Von der Tiefe über der Erden
Das 23. Kapitel
Von der Tiefe über der Erden
Wenn der Mensch die Tiefe über der Erden ansiehet, so siehet er nichts als Sternen und Wasserwolken. Dann denket er, es müsse ein anderer Ort sein, da sich die Gottheit mit dem himmlischen und englischen Regiment erzeige. Er will schlecht die Tiefe samt ihrem Regiment von der Gottheit unterscheiden, denn er siehet allda nichts als Sternen, und das Regiment dazwischen ist Feuer, Luft und Wasser.
2. Da denkt er dann: Das hat Gott aus seinem Vorsatz aus nichts also gemacht. Wie könnte in dem Wesen Gott sein oder wie könnte das Gott selber sein? Er bildet ihm immer ein, es sei nur also ein Haus, darinnen Gott mit seinem Geiste regiere und wohne. Gott könne ja nicht ein Gott sein, dessen Wesen in Kraft dieses Regiments bestehe.
3. Es dürfte mancher wohl sagen: Was wäre das für ein Gott, dessen Leib, Wesen und Kraft in Feuer, Luft, Wasser und Erde stünde?
4. Siehe, du unbegreiflicher Mensch, ich will dir den rechten Grund der Gottheit zeigen. Wo dieses ganze Wesen nicht Gott ist, so bist du nicht Gottes Bild; wo irgend ein fremder Gott ist, so hast du kein Teil an ihm. Denn du bist aus diesem Gott geschaffen und lebest in demselben, und derselbe gibt dir stets aus ihm Kraft, Segen, Speise und Trank. Auch so stehet alle deine Wissenschaft in diesem Gott, und wenn du stirbest, so wirst du in diesem Gott begraben.
5. Wo nun ein fremder Gott ist, der außer diesem ist, wer wird dich dann aus diesem Gott, darinnen du verwesen bist, wieder lebendig machen? Wie wird dir der fremde Gott, aus dem du nicht geschaffen bist und in dem du nie gelebt hast, deinen Leib und Geist wieder zusammenfigurieren?
6. So du nun eine andere Materia bist als Gott selber, wie wirst du dann sein Kind sein? Oder wie wird der Mensch und König Christus können Gottes leiblicher Sohn sein, den er aus seinem Herzen geboren hat?
7. So nun seine Gottheit ein ander Wesen ist als sein Leib, so müßte zweierlei Gottheit in ihm sein. Sein Leib wäre von dem Gott dieser Welt und sein Herze wäre von dem unbekannten Gott.
8. O tue die Augen deines Geistes auf, du Menschenkind, ich will dir allhie die rechte und wahrhaftige eigentliche Porten der Gottheit zeigen, als es dann derselbe einige Gott haben will.
9. Siehe, das ist der rechte einige Gott, aus dem du geschaffen bist und in dem du lebest: Wenn du ansiehest die Tiefe und die Sternen und die Erden, so siehest du deinen Gott. Und in demselben Gott lebest und bist du auch, und derselbe Gott regieret dich auch, und aus demselben Gott hast du auch deine Sinnen und bist eine Kreatur aus ihm und in ihm, sonst wärest du nichts.
10. Nun wirst du sagen, ich schreibe heidnisch. Höre und siehe und merke den Unterschied, wie dieses alles sei, denn ich schreibe nicht heidnisch, sondern philosophisch. So bin ich auch kein Heide, sondern ich habe die tiefe und wahre Erkenntnis des einigen großen Gottes, der alles ist.
11. Wenn du ansiehest die Tiefe, die Sternen, die Elementa, die Erde, so begreifest du mit deinen Augen nicht die helle und klare Gottheit. Und ob sie wohl allda und darinnen ist, sondern du siehest und begreifest erstlich mit deinen Augen den Tod, danach den Zorn Gottes und das höllische Feuer.
12. So du aber deine Gedanken erhebest und denkest, wo Gott sei, so ergreifest du die siderische Geburt, da Liebe und Zorn gegeneinander wallen. Wenn du aber den Glauben schöpfest an den Gott, der in Heiligkeit in diesem Regimente regieret, so brichst du durch den Himmel und ergreifest Gott bei seinem heiligen Herzen.
13. Wenn nun dieses geschieht, so bist du wie der ganze Gott ist, der da selber Himmel, Erde, Sternen und Elementa ist, und hast auch ein solch Regiment in dir und bist auch eine solche Person, wie der ganze Gott in dem Loco dieser Welt ist.
