Die Wolke über dem Heiligtum
oder Etwas, wovon sich die stolze Philosophie unseres
Jahrhunderts nichts träumen lässt.
Karl von Eckartshausen (1802)
Karl von Eckartshausen war ein deutscher katholischer Mystiker. Seine christlichen mystischen Werke gelten als Klassiker der okkulten Literatur. In „Die Wolke über dem Heiligtum“ erklärt Karl von Eckartshausen, wie die Menschheit wieder zu ihrer wahren Bestimmung kommen kann. Von Eckardshausen hält fest, dass der Mensch vor dem Fall aus dem Garten Eden der lebendige Tempel Gottes war. Aber Karl von Eckardshausen gibt uns in seiner Schrift Hoffnung, denn bereits in dem Moment, als dieser Tempel verwüstet wurde, soll Gottes Plan vom Wiederaufbau dieses Tempels entworfen und somit die Wiederverbindung des Menschen mit Gott besiegelt gewesen sein.
Nicht durch Armeen, und Heerscharen siegt der Herr,
sondern durch die Macht und Kraft seines Geistes.
Erster Brief
Für den stillen und ruhigen Beobachter ist kein Jahrhundert merkwürdiger, als das unsrige: Überall Fermentation und Gärung – im Geiste der Menschen, – wie im Herzen – überall Kampf des Lichts mit der Finsternis – Kampf der toten Ideen mit den lebendigen – des toten, ohnmächtigen Willens mit der lebendigen, tätigen Kraft – Krieg des Tiermenschen gegen den kommenden Geistmenschen.
Biete deinen letzten Kräfte nur auf, du Naturmensch – dein Kampf selbst verkündigt die höhere Natur, die in dir schlummert – du ahnst, du fühlst deine Würde, aber noch ist alles dunkel um dich herum, und die Lampe deiner schwachen Vernunft ist nicht hinlänglich, dir die Objekte zu beleuchten, nach denen du trachten sollst.
Man sagt, wir leben im Jahrhundert der Aufklärung – richtiger wäre der Ausdruck, wenn wir sagten, im Jahrhundert der Dämmerung: Da und dort bricht der Lichtstrahl durch den Nebel der Finsternis – aber noch beleuchtet er unsere Vernunft und unser Herz nicht rein. Die Menschen sind über ihre Begriffe nicht einig, die Gelehrten zanken sich; und wo Zank ist, ist noch keine Wahrheit.
Die wichtigsten Gegenstände für die Menschheit sind noch unberechtigt; man ist weder über das Prinzip der Vernunft, noch das Prinzip der Moralität oder Willensmotiv einig – ein Beweis, dass wir im Mittel der großen Zeit der Aufklärung noch nicht recht wissen, wie es um unseren Kopf, und um unser Herz steht.
Vielleicht wüssten wir all dieses eher, wenn wir uns nicht einbildeten, wir hätten schon die Kerze der Erkenntnis in unseren Händen, wenn wir einen Blick auf unsere Schwäche werfen, und erkennen könnten, dass uns noch ein höheres Licht fehlt.
Wir leben die Zeiten der Vernunft-Idololatrie, wir setzen eine Pechfackel auf den Altar und schreien laut: Es wäre Sonnen-Aufgang, es werde wirklich durch uns Tag, indem die Welt durch Künste und Wissenschaften und verfeinerten Geschmack, und selbst durch reine Erkenntnis in der Religion, sich immer mehr aus der Dunkelheit zum Licht und zur Vollkommenheit empor hebe.
Arme Menschen! Wie weit habt ihr es dann mit der Menschen-Glückseligkeit gebracht? War je ein Jahrhundert, wo die Unsittlichkeit größer, der Egoismus herrschender war, als das jetzige? – Die Früchte verkündigen die Eigenschaften des Baumes.
Betörte Menschen mit eurer eingebildeten Natur-Vernunft! Woher habt ihr denn das Licht, womit ihr so hell den andern leuchten wollt? Sind euere Ideen alle nicht von der Sinnlichkeit erborgt, die euch keine Wahrheit, sondern nur Erscheinung gibt?
Ist alles das, was in Zeit und Raum das Erkennbare gibt, nicht relativ? Ist alles das, was wir Wahrheit nennen können, nicht relative Wahrheit? Absolute Wahrheit ist in der Sphäre der Erscheinung nicht zu finden.
Eure Natur-Vernunft hat also nicht das Wesen, sondern nur den Schein der Wahrheit und des Lichts, je mehr aber dieser Schein zunimmt und sich ausbreitet, desto mehr nimmt das Wesen des Lichts im Innern ab, und der Mensch verliert sich im Schein und tappt nach glänzenden Bildern ohne Wirklichkeit.
Die Philosophie unseres Jahrhunderts erhebt die schwache Natur-Vernunft zur unabhängigen Objektivität, sie schreibt ihr gar eine gesetzgebende Macht zu, – beraubt sie der höheren Kraft, macht sie selbstständig und schafft sie zu einer wirklichen Gottheit um, da sie zwischen Gott und ihr allen Zusammenhang, alle wirkliche Gemeinschaft abschneidet, und dieser Vernunft-Gott, der kein Gesetz, als sein eigenes hat, soll die Menschen regieren und sie glücklich machen, die Finsternis soll das Licht verbreiten, die Armut soll Reichtum geben, und der Tod soll lebendig machen.
Wahrheit führt die Menschen zu ihrem Glück; könnt ihr sie geben?
Das, was ihr Wahrheit nennt, ist Inhaltsleere Begriff-Form über sinnliche oder unzugängliche Gegenstände, von außen durch die Sinne erlangt, und vom Verstand durch eine Synthese der bemerkten Verhältnisse in Wissenschaft oder in Wahn zusammengeordnet, materielle Wahrheit habt ihr keine, das geistige und materielle Principium ist euch Noumen.
