Der Autor beschreibt den Lebensbaum und das Prinzip der Polarität. Nur durch Ausgeglichenheit im Geben und Nehmen, zwischen Gnade und Strenge, männlich und weiblich, kann das Gleichgewicht aller Kräfte erreicht werden. Dieses entspricht der mittleren Säule im Lebensbaum. Darin ist gleichzeitig auch das größte Geheimnis der Kabbalistischen Lehre enthalten, dessen Entdeckung nur Eingeweihten vorbehalten ist.
Der kabbalistische Baum des Lebens ist ein sehr bekanntes Symbol und wird jedem, der sich auch nur ansatzweise mit Kabbalah beschäftigt auch schon begegnet sein. Um jedoch das Prinzip des Lebensbaumes besser verstehen zu können, wollen wir uns einmal das Funktionsprinzip einer herkömmlichen Glühbirne anschauen. Das, was auf den ersten Blick nun so gar nichts miteinander zu tun zu haben scheint, offenbart uns jedoch bei genauerem Hinsehen ein tiefes Wirkprinzip.
In einer Glühbirne gibt es nun zunächst einmal einen Pluspol und einen Minuspol und es gibt ein verbindendes Drittes, nämlich den Glühfaden, der eine Art Widerstand bildet. Wir haben also eine Dreiteilung.
Der Pluspol gibt den Strom und der Minuspol empfängt den Strom, der Pluspol ist also elektrisch und der Minuspol in einer Art und Weise magnetisch. Zwischen beiden Polen fließt nun der Strom über den verbindenden Glühfaden, der ständig einen Kurzschluss verhindert. Das Ergebnis ist eine elektromagnetische Kraft, die sich unseren Sinnen als LICHT zeigt.
Betrachten wir nun den Lebensbaum: In unserer Analogie wäre hier der elektrische Pluspol unserer Glühbirne die rechte Säule des Lebensbaumes. Dies ist die Seite des GEBERS, die Seite des LICHTES. Von hier kommt die pure Energie und die reine Kraft, welche ständig in die Manifestation drängt. Es ist die Seite, von der aus der elektrische Strom, der Funken, also das Feuer kommt. Demzufolge ist der rechten Seite des Baumes auch alchemistisch das Sulphurprinzip zugeordnet, welches wir im Osten auch im feurigen Rajasprinzip wiederfinden.
Auf der anderen Seite haben wir die linke Säule des Lebensbaumes. Hier finden wir nun die völlig entgegengesetzte Polarität. Wir haben es hier mit dem Minuspol unserer Glühbirne zu tun, der ähnlich wie Wasser magnetisch wirkt. Demnach finden wir hier alchemistisch auch das Sal-Prinzip wieder, welches im Osten seine Entsprechung im dunklen Tamas Prinzip findet. Diese linke Säule ist die Seite des EMPFÄNGERS, des NEHMERS, die Seite der FINSTERNIS. Kabbalistisch könnten wir sagen, wir haben hier die Seite des GEFÄSSES. Und wie eben jedes Gefäß, haben wir auch hier die Eigenschaft, etwas aufnehmen, sammeln zu können und diesem dann gleichzeitig auch eine bestimmte, fassbare Form zu geben.
In der Mitte schliesslich haben wir die mittlere Säule, die in unserem Beispiel dem Glühfaden entsprechen würde. Die mittlere Säule verbindet also rechts mit links, jedoch ohne dass es zu einem Kurzschluss kommt und eben beide Polarität auch gleichberechtigt im Abstand zueinander bestehen können. Kabbalistisch könnten wir auch von einem Prinzip der Restriktion, des Widerstandes sprechen.
Diese mittlere Säule ist das geheimnisvolle Dritte, das die beiden unvereinbaren Polaritäten verbindet, vereint und transzendiert, um dann etwas Neues entstehen zu lassen. Hier finden wir somit das Prinzip des Empfangens nur um des Teilens Willen. Alchemistisch wäre hier das Mercuriusprinzip anzutreffen mit seiner östlichen Entsprechung, dem Sattva Guna.
Nur wenn die Balance zwischen Rechts und Links, zwischen Gnade und Strenge, zwischen Plus und Minus vorhanden ist und diese 2 widerstreitenden Polaritäten balanciert miteinander verbunden sind, kann sich die elektromagnetische Kraft offenbaren und unsere Glühbirne zum Leuchten bringen.
Denn wie man sagt, ist das große Geheimnis aller spirituellen Aktivitäten im Gleichgewicht aller Kräfte verborgen.