14. Nun sprichst du: Wie soll ich das verstehen? Es ist ja Gottes und der Höllen oder des Teufels Reich voneinander unterschieden und kann nicht ein Leib sein? Auch so ist die Erde und Steine nicht Gott, sowohl auch der Himmel und die Sternen, auch nicht die Elementa, vielweniger kann ein Mensch Gott sein, sonst würde er nicht können von Gott verstoßen werden. Hie will ich dir nun nacheinander den Grund erzählen; behalt die Frage im Sinne.
Von der siderischen Geburt und Geburt Gottes
15. Von den Zeiten des erschaffenen Himmels und der Sternen und Elementen und vor der Erschaffung der Engel ist kein solch Zorn Gottes gewesen, auch kein Tod, auch kein Teufel, auch weder Erde noch Steine, auch so hats keine Sternen gehabt, sondern die Gottheit hat sich fein sanft und lieblich geboren und in Bildnisse figurieret, welche nach den Quellgeistern sind korporieret worden mit ihrem Gebären, Ringen und Aufsteigen, und sind auch wieder durch ihr Ringen vergangen und haben sich in eine andere Gestalt formieret, alles nach dem, wie ein jeder Quellgeist ist Primus gewesen, wie du davorne kannst lesen.
16. Aber merke hie recht: Die ernste und strenge Geburt, daraus der Zorn Gottes, die Hölle und der Tod ist worden, die ist wohl von Ewigkeit in Gott gewesen, aber nicht anzündlich oder erheblich. Denn der ganze Gott stehet in sieben Species oder siebenerlei Gestalt oder Gebärungen. Und wenn diese Geburten nicht wären, so wäre kein Gott, auch kein Leben, auch kein Engel, noch einige Kreatur.
17. Und dieselben Geburten haben keinen Anfang, sondern haben sich von Ewigkeit also geboren. Und nach dieser Tiefe weiß Gott selber nicht, was er ist. Denn er weiß keinen Anfang und auch nichts seinesgleichen und auch kein Ende.
18. Dieser sieben Gebärungen in allem ist keine die erste und auch keine die ander, dritte und letzte, sondern sie sind alle sieben eine jede die erste, ander, dritte, vierte und letzte. Doch muß ich nach kreatürlicher Art und Weise eine nach der andern setzen, sonst verstehest du es nicht, denn die Gottheit ist wie ein Rad mit sieben Rädern ineinander gemacht, da man weder Anfang noch Ende siehet.
19. Nun merke: Erstlich ist die herbe Qualität, die wird von den andern sechs Geistern immer geboren. Die ist in sich selbst hart, kalt, scharf gleich dem Salze und noch viel schärfer. Denn eine Kreatur kann ihre Schärfe nicht genug ergreifen, sintemal sie in einer Kreaturen nicht einig und allein ist, aber nach der angezündeten höllischen Qualität Art weiß ichs, wie sie ist. Diese herbe, scharfe Qualität zeucht zusammen und hält in dem göttlichen Leibe die Formen und Bildnisse und vertrocknet sie, daß sie bestehen.
20. Die andere Gebärung ist das süße Wasser, das wird aus allen sechs Geistern geboren, denn es ist die Sanftmut, welche aus den andern sechs geboren wird und sich in der herben Gebärung auspresset und die herbe immer wieder anzündet, löschet und sänftiget, daß sie ihre Herbigkeit nicht kann erzeigen, wie sie wohl in ihrer eignen Schärfe außer dem Wasser Gewalt hätte.
21. Die dritte Gebärung ist die Bitterkeit, welche entstehet aus dem Feuer im Wasser, denn sie reibet oder ängstiget sich in der herben und scharfen Kälte und macht die Kälte beweglich, davon die Beweglichkeit entstehet.
22. Die vierte Gebärung ist das Feuer. Das entstehet von der Beweglichkeit oder Reibung in dem herben Geiste. Und das ist nun scharf brennend, und die bittere ist stechend und wütend. Wenn sich aber der Feuergeist in der herben Kälte also wütend reibet so ist allda ein ängstlich erschrecklich, zitternd und scharf widerwillig Gebären.
23. Merke hie tief: Denn ich rede allhie auf teufelische Art, als ob sich das Licht Gottes noch nicht hätte in diesen vier Species angezündet, als ob die Gottheit einen Anfang hätte. Ich kann dich aber nicht anders und näher unterrichten, damit du es fassest.
24. In dieser vierten Reibung ist hart und ganz erschreckliche, scharfe und grimmige Kälte gleich einem zerschmelzten und sehr kalten Salzwasser, welches doch nicht Wasser wäre, sondern eine solche harte Kraft gleich den Steinen. Auch so ist darinnen ein Wüten, Toben, Stechen und Brennen, und ist das Wasser immer wie ein sterbend Mensch, wenn sich Leib und Seele scheidet, eine ganz erschreckliche Ängstlichkeit, eine Wehegebärung.