Moralische Wahrheit, sowohl die theoretische als praktische, abstrahiert ihr aus Schrift und Tradition, da aber die Selbstheit eurer Vernunft Prinzip ist, und Egoismus nur Willens-Motiv, so seht ihr entweder durch euer Licht das gebietende Sittengesetz nicht, oder ihr stoßt es mit eurem Willen zurück, so weit hat es die jetzige Aufklärung gebracht; Selbstheit, im Gewand der philosophischen Heuchelei, ist das Kind des Verderbens, das sie der Welt gebar.
Wer kann behaupten, die Sonne stehe am Mittag, wenn kein Lichtstrahl die Gegend erfreuet, keine Wärme die Pflanzen erquicket? – – Wenn Weisheit die Menschen nicht bessert, wenn keine Liebe sie glücklicher macht, so ist fürs Ganze noch wenig geschehen.
O! Wenn der Natur- oder Sinnenmensch doch einsehen lernte, dass sein Vernunft-Prinzip nur Eigenheit hat, sein Willen-Motiv nur Selbstheit ist, und dass er eben darum äußerst elend und unglücklich sein muss, so würde er ein höheres Prinzip in seinem Innern aufsuchen, und sich der Quelle nahen, die dieses Prinzip Allen geben kann, weil es Weisheit in der Wesenheit ist.
Christus ist Weisheit, Wahrheit und Liebe: Als Weisheit ist Er das Prinzip der Vernunft, die Quelle der reinsten Erkenntnis: Als Liebe ist Er das Prinzip der Moralität, das wesentliche, reine Willens-Motiv.
Liebe und Weisheit ergänzt den Geist der Wahrheit, das innere Licht, das übersinnliche Gegenstände in uns erleuchtet und ihnen Objektivität gibt.
Es ist unbegreiflich, wie weit der Mensch in den Irrtum herabsinkt, wenn er die einfältigen Wahrheiten des Glaubens verlässt, und seine Meinung dagegen aufstellt.
Unser Jahrhundert will das Prinzip der Vernunft und der Moralität, oder das Willens-Motiv durch den Kopf bestimmen, und wenn die Herrn Gelehrten aufmerksam wären, würde es sich vielleicht im Herzen des einfältigsten Mannes besser bestimmt finden lassen, als in allen ihren glänzenden Räsonnements.
Der praktische Christ findet dieses Willens-Motiv, das Prinzip aller Moralität objektiv und reell in seinem Herzen – und es drückt sich in folgender Formel aus:
Liebe Gott über alles, den nächsten wie dich selbst.
Liebe zu Gott und zu unsern Nächsten ist das Willens-Motiv des Christen, und die Wesenheit der Liebe selbst ist Christus in uns.
So ist das Prinzip der Vernunft – die Weisheit in uns, und das Wesen der Weisheit, die Weisheit in der Substanz ist wiederum Christus, das Licht der Welt, wir finden also in Ihm das Prinzip der Vernunft und der Moralität.
Alles das, was ich hier sage, ist nicht hyperphysische Schwärmerei, es ist wirkliche Realität, absolute Wahrheit, die jeder durch die Erfahrung selbst prüfen kann, sobald er das Prinzip der Vernunft und der Moralität, Christum, als Weisheit und Liebe in sich aufnimmt. – Er hat sich selbst die Wahrheit genannt, und Er allein ist die Weisheit und Liebe.
Allein für den absoluten Grund alles Wahren und Transzendentalen ist der Sinnenmensch tief verschlossen, und eben die Vernunft, die wir heut zu Tage als Gesetzgeberin auf den Thron erheben wollen, ist bloß Sinnen-Vernunft, dessen Licht, wie der Schimmer des faulenden Holzes von dem Schimmer der Sonne verschieden ist.
Absolute Wahrheit ist für den Sinnen-Menschen nicht, sie ist bloß für den Innern- für den Geist-Menschen, der ein eigenes Sensorium besitzet, oder pünktlicher zu sagen einen Inneren Sinn, um die absolute Wahrheit der transzendentalen Welt aufzunehmen, einen geistigen Sinn, der geistige Gegenstände so natürlich zur Objektivität benützt, als der äußere Sinn die äußern Gegenstände.
Dieser innere Sinn des Geistmenschen, dieses Sensorium einer metaphysischen Welt ist leider denen noch nicht bekannt, die außen sind, und ist ein Geheimnis des Reiches Gottes.
Der jetzige Unglaube gegen alles das, von welchem unsere Sinnen-Vernunft keine Sinnen-Objektivität hat, ist Schuld, dass man die wichtigsten Wahrheiten für die Menschen misskennt.
Wie kann es aber auch anders sein, – um zu sehen, muss man Augen haben, um zu hören, Ohren, jedes sinnliche Objekt fordert seinen Sinn, so fordert auch das transzendentale Objekt sein Sensorium, und eben dieses Sensorium ist den meisten Menschen verschlossen, daher urteilet der Sinnen-Mensch von der metaphysischen Welt, wie der Blinde von der Farbe, und wie der Gehörlose von dem Ton.
Es gibt ein objektiv substantielles Vernunft-Prinzip, und ein objektiv substantielles Willens-Motiv: Diese beide zusammen sind das neue Lebens-Prinzip, und die Moralität ist eben wesentlich inhärent; diese vereinigte reine Vernunft und Willen-Substanz ist der Göttlich-Menschliche in uns, Christus das Licht der Welt, der mit uns unmittelbar in Verbindung treten muss, um real erkannt zu werden.
Diese reale Erkenntnis ist der lebendige Glaube, wo alles in Geist und Wahrheit übergeht.
