweifenden Lehrgebäude zu Folge, das Bild und das aus der einzigen Wurzel hervorgebrachte, das ist: Gott. Diese Sprache, heißt es, werde nicht ermangeln, uns alle Rechnungen zu lernen, den Bau und die Bestandtheile der Wesen, ihre Wiedereinsetzung im vorigen Stand, die Kräfte des Magnets, die Ursache des Abweichens des Compass, die reine Erde und endlich alle Gegenstände derer, die nach geheimer Philosophie trachten.
Man muss die größte Verachtung für den Menschen gefühlt haben, ihn des geringsten Verstandes gänzlich beraubt annehmen, wenn man ihn bei dieser außerordentlichen Menge Thorheiten noch kaltes Blut zutrauen wollte. Uns sagen, dass eine Sprache, die ohnedies nichts als ein Zuwachs zu den unnützen Dingen wäre, womit sich bereits so viele schwache Geister beschäftigen, dass diese Sprache uns alle Wunder der Natur lernen solle, das heißt, die Leichtgläubigkeit des Lesers missbrauchen; behaupten, dass dieses das Studium derer sei, die auf geheime Philosophie Anspruch machen, ist ebenso viel als wenn man sagt, man soll sich nur damit beschäftigen, was man niemals verstehen kann, denn nichts ist wohl geheimer, als der Weg auf welchen man uns hinführen will.
Ich will keinen andern Beweis wider das Lächerliche der Meynungen des Autors vorbringen, als das, was er selbst ganz laut gesagt hat: „Der beständige Gebrauch der Worte, Vermögen, Wirkungen, Ursachen, Grundsätze, Eigenschaften, Kräfte, dessen ich mich in diesem Werke bediene, wird ohne Zweifel Verachtung und Fabel meines Jahrhunderts für die geheimen Kräfte erwecken. Unterdessen würde es ungerecht sein, diese Lehre bloß deswegen zu verachten, weil sie den Sinnen nichts darbietet.“
Aber ganz und gar nicht Herr Doctor! Es wäre solches gar nicht unrecht gehandelt, weil die Sinne nicht einen ihrer pedantischen Erklärungen fassen können, weil ihre Lehre, wie sie solche zu nennen belieben, nichts als ein Gewebe Thorheiten ist, die sie unter prächtigen Benennungen ankündigen, bald in nachdenklicher, bald in fremder Schreibart einhüllen, die aber doch immer dunkel sind. Sie bekennen selbst, dass das Jahrhundert die geheimen Kräfte verachte: das ist: dass es verachte, um mit dem rechten Titel zu belegen; die Charlatans, die sich für die Besitzer verborgner Geheimnisse ausgeben. Im strengen Verstande genommen, ist alles in der Natur geheim, weil wir nichts weiter als ihre Wirkungen kennen. Wenn sie drauf bestehen und sagen, dass man mit dem Augen der Seele sehen könne, was die Augen des Körpers nicht sehen, so werde ich von meiner Seite dargegen einwenden, dass so lange sie mir nicht eine Seele mit ein paar schönen Augen gezeigt haben, so habe ich auch das Recht zu leugnen, dass solche besser sehen könne, als ich mit meinen Augen des Körpers.
Was die reine Erde betrifft, so kennen wir keine andre als die, die noch nicht durch Pflugeisen oder Spaten umgearbeitet ist. So nennen die Naturforscher den Grund der Erde, wo die menschlicher Arbeiten nicht eindringen können, und die chymistischen Rosenkreuzer, die Gold machen und keinen Schilling haben, verstehen unter diesen Worte reines Gold, reinen Mercur x. Vermuthlich ist es von dieser reinen Erde, aus welcher die Quintessenz des Weltalls kommen soll, und alle die Kenntnisse die in dem Buche von zehn Blättern eingeschlossen sind, und welches schon eben erklärt worden. Alle Lehre der Weißen, nach den angenehmen Namen des Martinisten, schränkt sich auf das Studium des Mittelpunktes ein, des Vierecks, auf seine Wurzel und Umkreis: Da finden sich denn die vier Kräfte, indem sich Striche grade gegeneinander bilden von dem Mittelpunkte nach den Außenseiten zu, diese Außenseiten geben die 4 gleichen Linien im rechten Winkel gestellt, welches auf seiner Seite gleichseitiges Viereck bildet, und folglich die sichtbare und wahrscheinliche Gestalt von der Quadratur des Zirkels und der alle gemeinen Bewegung x.