25. Hie, Mensch, besinne dich, hie siehest du, wo der Teufel und seine grimmige, zornige Bosheit Ursprung hat, dazu Gottes Zorn und das höllische Feuer, auch der Tod und die Hölle und ewige Verdammnis. Ihr Philosphi, merket das!
26. Wenn sich nun diese vier Gebärungen also miteinander reiben, so wird die Hitze Primus und zündet sich im süßen Wasser an; da gehet zuhand das Licht auf.
27. Verstehe dies recht: Wenn sich das Licht anzündet, so gehet der Feuerschrack vorher, als wenn du auf einen Stein schlägest, so siehest du von ehe den Feuerschrack, alsdann fasset sich erst das Licht aus dem Feuerschracke.
28. Nun fähret der Feuerschrack in dem Wasser durch die herbe Qualität und macht sie beweglich. Das Licht aber gebäret sich im Wasser und wird scheinend, und ist ein unbegreifliches, sanftes und liebreiches Wesen, das ich noch keine Kreatur genugsam weder schreiben noch reden kann, sondern ich stammle nur wie ein Kind, das da gerne wollte lernen reden.
29. Dasselbe Licht wird inmitten aus diesen vier Species geboren aus dem Fetten des süßen Wassers und erfüllet den ganzen Leib dieser Gebärung. Es ist aber ein solch sanftes Wohltun, Wohlriechen und Wohlschmecken, daß ich zu diesem kein Gleichnis weiß als nur, wo mitten im Tode das Leben geboren wird, oder als wenn ein Mensch in einer großen Feuersglut säße und würde urplötzlich rausgezogen und in eine solche große Sanftmut gesetzet, da er zuvor des Feuers Schmerzen gefühlet hätte und nun urplötzlich verging und würde in ein solch sanftes Wohltun gesetzet.
30. Also wird die Gebärung der vier Species in ein solch sanftes Wohltun gesetzet, wenn das Licht in ihnen aufgehet.
31. Du rnußt mich aber hie recht verstehen: Ich schreibe auf kreatürliche Art, als wenn ein Mensch wäre des Teufels Gefangener gewesen und würde urplötzlich aus dem höllischen Feuer ins Licht Gottes gesetzet.
32. Denn das Licht hat in der Gebärung Gottes keinen Anfang, sondern es hat von Ewigkeit also in der Gebärung geleuchtet, und weiß Gott selber keinen Anfang darinnen. Allein der Geist tut dir hie der Höllen Porten auf, daß du siehest, wie es eine Gelegenheit in den Teufeln und der Höllen hat und wie es im Menschen ist, wenn das göttliche Licht verlischet und er in Gottes Zorne sitzet, so lebet er in einer solchen Gebärung und in solcher Angst, Schmerzen und Wehe.
33. Ich kann dirs auch in keiner andern Gestalt fürschreiben denn ich muß also schreiben, als wenn die Gebärung Gottes einen Anfang hätte oder nähme, da es also worden wäre. Ich schreibe allhie gar wahrhaftige und teure Worte, welche allein der Geist verstehet. Nun merke die Porten Gottes.
34. Das Licht, das sich nun aus dem Feuer gebäret und in dem Wasser scheinend wird, und erfüllet die ganze Gebärung, und erleuchtet sie und sänftiget sie, das ist das wahrhaftige Herze Gottes oder der Sohn Gottes, denn er wird aus dem Vater immer also geboren, und ist eine andere Person als die Qualitäten und Gebärung des Vaters.
35. Denn die Gebärung des Vaters kann das Licht nicht erhaschen oder begreifen und zu seinem Gebären gebrauchen, sondern das Licht stehet frei für sich und wird von keiner Gebärung begriffen, und erfüllet und erleuchtet die ganze Gebärung als der eingeborne Sohn vom Vater, Joh 1,14.
36. Und dieses Licht heiße ich in der menschlichen Geburt die animalische Geburt oder der Seelen Geburt, welche mit dieser Gottes animalischen Geburt inqualieret. Und hierinnen ist des Menschen Seele ein Herze mit Gott, wenn sie aber auch in diesem Lichte stehet.
37. Die fünfte Gebärung in Gott ist nun, wenn dieses Licht also sanft und lieblich durch die ersten vier Gebärungen dringet, so bringt es des süßen Wassers Herze und lieblichste Kraft mit sich. Und wenn es nun die scharfen Geburten kosten, so werden sie ganz sanft und liebreich und ist, wie immer das Leben im Tode aufginge.