Es muss also notwendig für diese Aufnahme ein organisiertes geistiges Sensorium geben, ein geistiges inneres Organ, das zu dieser Lichts-Aufnahme empfänglich ist, in den meisten Menschen aber unter der Kruste der Sinnlichkeit verschlossen liegt. Dieses innere Organ ist der Intuitions-Sinn der transzendentalen Welt, und ehe vor dieser Intuitions-Sinn in uns geöffnet wird, können wir keine Objektivität höherer Wahrheiten haben.
Die Verschlossenheit dieses Organs ist die notwendige Folge des durch den Fall versinnlichten Menschen; der rohe Stoff, der dieses innere Sensorium umhüllt, ist die Schuppe, die das innere Auge deckt und das äußere unfähig macht, in die Geisterwelt zu sehen: Dieser nämliche Stoff verstopft unser inneres Ohr, damit wir die Laute der metaphysischen Welt nicht vernehmen, und lähmt unsere innere Zunge, damit wir die Kraftworte des Geistes nicht mehr zu stammeln vermögen, die wir einst aussprechen, und wodurch wir der äußeren Natur und den Elementen geboten.
Im Anschluss dieses geistigen Sensoriums liegt das Geheimnis des neuen Menschen, das Geheimnis der Wiedergeburt und der innersten Vereinigung des Menschen mit Gott, der höchste Zweck der Religion hienieden, die Gottes-Vereinigung in Geist und Wahrheit zur höchsten Menschen-Bestimmung hat.
Wir können aus diesem leicht wahrnehmen, warum die Religion immer auf Unterjochung des Sinnen-Menschen dringt. Die Ursache liegt darin, weil sie den Geistmenschen will herrschend machen, dass der Geist- oder wahre Vernunft-Mensch über den Sinnen-Mensch herrschen muss. Diese Wahrheit fühlt auch der Philosoph, nur ist sein Irrtum darin, dass er das wahre Prinzip der Vernunft nicht kennt, und an dessen Stelle seine Eigenheit setzen will, seine Sinnen-Vernunft.
Wie der Mensch in seinem Innern ein geistiges Organ und Sensorium hat, das reale Vernunft-Prinzip, oder die göttliche Weisheit, oder das reale Willen-Motiv, oder göttliche Liebe aufzunehmen, so hat er im Äußern ein physisches materielles Sensorium, den Schein des Lichts und den Schein der Wahrheit aufzunehmen; da die äußere Natur keine absolute Wahrheit hat, sondern nur die relative der Erscheinung, so kann die menschliche Vernunft notwendig auch keine Verstandes-Wahrheit, sondern bloß den Schein der Erscheinung erhalten, die in ihm zum Motiv seines Willens bloß die Begierlichkeit rege machet, worin das Verderben des sinnlichen Menschen, oder der verdorbenen Natur besteht.
Dieses äußere Sensorium des Menschen ist aus einer ungleich-förmlichen corruptiblen Substanz zusammengesetzt, wie das Innere ein incorruptibles, transzendentales und metaphysisches Wesen zur Grundlage hat.
Das erste ist die Ursache unserer Corruptibilität und Sterblichkeit, das zweite die Ursache der Incorruptibilität und Unsterblichkeit.
In den Regionen der materiellen oder corruptiblen Natur überkleidet das Sterbliche das Unsterbliche, daher entspringt aus dem corruptiblen Stoff der Sterblichkeit all unser Elend.
Damit der Mensch dieses Elends befreit werde, ist es notwendig, dass das unsterbliche in unserm Innern liegende, unverwesliche Prinzip sich entwickle und gleichsam das verwesliche und sterbliche verschlinge, damit die Hülle der Sinnlichkeit abgestreift werde und der Mensch in seiner ursprünglichen Reinheit zu erscheinen vermöge.
Diese Kruste der sinnlichen Natur, die eine wirklich corruptible, und in unserm Blute liegende Substanz ist, bildet die Ketten des Fleisches, welche unsern unsterblichen Geist im gebrechlichen Fleisch gefesselt halten.
Diese Kruste kann in jedem Menschen mehr oder weniger aufgeschlossen werden, wodurch der Geist mehr in Freiheit gesetzt wird und daher mehrere Objektivität des Transzendentalen erhält, welchem er sich nähert.
Es sind drei Stufen oder drei verschiedene Grade der Aufschließung unseres geistigen Sinnes oder Sensoriums.
Der erste Grad geht nur bis zum sittlichen Guten, und die transzendentale Welt wirkt in uns durch innere Bewegungen, die man Einsprechungen nennt.
Der zweite und höhere Grad schließt unser Sensorium zur Empfänglichkeit des Geistigen und Intellektuellen auf, und die metaphysische Welt wirkt in uns durch innere Erleuchtungen ein.
Der dritte und höchste, aber auch seltenste Grad schließt das ganze Innere (die unser geistiges Aug und Ohr verschließende Kruste) auf, und gewährt uns gänzliche Anschauung im Geisterreiche – Objektivität der metaphysischen transzendentalen Gegenstände, wodurch sich auf einmal alle Visionen ganz natürlich erklären lassen.
Wir haben also im Innern ebenfalls Sinn und Objektivität wie im Äußern, nur sind die Gegenstände und Sinne verschieden, im Äußern ist das tierisch-sinnliche Motiv, das auf uns wirkt, und der corruptible Sinnenstoff nimmt die Einwirkung auf.
Im Innern ist es die unteilbare metaphysische Substanz, die in uns einfließt, und das incorrutible unsterbliche Wesen unsers Geistes, das diese Einflüsse aufnimmt. Im Ganzen geht es aber im Innern so natürlich zu, als im Äußern, das Gesetz ist überall das Nämliche.