Ich zweifle, dass es jemals einen Menschen gegeben, der so wie der Autor der Irthümer und Wahrheit x. es über sich genommen hat, Dinge die er für heilig ausgibt, dem Lichte der Vernunft entgegen sein zu lassen, die Träume der Alchimisten, der Aberglauben der Egyptier, und die Wissenschaft der Zauberer, mit den Grundsätzen der christlichen Religion zu vereinigen. Wie, hat er nichts gemerkt, dass eine von den Quellen des Misscredits oder die ältern Schriften aus diesen Haufen gezwungener Auslegungen gekommen sind, die unsere Eigenliebe so stolz, so verwegen, so mit unserer Schwachheit übereinkommend, von allen Stellen machen wollen, die wir nicht erklären können. Hieraus sind die verblümten Deutungen gekommen, die Ideen, die so sonderbar als unanständig sind, die abergläubischen Ränke, die närrischen Gewohnheiten, die lächerlichen oder ausschweifenden Entscheidungen, davon wir in dem Werke der Irthümer und Wahrheit so viele Beyspiele gesehen haben. Die große Kunst, die Philosophie die Naturwissenschaft mit der Theologie zu vereinigen, soll noch geboren werden, und in dem Zweifel an die Möglichkeit, worinne sich die Theologen befunden haben, ihre Träume mit dem gesunden Verstande zu vereinigen, versuchten sie durch Auslegung streitiger Stellen die menschlichen Thorheiten zu unterstützen, und durch Eigensinn und Schwärmerey sind sie dahin gekommen, dass sie an nichts zweifeln. Desto besser für sie, glücklicherweise aber sind wir nicht alle Theologen. Wenn man annimmt, dass das oberste Wesen sich Wahrheiten vorbehalten, die der Mensch erst in Zukunft kennen und ergründen solle, denken denn diese Herren, dass Gott aus dem Haufen der Geisterseher einen Propheten wählen werde, der uns dergleichen offenbahre? Geben wir zu, dass die Bibel für das Weltall gemacht sei, so sollten die Geister, die so hell sehen als der Autor der Irthürmer und Wahrheit x., doch wenigstens überlegen, dass wir heut zu Tage Dinge wissen, die man vor vierzig Jahrhunderten nicht wusste, und dass man in viertausend Jahren Dinge wissen werde, die uns gegenwärtig unbekannt sind: warum wollten sie denn im Voraus sehen? Nur durch unmerklichen Gang, entwickeln sich unsere Kenntnisse; die durch Veränderungen in der Natur und in den Reichen aufgehalten oder vermindert werden. Dass man doch in Friede und mit Sorgfalt die Strahlen des himmlischen Lichts sammle, dass weit davon entfernt die Wahrheit zu verdunkeln, man wenn es möglich, einen neuen Grad von Glanz hinzufüge, indem man über die erstern Thaten Stillschweigen beobachtet, die, wie gesagt, wird, uns durch einen göttlichen Gesetzgeber überliefert worden. Wir wollen so lange warten, bis ein neuer Abraham oder Moses komme, um zu wissen, ob Gott sich mittheile.
Die letzten Wünsche eines rechtschaffenen Herzens sollen darinne bestehen, dass die theologischen Romanenschreiber, die Hypothesenmacher, Heiligenfresser, hermetischen Philosophen, Wahrsager, Zauberer und die ganze Race der Geisterseher, Propheten und Charlatans nicht mehr den großen Namen des Herrn der Natur missbrauchen möchten, um die Schwachen zu betrügen, Unwissende zu hintergehen, die Schwärmerey zu begünstigen und Uneinigkeit und Irthum anzufachen; dass sie doch endlich aufhören möchten, den Begriff des ersten Wesens zu beschimpfen, indem sie in ihren Verrückungen, das Gespenst ihrer Meynung unterschieben.
Die Empiriker durch blinde Berechnungen geleitet, haben den Menschen nie so sehen wollen, wie er wirklich ist, den Wünschen, Sinnen und Leidenschaften noch dem Maße der Kräfte unterworfen, die seine Organisation ihm geben. Verlangen, dass wir unsern Fähigkeiten, unsern Kenntnissen, unserer Vernunft (so schwach sie auch ist) entsagen sollen, ist ebenso viel, als wenn man wollte, ein nordischer Einwohner, der gewohnt sich warm zu bekleiden, solle ganz nackend gehen; ebenso gut könnte man einem anrathen, seine Gesichtszüge zu ändern, sein Temprament, seine Einbildungskraft, die Natur seiner Flüssigkeiten, als ihm befehlen, dass er nach Maßgabe einer natürlichen Kräfte nicht analogisch schließen solle. Und solche Mittel sind es doch wirklich, die der Autor der Irthümer und Wahrheit der vermeinten menschlichen Verderbnis entgegensetzen will.
Das Thörichte von dem allen haben wir bewiesen, den Neugierigen die lächerlichen Quellen geöffnet, aus denen er sein ausschweifend System geschöpft hat, und wir haben Ursache zu glauben, dass man uns nicht anders von einem Werke vorreden werde, so durch schwärmerische Dummköpfe berühmt geworden, als wenn man solche der Verachtung preisgeben will, die es in der That verdient, wegen des Undeutschen, des Wunderbaren und der unbegreiflichen Kühnheit, mit welcher der Autor den Zustand des Menschen erniedrigt, in der Hoffnung, ihn schwärmerischen Gesetzen unterzuordnen.