38. Da schmecket ein jeder Geist den andern und krieget eitel, neue Kraft, denn die herbe Qualität wird nun gar linde, denn des Lichts Kraft aus dem süßen Wasser sänftiget sie, und in dem Feuer gehet die sanfte Liebe auf; denn es erwärmet die Kälte und das süße Wasser macht den scharfen Schmack gar lieblich und sanft.
39. Und ist in den scharfen und feurigen Gebärungen nichts denn eitel Liebes-Sehnen, Kosten, freundlich Infizieren, holdselige Gebärung. Da ist eitel Liebe, und aller Zorn und Bitterkeit im Centro als in einer großen Festen verriegelt, sondern diese Gebärung ist gar ein sanftes Wohltun. Der bittere Geist ist nun die lebende Beweglichkeit.
40. Die sechste Gebärung in Gott ist nun: Wenn die Geister in ihrer Geburt also voneinander kosten, so werden sie ganz freudenreich, denn der Feuerblitz oder die Schärfe aus der Geburt steiget nun über sich und wallet gleichwie die Luft in dieser Welt.
41. Denn wenn eine Kraft die andere reget, so kosten sie voneinander und werden ganz freudenreich, denn das Licht wird aus allen Kräften geboren und dringet wieder durch alle Kräfte. Dadurch und darinnen gebäret sich die erhebliche Freude, davon der Ton entstehet. Denn von dem Regen und Bewegen gebäret sich der lebendige Geist, und derselbige Geist dringet durch alle Gebärungen, der Geburt ganz unfaßlich und unbegreiflich, und ist eine ganz freudenreiche, liebliche Schärfe, als wie eine liebliche Musica. Und wenn nun die Geburt gebäret, so fasset es das Licht und spricht es wieder in die Geburt durch den wallenden Geist.
42. Und dieser wallende Geist ist die dritte Person in der Geburt Gottes und heißet Gott der Heilige Geist.
43. Die siebente Gebärung ist und behält seine Geburt und Formung in dem Heiligen Geist. Wenn derselbe durch die scharfen Geburten gehet, so gehet er mit dem Tone und formet und bildet allerlei Figuren, alles nach dem, wie die scharfen Geburten miteinander ringen.
44. Denn sie ringen in der Geburt stets miteinander wie ein Liebespiel. Und nachdem die Geburt mit den Farben und Geschmacke im Aufsteigen ist, so werden auch die Figuren gebildet.
45. Und diese Geburt heißt nun Gott Vater, Sohn, Heiliger Geist und ist keine die erste und auch keine die letzte, und ob ich gleich einen Unterscheid mache und eine nach der andern setze, so ist doch keine die erste und keine die letzte, sondern sie sind von Ewigkeit zu einem gleichen Wesen und Sitze also gewesen.
46. Ich muß nur unterschiedlich schreiben, daß es der Leser verstehet, denn ich kann nicht himmlische, sondern menschliche Worte schreiben. Es ist zwar wohl gar recht geschrieben. Allein das Wesen Gottes stehet in Kraft, und es begreift es nur der Geist und nicht das tote Fleisch.
47. Also kannst du verstehen, was die Gottheit für ein Wesen ist und wie die drei Personen in der Gottheit sind. Du darfst die Gottheit nicht irgend einer Bildnis vergleichen, denn sie ist die Geburt aller Dinge, auch so in den ersten vier Species nicht die scharfe Gebärung wäre, so wäre keine Beweglichkeit, und könnte sich nicht das Licht anzünden und das Leben gebären.
48. Aber nun ist diese scharfe Geburt der Beweglichkeit und des Lebens, sowohl auch des Lichtes Ursprung, daraus der lebendige und vernünftige Geist entstehet, der da in dieser Gebärung unterscheidet, formet und bildet. Denn die herbe kalte Geburt ist ein Anfang aller Dinge. Die ist herbe, strenge, zusammenziehend und festhaltend, und die formet und zeucht aus der Gebärung zusammen und macht die Geburt dicke, daß daraus wird eine Natur. Und daher hat die Natur und Begreiflichkeit ihren Ursprung in dem ganzen Leibe Gottes.
49. Diese Natur ist nun wie ein totes, unverständiges Wesen, und stehet nicht mit in der Kraft der Geburt, sondern ist ein Leib, in welchem die Kraft gebäret. Sie ist aber der Leib Gottes und hat alle Kraft wie die ganze Gebärung, und die Geburtsgeister nehmen ihre Stärke und Kraft aus dem Leibe der Natur und gebären immer wieder. Und der herbe Geist zeucht immer wieder zusammen und vertrocknet. Also bestehet der Leib und auch die Geburtsgeister.