Da also der Geist, oder unser innerer Mensch einen ganz andern Sinn und eine andere Objektivität als der Naturmensch hat, so ist es sich im geringsten nicht zu verwundern, dass er ein Rätsel für die Gelehrten unseres Jahrhunderts bleibt, die diesen Sinn nicht kennen, und nie eine Objektivität der transzendentalen und Geister-Welt gehabt haben, sie messen daher mit dem Maß der Sinnlichkeit das Übersinnliche, confundieren die corruptible Motive mit der incorruptiblen Substanz, und urteilen also notwendig so falsch über einen Gegenstand, als Menschen urteilen müssen, denen der Sinn fehlt, und die folglich keine Objektivität von der Sache haben, folglich auch weder relative, noch absolute Wahrheit. Der kantischen Philosophie verdanken die Wahrheiten, die wir da anführen, unendlich viel.
Kant hat unwidersprechlich erhärtet, dass die Vernunft in ihrem natürlichen Zustande vom Übersinnlichen, Geistigen und Transzendentalen gar nichts wisse, und dass sie nichts weder analytisch noch synthetisch zu erkennen vermöge, und folglich weder von Geistern, Seelen, noch Gott, weder Möglichkeit noch Wirklichkeit erweisen könne.
Dieses ist eine große und höchst wohltätige Wahrheit für unsere Zeiten, Paulus hat sie zwar schon 1. Kor. 2, 24. gesetzt; allein die heidnische Philosophie christlicher Gelehrten wusste sie bis auf Kanten zu entfernen.
Die Wohltat dieser Wahrheit ist zweifach: Einmal setzt sie der Empfindung, dem Fanatismus und der Vernunfts-Schwärmerei unübersteigliche Grenzen.
Zweitens setzt sie die Notwendigkeit und Göttlichkeit der Offenbarung in das glänzendste Licht, indem erwiesen ist, dass unsere Menschen-Vernunft bei ihrer Verschlossenheit fürs Übersinnliche ohne Offenbarung gar keine objektive Quelle hat, um sich von Gott, der Geisterwelt, Seele und Seelen-Unsterblichkeit daraus zu belehren, und es folglich absolut unmöglich wäre, von diesen Dingen etwas zu wissen, noch zu vermuten.
Wir sind es also Kanten schuldig, dass er nun auch den Philosophen bewiesen hat, wie es in einer höheren Schule der Lichtgemeinde schon längst erwiesen war, dass ohne Offenbarung keine Gotteskenntnis, noch keine Seelen-Lehre möglich war.
Woraus klar zu ermessen ist, dass allen Religionen in der Welt eine Universal-Offenbarung zur Grund-Basis dienen muss.
Nach Kant ist es also erwiesen, dass die intelligible Welt der natürlichen Vernunft ganz unzugänglich. Gott wohnt in einem Licht, zu dem keine Spekulation, keine unaufgeschlossene Vernunft hindurch zu dringen vermag.
Der Sinnen- oder Natur-Mensch hat also keine Objektivität des Transzendentalen; es war ihm daher die Offenbarung höherer Wahrheiten notwendig, und eben darum wird ihm auch der Glaube an die Offenbarung notwendig, weil ihm durch den Glauben die Mittel gegeben werden, sein inneres Sensorium aufzuschließen, wodurch die dem Natur-Menschen unzugängliche Wahrheiten objektiv werden können.
Es ist ganz richtig, dass wir mit neuen Sinnen neue Objektivitäten erhalten; diese Objektivitäten können vielleicht schon da sein, aber von uns nicht bemerkt werden, weil uns das Organ der Rezeptivität fehlt; so ist die Farbe da, obwohl sie der Blinde nicht sieht, so existiert der Ton, obwohl ihn der Taube nicht hört; der Mangel liegt nicht im aufzunehmenden Objekt, er ist im Mangel des recipierenden Organs aufzusuchen.
Mit Entwicklung eines neuen Organs haben wir neue Wahrnehmung, neue Objektivitäten; die Geisterwelt ist für uns nur darum nicht da, weil das Organ in uns nicht entwickelt ist, das sie uns objektiv macht.
Mit Entwicklung des neuen Organs ist der Vorhang auf einmal hinweg gezogen, der bisher undurchdringliche Schleier ist weggenommen, die Wolke vor dem Heiligtum ist verschwunden, eine neue Welt ist auf einmal für uns da, die Schuppe fällt vom Auge, und wir sind auf einmal vom Land der Erscheinungen im Lande der Wahrheit.
Gott allein ist Substanz, absolute Wahrheit; Er allein ist der, wer Er ist; wir sind die, was Er aus uns macht.
Für ihn ist alles in Einheit da, für uns alles im Mannigfaltigen.
Für diese Öffnung des innern Sensoriums haben viele tausend Menschen gar keinen Sinn, so wenig, als sie Sinn für das wahre innere Geistlebens-Objekt haben, das sie gar nicht kennen, noch ahnten, daher können sie unmöglich wissen, dass das Geistige und Transzendentale sich fassen lasse und dass man zum Übersinnlichen bis zum Anschauen erhoben werden kann.
Der große und wahre Tempelbau besteht einzig darin, die armselige adamische Hütte einzureißen, und den Tempel der Gottheit zu erbauen, das ist, mit andern Worten gesagt, das innere Sensorium, oder Gottes aufnehmendes Organ in uns zu entwickeln, nach welcher Entwicklung das metaphysische incorruptible Prinzip über das irdische herrschen wird, wonach der Mensch nicht mehr in dem Prinzip der Eigenliebe, sondern im Geist und Wahrheit, dessen Tempel er ist, zu leben anfängt.