50. Die andere Geburt ist das Wasser. Das nimmt seinen Ursprung in dem Leibe der Natur.
51. Merke: Wenn das Licht den herben zusammengezogenen Leib der Natur durchscheinet und denselben sänftiget, so gebäret sich in dem Leibe das sanfte Wohltun. Alsdann wird die harte Kraft gar sanft und zerschmelzet wie ein Eis von der Sonnen, und wird dünne gleichwie das Wasser in der Luft. jedoch bleibet der Stock der Natur der himmlischen Begreiflichkeit stehen. Denn der herbe und Feuergeist hält ihn, und das sanfte Wasser, das von dem Leibe der Natur in Anzündung des Lichts schmelzet, das gehet durch die strenge und ernste, kalte und feurige Geburt, und ist gar süße und lieblich.
52. Davon wird nun die ernste und strenge Geburt gelabet, und wenn sie es schmecket, so wird sie erheblich und erfreuet sich, und ist ein Freudenaufsteigen, da sich das Leben der Sanftmut gebäret. Denn das ist das Wasser des Lebens, darinnen sich die Liebe in Gott, sowohl in Engeln und Menschen gebäret, denn es hat alles einerlei Kraft und Geburt.
53. Und wenn nun die Geburt der Kräfte das Wasser des Lebens kosten, so werden sie zitternd vor Liebefreuden. Und dasselbe Zittern oder Bewegen, welches mitten in der Geburt aufsteiget, ist bitter. Denn es steiget geschwinde aus der Geburt auf, wenn das Wasser des Lebens in die Geburt kommt als ein Freudensprung der Geburt.
54. Weil es aber also geschwinde aufgehet, daß sich die Geburt also geschwinde erhebet, ehe sie mit dem Wasser des Lebens ganz infizieret wird, so behält derselbe Schrack seine Bitterkeit aus der strengen Geburt. Denn die anfängliche Geburt ist ganz strenge, kalt, feurig und herbe.
55. Darum ist nun der Schrack auch also erheblich und zitternd, denn er beweget die ganze Geburt und reibet sich darinnen, bis er das Feuer in der harten Grimmigkeit anzündet, davon das Licht seinen Ursprung nimmt. Alsdann wird der zitternde Schrack mit der Sanftmut des Lichtes erleuchtet und gehet in der Geburt auf und nieder, quericht, über sich und unter sich, wie ein Rad mit sieben Rädern ineinander gemacht.
56. Von diesem Durchdringen und Drehen entstehet der Schall oder Ton nach jedes Geistes Art, und infizieret sich immer eine Kraft in der andern, denn die Kräfte sind als leibliche Brüder in einem Leibe, und steiget die Sanftmut auf, und der Geist gebäret und erzeiget sich unendlich.
57. Denn welche Kraft sich nun in dem Umwenden am stärkesten erzeiget, das ist in der Gebärung, nach derselben Kraft, Art und Farben bildet der Hl. Geist auch die Figuren in dem Leibe der Natur.
58. Also siehest du, wie keine Kraft die erste ist und auch keine die andere, dritte, vierte und letzte, sondern die letzte gebäret die erste sowohl als die erste und letzte, und die mittelste nimmt ihren Ursprung sowohl von der letzten, ersten, andern, dritten und so fort an.
59. Auch so siehest du, wie die Natur nicht könne von den Kräften Gottes unterschieden werden, sondern es ist alles ein Leib. Die Gottheit, das ist die heilige Kraft des Herzens Gottes, wird in der Natur geboren. Auch so entstehet oder gehet der Hl. Geist aus dem Herzen des Lichts durch alle Kräfte des Vaters immer aus und figurieret alles und bildet alles.
60. Diese ganze Geburt wird nun in drei Unterscheide geteilet, da ein jedes ein sonderliches und ganzes ist, und ist doch keines von dem andern getrennet.
Die Porten der heiligen Dreifaltigkeit
61. Die ganze Geburt, welche ist aller Himmel Himmel, sowohl diese Welt, welche ist in dem Leibe des Ganzen, sowohl der Locus der Erden und aller Kreaturen und wo du nur hinsinnest und denkest, das alles zusammen ist Gott der Vater, der weder Anfang noch Ende hat. Und wo du nur hinsinnest und denkest, auch in dem kleinesten Zirkel, den du erkiesen magst, ist die ganze Geburt Gottes vollkömmlich und unaufhaltlich und unwiderstreblich.
62. Ists aber, daß in einer Kreatur oder in einem Orte ist das Licht verlöschen, so ist die strenge Geburt allda, welche im Lichte im innersten Kern verborgen lieget. Das ist nun ein Teil.
63. Das andere Teil oder die andere Person ist das Licht, welches aus allen Kräften immer geboren wird, und erleuchtet hinwiederum alle Kräfte des Vaters, und hat aller Kräfte Quellbrunn.
64. Es wird aber darum von dem Vater als eine sonderliche Person entschieden, daß es die Geburt des Vaters nicht kann ergreifen, und ist doch des Vaters Sohn, der aus dem Vater immer geboren wird. Dessen hast du ein Exempel an allen angezündeten Feuern in dieser Welt; denke ihm nur nach.
65. Und der Vater liebet diesen seinen eingeborenen Sohn darum also herzlich sehr, daß er das Licht und das sanfte Wohltun in seinem Leibe ist, durch welches Kraft aufgehet des Vaters Freud und Wonne.
66. Dieses sind nun zwei Personen, und können keine die andere fassen, halten noch begreifen, und ist eine so groß als die andere, und wenn eine nicht wäre, so wäre die andere auch nicht.
67. Hie merket ihr Juden, Türken und Heiden, denn euch gilts, euch wird allhie die Porten Gottes eröffnet. Verstocket euch nicht selber, denn es ist jetzo die angenehme Zeit. Ihr seid mit nichten in Gott vergessen, sondern wo ihr euch bekehret, so wird das Licht und Herze Gottes in euch aufgehen wie die helle Sonne.
68. Solches schreibe ich als in Kraft und vollkömmlicher Erkenntnis des großen Gottes, und verstehe seinen Willen hierinnen gar wohl. Denn ich lebe und bin in ihm und grüne mit dieser Arbeit aus seiner Wurzel und Stamm, auch so muß es sein. Nur schaue zu, verblendest du dich, so ist kein Rat mehr, und darfst nicht sagen, du hasts nicht gewußt. Stehe auf, der Tag bricht an!
69. Der dritte Unterscheid oder die dritte Person in dem Wesen Gottes ist der wallende Geist, welcher von dem Aufstehen in dem Schracke, wo das Leben geboren wird, entsteht; der wallet nun in allen Kräften und ist der Geist des Lebens. Und die Kräfte können ihn nicht wieder ergreifen oder fassen, sondern er zündet die Kräfte an, und macht durch sein Wallen Figuren und Bildnisse, und formet dieselben nach der Art, wie die ringende Geburt an jedem Orte stehet.
70. Und so du nicht willst blind sein, so sollst du wissen, daß die Luft derselben Geist ist. Aber im Loco dieser Welt ist die Natur darinnen ganz erheblich im Zornfeuer angezündet, welches Herr Luzifer getan hat. Und lieget der Heilige Geist, der da ist der Geist der Sanftmut, darinnen in seinem Himmel verborgen.
71. Du darfst nicht fragen, wo ist derselben Himmel. Er ist in deinem Herzen, schleuß ihn nur auf. Allhie wird dir der Schlüssel gezeiget.
72. Also ist ein Ort und drei unterschiedliche Personen ineinander, und kann keine die andere fassen oder aufhalten oder der andern Ursprung ergründen, sondern der Vater gebäret den Sohn, und der Sohn ist des Vaters Herze und seine Liebe und sein Licht, und ist ein Ursprung der Freuden und alles Lebens Anfang.
73. Und der Heilige Geist ist des Lebens Geist und ein Formierer und Schöpfer aller Dinge und ein Verrichter des Willens in Gott. Der hat formieret und geschaffen aus dem Leibe und in dem Leibe des Vaters alle Engel und Kreaturen, und hält und formieret noch täglich alles, und ist die Schärfe und der lebendige Geist Gottes. Wie der Vater das Wort aus seinen Kräften spricht, so formets der Geist.
Von der großen Einfältigkeit Gottes
74. Wohlher, Junker Hans im braunen Rössel, der du reitest vom Himmel in die Hölle und aus der Höllen bis in Tod, darinnen der Stachel des Teufels lieget, besiehe dich hie, du weltkluger Mensch, der du voll böser Klugheit steckest.
75. Merkets ihr weltklugen Juristen, wo ihr nicht vor diesen Spiegel vor das helle und klare Angesicht Gottes wollet und euch allda bespiegeln, so beut euch der Geist die Geburt im innersten herben Zirkel an, wo die Klugheit geboren wird, da die Schärfe der ängstlichen Geburt Gottes ist, denn daselbst wird eure Klugheit und tiefer Verstand geboren.
76. Wollet ihr nun Götter und nicht Teufel sein, so braucht euch des heiligen und sanften Rechten Gottes, wo nicht, so sollet ihr immer und ewig in der strengen und ernsten Geburt Gottes gebären. Solches saget der Geist als ein Wort Gottes und nicht mein totes Fleisch.