Das Sitten-Gesetz wird dann in Menschenliebe und Tat, da es bei den Sinnen- und äußern Naturmenschen nur bloße Denkform bleibt, und der Geistmensch, als Wiedergeborener im Geist, sieht dann alles das im Wesen, wovon der Naturmensch nur leere Denkformen, leeren Ton, Sinnbilder und Buchstaben hat, die alle ohne den innern Geist leblose und tote Bilder sind.Der höchste Zweck der Religion ist innigste Vereinigung des Menschen mit Gott, und diese Vereinigung ist auch hienieden schon möglich, allein auf keine andere Art, als durch den Aufschluss unsers innern geistigen Sensoriums, der unser eröffnetes Herz receptibel zu Gottes Aufnahme macht.
Dieses sind folglich große Geheimnisse, von welchen sich unsere Philosophie nichts träumen lässt, und zu welchen die Schlüssel nicht bei den Schulgelehrten zu finden sind.
Unterdessen hat immer eine höhere Schule existiert, der dieses Depositum aller Wissenschaft anvertraut war, und diese Schule war die innere Lichtgemeinde des Herrn, die Gesellschaft der Erwählten, die von dem ersten Schöpfungstage an bis auf die jetzige Zeit ununterbrochen fortging, deren Mitglieder in der ganzen Welt zwar zerstreuet, aber immer durch einen Geist, und eine Wahrheit geeint waren, die nur eine Erkenntnis, nur eine Wahrheitsquelle, nur einen Herrn, Lehrer und Meister hatten, einen Lehrer und Meister in welchem die Universal-Gottes-Fülle substantiell wohnt, und der sie allein in die hohen Mysterien der Natur sowohl, als der Geisterwelt einweihte, und diese Lichtgemeinde wurde von jeher die unsichtbare innere Kirche genannt, oder die älteste Gemeinde, von der wir Ihnen im künftigen Brief das mehrere sagen werden.
Zweiter Brief
Es ist notwendig, im Herrn geliebte Brüder Ihnen einen reinen Begriff von der inneren Kirche beizubringen, von jener Lichtgemeinde Gottes, die in der ganzen Welt zerstreuet, nur aber durch eine Wahrheit regiert und durch einen Geist verbunden ist.
Diese Lichtgemeinde existiert seit dem ersten Schöpfungstage der Welt, und ihre Dauer wird bis den letzten Tag der Zeiten sein.
Sie ist die Gesellschaft der Erwählten, die das Licht in der Finsternis erkennen, und selbes in seinem Eigentum ausnehmen.
Diese Lichtgemeinde besitzt eine Schule, in der der Geist der Weisheit selbst, die nach Licht Dürstende unterrichtet, und alle Geheimnisse Gottes und der Natur sind in dieser Schule für die Kinder des Lichts aufbehalten; vollkommene Gottes-Kenntnis – vollkommene Natur-Kenntnis – vollkommene Menschheits-Kenntnis sind die Gegenstände des Unterrichts dieser Schule. – Aus ihr kommen alle Wahrheiten in die Welt, sie war die Schule der Propheten, und aller Weisheit suchenden, und in dieser Gemeinde allein ist die Wahrheit und die Enträtselung aller Geheimnisse und Mysterien zu finden. Sie ist die allerinnerste Gemeinde und besitzt Mitglieder mehrerer Welten. Hier folgen die Begriffe von ihr. Von jeher lag dem Äußeren ein Inneres zu Grunde, von welchem Innern das Äußere nur Expression, Grundriss war.
So war von jeher eine innere Versammlung – Gesellschaft der Auserwählten, der Lichtfähigen und Lichtsuchenden, und diese innere Gesellschaft wurde das innerste Heiligtum, oder die innere Kirche genannt.
Alles was die äußere Kirche an Symbolen, Zeremonien und Ritualen besitzt, ist Buchstabe, von dem der Geist und die Wahrheit in der inneren Kirche liegt.
Die innere Kirche ist also eine Gesellschaft, von der die Mitglieder in der ganzen Welt zerstreut sind, die aber im Innern nur ein Geist der Liebe und Wahrheit verbindet, und die von jeher an dem großen Tempel bauten, an der Regeneration der Menschheit, durch die das Reich Gottes wird offenbar werden, sie besteht in der Gemeinschaft der Lichtfähigen oder Erwählten.
Diese Lichtfähigen sind durch den Geist und die Wahrheit verbunden, und ihr Oberhaupt ist das Licht der Welt selbst – Christus, der Lichtgesalbte, der einzige Mittler des Menschengeschlechts, der Weg, die Wahrheit und das Leben, das Urlicht, die Weisheit, das einzige Medium, wodurch die Menschen wieder zu Gott gelangen können.
Die innere Kirche entstand gleich nach dem Fall des Menschen, und erhielt von Gott unmittelbar die Offenbarung, wie und auf welche Art das gefallene Menschengeschlecht wieder zu seiner Würde erhöht, und von seinem Elend erlöst werden wird – sie bekam das Urdepositum aller Offenbarungen und Mysterien – und den Schlüssel der wahren Wissenschaft, sowohl des Göttlichen als Natürlichen.
Da sich aber die Menschen vervielfältigten, so machte die Gebrechlichkeit des Menschen und seine Schwachheit eine äußere Gesellschaft notwendig, die die innere verborgen hielt, und Geist und Wahrheit durch den Buchstaben deckte. Denn da das Vielfältige, die Menge, das Volk die großen innern Geheimnisse nicht zu begreifen fähig war, und die Gefahr zu groß würde gewesen sein, den Unfähigen das Allerheiligste anzuvertrauen, so wurden die innern Wahrheiten in äußere sinnliche Zeremonien eingehüllt, damit durch das Sinnliche und Äußere, als Sinnbild des Innern, der Mensch nach und nach befähiget würde, den innern Wahrheiten des Geistes näher geführt zu werden.