77. Du sollst wissen, daß ichs aus der toten Vernunft nicht sauge, sondern mein Geist inqualieret mit Gott und approbieret die Gottheit, wie die sei mit allem ihrem Gebären, Geschmack und Geruch. Befinde demnach, daß die Gottheit sei gar ein einfältiges, sanftes, liebliches und stilles Wesen, daß sich die Geburt der Dreiheit Gottes gar sanft, freundlich, lieblich und einig gebäret, und kann sich die Schärfe der innerlichsten Geburt niemalen in die Sanftmut der Dreiheit erheben, sondern bleibet in der Tiefe verborgen.
78. Und heißet die Schärfe im Verborgenen Gottes Zorn, und das Wesen der Sanftmut in der Dreiheit heißet Gott. Da gehet nichts aus der Schärfe aus, das da verderbe oder den Zorn anzünde, sondern die Geister spielen fein sanft ineinander wie die kleinen Kinder, wenn sie sich miteinander freuen, da ein jedes sein Werk hat, und spielen miteinander und liebkosen einander.
79. Solch Werk treiben auch die heiligen Engel. Und ist in der Dreiheit Gottes gar ein sanftes, liebliches und süßes Wesen, da sich der Geist in dem Tone immer erhebet, und reget eine Kraft die andere, als ob allda liebliche Gesänge oder Saitenspiele aufgingen.
80. Und wie das Aufsteigen der Geister an jedem Orte ist, also formet sich auch der Ton, aber ganz sanft, den Leibern der Engel unbegreiflich, aber der animalischen Geburt der Engel gar begreiflich. Und wie sich die Gottheit an jedem Orte erzeiget, also erzeigen sich auch die Engel. Denn die Engel sind aus diesem Wesen erschaffen und haben ihre Fürsten der Quellgeister Gottes unter sich, wie sie in der Geburt Gottes sind.
81. Darum wie sich das Wesen Gottes in der Geburt erzeiget, also auch die Engel. Welche Kraft in der Geburt Gottes zu jeden Zeiten Primus wird, und jubilieret aus dem Herzen Gottes in dem Heiligen Geiste, dessen Kraftfürst der Engel fänget auch seinen Lobgesang vor allen andern an und jubilieret mit seinem Heere, bald ist einer, bald der ander, denn die Geburt Gottes ist wie ein Rad.
82. Wenn sich aber das Herze Gottes mit seiner Klarheit sonderlich erzeiget, so gehet auf das ganze Heer aller drei Königreiche der heiligen Engel. Und in diesem Aufgehen des Herzens Gottes ist König und Primus der Mensch Jesus Christus, der führet den königlichen Reihen mit allen heiligen Seelen der Menschen bis an Jüngsten Tag. Alsdann werden die heiligen Menschen vollkömmliche Engel und die Gottlosen vollkömmliche Teufel und das in seine Ewigkeit. Hie bespiegele dich, du kluge Welt, woher deine Klugheit kommt.
83. Nun wirst du sagen: Suchest du doch viel tiefer Klugheit als wir, du willst in die Verborgenheit Gottes steigen, das keinem Menschen gebühret. Wir suchen nur menschliche Klugheit, und du willst Gott gleich sein und alles wissen, wie Gott ist, dazu in allen Dingen, beides im Himmel und Hölle, in Teufeln, Engeln und Menschen. Darum ists ja nicht unrecht, alle spitzfindigen, scharfen Listen zu suchen, denn es bringet Ehre und Gewalt, dazu Reichtum.
84. Einrede: Wo du mir auf dieser Leiter, darauf ich in die Tiefe Gottes steige, nachsteigest, so wirst du wohl gestiegen haben. Ich bin nicht durch meine Vernunft oder durch meinen vorgesetzten Willen auf diese Meinung oder in diese Arbeit und Erkenntnis kommen. Ich habe auch diese Wissenschaft nicht gesucht, auch nichts davor gewußt, ich habe allein das Herz Gottes gesucht, mich vor dem Ungewitter des Teufels darein zu verbergen.
85. Als ich aber dahin gelanget bin, so ist mir diese große und schwere Arbeit aufgeleget worden, der Welt zu offenbaren und anzukündigen den großen Tag des Herrn. Und weil sie hart nach des Baumes Wurze lüstert, ihnen zu offenbaren, was der ganze Baum sei, damit anzumelden, daß es die Morgenröte des Tages sei, das Gott in seinem Rat vorlängst beschlossen hat. Amen.
86. Also siehest du nun, was Gott sei und wie seine Liebe und Zorn von Ewigkeit gewesen ist, und darfst nicht sagen, daß du nicht in Gott lebest und bist oder daß Gott etwas fremdes sei, zu dem du nicht kannst kommen, sondern wo du bist, da ist die Porten Gottes. Bist du nun heilig, so bist du deiner Seelen nach bei Gott im Himmel; bist du aber gottlos, so bist du deiner Seelen nach im höllischen Feuer.
87. Nun merke weiter: Als Gott die Engel allesamt schuf, so wurden sie nun aus dieser Gebärung Gottes geschaffen. Ihr Leib ward aus der Natur zusammenkorporieret, darinnen gebar sich ihr Geist und Licht, wie sich die Gottheit gebar. Und wie die Quellgeister Gottes ihre Kraft und Stärke immer aus dem Leibe der Natur nahmen, also auch die Engel, die nahmen ihre Kraft und Stärke immer aus der Natur Gottes.
88. Und wie der Heilige Geist in der Natur alles formete und bildete, also inqualierete auch der Engelgeist in dem Heiligen Geiste und half alles formen und bilden, damit alles ein Herze und Wille wäre und eitel Lust und Freude.
89. Denn die Engel sind des großen Gottes Kinder, die er in seinem Leibe der Natur geboren hat zur Vermehrung der göttlichen Freude.
90. Hie sollst du aber wissen, daß der Engel Leiber nicht können die Geburt Gottes ergreifen. Ihr Leib verstehet sie auch nicht, allein ihr Geist verstehet sie. Der Leib aber hält stille gleichwie die Natur in Gott, und lässet den Geist mit Gott arbeiten und liebespielen. Denn die Engel spielen vor Gott und in Gott gleichwie die kleinen Kinder vor den Eltern, damit wird die göttliche Freude vermehret.
91. Als aber der großmächtige Fürst und König Luzifer erschaffen war, so wollte er solches nicht tun, sondern erhub sich und wollte allein Gott sein, und zündete das Zornfeuer in ihm an. Also taten auch alle seine Engel.
92. Als aber dieses geschah, so brüllete er mit seinem angezündeten Feuergeiste in der Natur Gottes; da ward der ganze Leib in der Natur Gottes, alsoweit seine Herrschaft reichete, angezündet. Weil aber sein Licht zuhand verlosch, so konnte er mit seinem Geiste in den zweien Geburten, des Sohnes Gottes und des Heiligen Geistes Gottes, nicht mehr inqualieren, sondern blieb in der scharfen Geburt Gottes stehen.
93. Denn das Licht Gottes und den Geist Gottes kann die scharfe Gebärung nicht begreifen, darum sind es auch zwei sonderliche Personen. Darum so konnte Herr Luzifer mit seiner strengen, kalten und harten Feuergeburt das Herze und den Hl. Geist Gottes nicht mehr berühren noch sehen, weder schmecken noch fühlen, sondern ward mit seinem Feuergeiste ausgespeiet in die äußerste Natur, darinnen er das Zornfeuer hatte angezündet.
94. Dieselbe Natur ist zwar der Leib Gottes, in welcher sich die Gottheit gebäret. Aber die Teufel können die sanfte Geburt Gottes, welche im Lichte aufgehet, nicht ergreifen. Denn ihr Leib ist im Lichte erstorben und lebet in der wüsten und strengen Geburt Gottes, da sich das Licht nimmermehr wieder anzündet.
95. Denn ihr Fettes im süßen Wasser ist verbrannt, und ist aus demselben Wasser ein saurer Gestank worden, darinnen sich das Licht Gottes nicht mehr kann anzünden und das Licht Gottes kann darin nicht mehr gehen.
96. Denn die Quellgeister in den Teufeln sind im harten Zorne verschlossen. Ihre Leiber sind ein harter Tod und ihre Geister sind ein grimmiger Stachel des Zorns Gottes, und ihre Quellgeister gebären sich immer in der innersten Schärfe nach der scharfen Gottheit Recht.
97. Denn anders können sie sich nicht gebären, auch so können sie nicht ersterben noch vergehen, sondern sie stehen in der allerängstlichsten Geburt, und ist nichts denn eitel Grimmigkeit, Zorn und Bosheit in ihnen. Der angezündete Feuerquell steiget auf von Ewigkeit zu Ewigkeit, und können die süße und lichte Geburt Gottes ewiglich nicht mehr berühren, weder sehen noch begreifen.
Von der angeziindeten Natur
98. Die Natur aber hat Gott darum also hart angezündet und sich darinnen erzürnet, daß er den Teufeln damit ein Wohnhaus bauete und sie darinnen gefangen hielte, auf daß sie wären Kinder seines Zorns, in denen er mit seinem grimmen Eifer herrschete und sie in dem Zorne.