Das Innere aber war immer dem Lichtfähigsten seiner Zeit anvertraut, und Er war der Besitzer des Urdepositums als Hohepriester im Heiligtum.
Da wegen der Schwachheit der Menschen, die nicht fähig waren, den Anblick des Lichts zu ertragen, sich die innern Wahrheiten in äußere sinnbildliche Zeremonien einhüllen mussten – so entstand der äußere Kultus – der aber immer Typus und Sinnbild des Innern blieb, nämlich der wahren Huldigung Gottes im Geist und Wahrheit.
Die Verschiedenheit zwischen geistigen und tierischen Menschen, oder zwischen den Vernunfts- und Sinnen-Menschen, machte das Äußere und das Innere notwendig – die innere geistige Wahrheiten traten in Sinnbilder und Zeremonien eingehüllt ins Äußere, damit der tierische Sinnen-Mensch aufmerksam gemacht, und nach und nach zu den innern Wahrheiten geführt werden konnte.
Der äußere Kultus war daher ein sinnbildlicher Typus der innern Wahrheiten, der wahren Verhältnisse, nämlich der Menschen mit Gott, diese bestunden in seinen Verhältnissen vor dem Fall und nach dem Fall – in dem Zustand seiner Würde, seiner Aussöhnung; auf diese drei Grundverhältnisse sind alle Sinnbilder des äußern Kultus gebaut.
Die Besorgung des äußeren Kultus wurde das priesterliche Geschäft genannt, dieses Geschäft wurde in den ersten Zeiten von jedem Hausvater besorgt – die Erstlinge der Früchte und der Tiere wurden Gott geopfert – die erste als Sinnbild, dass alles, was uns nährt und erhält, von Ihm kommt – die zweite als Sinnbild, dass der tierische Mensch ertötet, abgeschlachtet werden muss, um dem Geist- und Vernunfts-Menschen Platz zu machen.
Die äußere Gottesverehrung hätte sich nie von der inneren trennen sollen, allein da die Schwäche des Menschen den Geist so gern in dem Buchstaben vergisst, so erweckte der Geist Gottes unter jeden Nationen immer die Lichtfähigsten, und gebrauchte sich derer als seiner Agenten, die Wahrheit und das Licht nach der Empfänglichkeit des Menschen überall anzufachen, um den toten Buchstaben mit Geist und Wahrheit zu beleben.
Durch diese göttlichen Werkzeuge wurden die innern Wahrheiten des Heiligtums unter die entfernteste Nationen gebracht, und nach den Gebräuchen, Kulturfähigkeit und klimatischen Lage sinnbildlich nach ihrer Empfänglichkeit modifiziert – so dass die äußern Typen aller Religionen, ihr Kultus, Zeremonien und heiligen Bücher insgesamt, die innern Wahrheiten des Heiligtums, nur mehr oder weniger deutlich zum Gegenstand haben, und wodurch die Menschheit allein in den letztern Zeiten zur Allgemeinheit der Erkenntnis einer einzigen Wahrheit geführt werden wird.
Je mehr der äußere Kultus eines Volkes mit dem Geist der innern Wahrheit vereint blieb, um so reiner war ihre Religion, je mehr sich aber der sinnbildliche Buchstabe vom innern Geist trennte, desto unvollkommener wurde die Religion – die endlich bei einigen gar in Vielgötterei ausartete – da der äußere Buchstabe gänzlich seinen innern Geist verlor, und das tote Zeremoniell überblieb – ohne Seele und ohne Leben.
Nachdem die Keime der wichtigsten Wahrheiten von den Lichtfähigen und Agenten Gottes unter alle Völker gebracht worden sind, wählte Gott ein bestimmtes Volk, um ein lebendiges Sinnbild aufzustellen – nach welcher Art und Weise Er das ganze Menschengeschlecht in seinem jetzigen Zustande regieren, und zu höchster Ausbildung und Vollkommenheit bringen wolle.
Diesem obengenannten Volk setzte Gott selbst seine äußere gottesdienstliche Verfassung, und zum Zeichen der Wahrheit gab er ihr alle gemeinschaftliche Sinnbilder und Zeremonien, wodurch die innern großen Wahrheiten des Heiligtums gleichsam im Abdruck enthalten waren.
Diese äußere Kirche weihte Gott in Abraham ein, gab ihr Gebote in Moses und versprach ihr die Versicherung ihrer höchsten Vollkommenheit durch die doppelte Sendung Jesu Christi – in seinem persönlichen Dasein in Armut und Leiden, und in der Mitteilung seines Geistes in der Herrlichkeit des Auferstandenen.
Da nun Gott den Grund zur äußern Kirche selbst legte, so machte die ganze Fülle der Sinnbilder des äußeren Kultus die Tempel- oder Priester-Wissenschaft derselbigen Zeiten aus, und alle Geheimnisse der heiligsten inneren Wahrheiten wurden durch die Offenbarung in das Äußere gelegt.
Die wissenschaftliche Kenntnis dieser heiligen Symbolik war die Wiederverbindungskunde des gefallenen Menschen mit Gott, und daher erhielt die Religion ihren Namen – als Wiederverbindungslehre des getrennten von Gott entfernten Menschen mit seinem Ursprung.
Aus diesem reinen Begriff des Worts Religion im Allgemeinen sieht man leicht ein, dass die Einheit der Religion im innersten Heiligtum liegt, und dass die Vielheit der äußern Religionen nie diese Einheit, die allem Äußern zugrunde liegt, verändern, noch schwächen können.
Die Tempel-Weisheit des alten Bundes wurde von Priestern und Propheten verwaltet.
Dem Priester war das Äußerliche anvertraut, der Buchstabe des Sinnbilds, des Hieroglyphen.
Die Propheten besorgten das Innere, den Geist, die Wahrheit – und ihre Beschäftigung war immer die Priester vom Buchstaben zum Geist zurückzurufen, da sie den Geist manchmal zu vergessen, und sich bloß in Buchstaben aufzuhalten suchten.
Die Priester-Wissenschaft war die Wissenschaft der Kenntnis der äußern Sinnbilder.
Die Propheten-Wissenschaft war die Wissenschaft und der praktische Besitz des Geistes und der Wahrheit dieser Sinnbilder – im Äußern lag der Buchstabe, im Innern der lebendig machende Geist.
Es war also in dem alten Bund eine Priester- und Propheten-Schule.
Jene beschäftigte sich mit Emblemen, und diese mit den Wahrheiten, die unter den Emblemen verstanden werden. Die Priester waren im äußerlichen Besitz der Arche – des Schaubrots – des Leuchters – des Manna und des Stabs Aarons. – Und die Propheten waren im Besitz der innern geistigen Wahrheiten, die durch obige Sinnbilder äußerlich vorgestellt wurden.
Die äußere Kirche des alten Bundes war sichtbar, die innere war immer unsichtbar, musste unsichtbar sein, und regierte doch alles, weil ihr allein Kraft und Macht anvertrauet war.
Wenn der äußerliche Gottesdienst den innern verließ, verfiel er – und Gott bestätigte durch eine Reihe der merkwürdigsten Vorfälle – dass der Buchstabe ohne den Geist nicht bestehen kann, dass er nur da ist, um zum Geist zu führen, und dass er überflüssig und von Gott selbst als verwerflich angesehen wird, wenn er seine Bestimmung verlässt.
Wie der Geist der Natur sich in den ödesten Gründen ausbreitet, um alles zu beleben, zu erhalten und Wachstum zu geben, was das Wachstums empfänglich ist, so breitete sich der Geist des Lichtes im Innern durch alle Nationen aus, um den rohsten Buchstaben überall durch den innern Geist zu beseelen, so finden wir den Job unter den Götzendienern, einen Melchizedek unter der fremden Nation, einen Joseph bei den ägyptischen Priestern, und Moses im Land Midian zum sprechendsten Beweise, dass die innere Gemeinschaft der Lichtfähigen durch alle Zeitalter und Nationen in einem Geist und einer Wahrheit verbunden war.
An alle Agenten des Lichts der innern einzigen Gemeinde schloss sich der wichtigste aller Agenten, Christus Jesus selbst in Mitte der Zeit an, als ein Priesterkönig nach der Ordnung Melchizedeks.
Die göttlichen Agenten des alten Bundes stellten nur einzelne Vollkommenheiten Gottes dar, in der Hülle oder Mitte der Zeit musste eine mächtige Aktion erfolgen, die alles auf einmal – alles in Einem zeigte. Ein Universal-Typus erschien, der den bisherigen Zügen des Gemäldes volle Einheit gab, der ein neues Tor aufschloss und die Zahl der menschlichen Sklaverei tilgte – die Strenge zur Liebe erhob, und als das emanierte Bild der Weisheit selbst, dem Menschen die ganze Größe seines Wesens zeigte, ihn nach allen Kräften neu belebte, der Unsterblichkeit versicherte, und sein intellektuelles Wesen zum wahren Tempel des Geistes erhob.
Dieser größte aller Agenten, dieser Welt-Erlöser und Universal-Regenerator heftete seinen ganzen Blick auf jene Urwahrheit, wonach der Mensch sein Dasein erhalten und seine Würde wieder erlangen konnte, die er besaß; in dem Zustand seiner Erniedrigung legte er den Grund zur Menschenerlösung, und versicherte selbe durch seinen Geist einst vollkommen zu geben, wie er alles, was mit seinen Erwählten geschehen wird, im Kleinen unter seinen Aposteln wahrhaft gezeigt hat.
Unter seinen Erwählten, denen er den Geist der Wahrheit sendete, setzte Er die Kette der innern Lichtgemeinde fort, und vertraute selben das höchste Urdepositum aller göttlichen und natürlichen Wahrheiten an, zum Zeichen, dass er seine innere Gemeinde ewig nicht verlassen werde.
Da der Buchstabe – und der sinnbildliche Kultus der äußern Kirche des alten Bundes durch die Menschwerdung des Erlösers, in Wahrheit übergegangen sind, und sich in der Person des Erlösers verifiziert haben – so waren wieder neue Sinnbilder für das Äußere notwendig, welche im Buchstaben uns die zukünftige oder die ganze Vollendung der Erlösung zeigten.
Nach diesen unwandelbaren Grundwahrheiten wurden die zeremonielle Sinnbilder und Rituale der äußeren christlichen Kirche eingerichtet, und verkündigten Dinge von unbeschreiblicher Stärke und vom höchsten Gewicht, die sich nicht beschreiben lassen, und die bloß denen bekannt waren, die das innerste Heiligtum kannten.
Dieses innere Heiligtum stand immer unverändert und unwandelbar – obwohl das Äußere der Religion, der Buchstabe, durch Zeit und Umstände verschiedene Modifikationen erhielt, und von den inneren Wahrheiten, die das Äußere als den Buchstaben nur erhalten können, abging.
Der unheilige Gedanke alles Christliche zu zivilisieren, und alles Politische christianisieren zu wollen, veränderte das äußere Gebäude, und überzog mit Finsternis und Tod, was im Innern Licht und Leben war. Es entstunden Spaltungen und Ketzereien, und der sophistische Geist wollte den Buchstaben erklären, da er schon den Geist der Wahrheit verloren hatte.
Der Unglaube brachte das Verderben aufs höchste, man suchte selbst des Gebäude des Christentums in seinen ersten Gründen anzugreifen, und vermischte das heilige Innere mit dem Äußern, das den Schwächen und der Unwissenheit gebrechlicher Menschen unterworfen war.
Es entstand der Deismus, dieser erzeugte den Materialismus, welcher allen Zusammenhang des Menschen mit höheren Kräften für Einbildung hielt, und endlich eine gänzliche Gottesverleugnung – teils durch Verstand, teils durch das Herz, die höchste und letzte Erniedrigung des Menschen.
Bei all dem blieb die Wahrheit im Innern immer unerschüttert.
Treu dem Geist der Wahrheit, der seine Gemeinde nie zu verlassen versprach, lebten die Mitglieder der innern Kirche in ruhiger Stille und wirksamer Tätigkeit, und vereinigten die Tempel-Wissenschaft des alten Bundes, mit dem Geist des großen Menschen-Erlösers des inneren Bundes – demütig den großen Augenblick erwartend, in dem sie der Herr zusammen rufen, seine Gemeinde sammeln wird – um jedem toten Buchstaben die äußere Kraft und Leben zu geben.
Diese innere Lichtgemeinde ist die Vereinigung aller Lichtfähigen und Erwählten, und wird unter dem Namen Gemeinschaft der Heiligen verstanden.
Dieser Lichtgemeinde war das Urdepositum aller Kräfte und Wahrheiten von jeher anvertraut – und sie allein, wie Paulus sagt, war im Besitz der Wissenschaft der Heiligen, durch sie wurden die Agenten Gottes in jedes Zeitalter gebildet, die aus dem Innern ins Äußere heraus traten – und Geist und Leben den toten Buchstaben erteilten – wie wir schon erwähnet haben.
Diese Lichtgemeinde war von jeher die wahre Schule des Geistes Gottes, und als Schule betrachtet, hat sie ihren Lehrstuhl – ihren Lehrmeister – besitzt ein Exemplar, aus dem ihre Schüler studieren, Formen und Gegenstände, die sie studieren, und eine Methode, nach der sie studieren.
Sie hat auch ihre Stufen, nach welchen sich der Geist sukzessive entwickeln und immer höher und höher steigen kann.
Die erste und unterste Stufe besteht im moralischen Sittlich-Guten, wodurch der einfältige Gott untergeordnete Wille – durch das reine Willens-Motiv, welches Christus ist, und das er durch den Glauben ausgenommen – zum Guten geleitet wird. – Die Mittel, dessen sich der Geist dieser Schule bedient, werden Einsprechungen genannt.
Die zweite Stufe besteht im internellen Vernünftigen, wodurch der Gute und mit Gott Vereinigte den Verstand mit Weisheit und Licht der Erkenntnis krönt, und die Mittel, welcher sich der Geist hierzu bedient, werden innere Erleuchtungen genannt.
Die dritte Stufe endlich und die höchste, ist gänzliche Ausschließung unsers innern Sensorium, wodurch der innere Mensch zu objektiver Anschauung metaphysischer reeller Wahrheiten gelangt. – Dieses ist die höchste Stufe, in deren der Glaube ins Schauen übergeht – und die Mittel, deren sich der Geist hierzu bedient, sind reelle Visionen.
Dieses sind die drei Grade der wahren Weisheits-Schule der innern Lichtgemeinde. – Der nämliche Geist der die Menschen zu dieser Gemeinde befähigt, teilt diese Grade auch mit nach dem Mitwirken des Subjekts.
Diese Weisheits-Schule war immer die geheimste und verborgenste der Welt, denn sie war unsichtbar und bloß der göttlichen Regierung unterworfen.
Sie war dem Unfalle der Zeit und den Schwachheiten der Menschen nie ausgesetzt, denn nur die Fähigsten jederzeit wurden dazu gewählt, und der Geist, der sie wählte, konnte sich an seinen Subjekten nicht betrügen.
Aus dieser Schule entwickelten sich die Keime aller erhabenen Wissenschaften, und wurden erst von den äußern Schulen aufgenommen, in andere Formen umgekleidet und manchmal verstaltet.
Diese innere Gesellschaft der Weisen teilte nach Zeit und Umständen allen äußeren Gesellschaften ihre Sinnbilder-Hieroglyphik mit, um den äußern Menschen auf die große Wahrheiten des Innern aufmerksam zu machen.
Alle äußern Gesellschaften bestanden aber auch nur so lang, als diese innere Gesellschaft ihren Geist ihnen mitteilte. – Sobald aber die äußere Gesellschaften unabhängig von der innern sein wollten, und den Tempel der Weisheit zu einem politischen Gebäude umstalten wollten, zog sich die innere Gesellschaft zurück, und es blieb nichts als der gottlose Buchstabe.
So waren alle geheimen Weisheits-Schulen bloß in Hieroglyphen gesteckte Vorhänge, die Wahrheit selbst blieb immer ein Heiligtum, damit sie nie entweiht werden konnte.
In dieser innern Gesellschaft findet der Mensch Weisheit und mit ihr Alles; nicht die Weisheit der Welt, die bloß wissenschaftliche Kenntnis und nicht Weisheit ist, die bloß an der äußern Hülle herum schleicht und nie den Mittelpunkt berührt, der doch alle Kräfte in sich hält. Man findet wahre Weisheit und Menschen die ihr huldigen.
Alle Zänkereien, alle Kontroversen, alle Gegenstände der falschen Weltklugheit, alle fremde Idiome, alle Dissertationen, die unnütze Keime der Meinungen, die den Samen der Uneinigkeiten streuen; alle Irrungen, Schismen und Systeme sind hier verbannt. Man findet hier weder Ehrabschneidung, noch üble Nachreden, jeder Mensch wird geehrt; die Satire, der Witz, der sich so gern auf Unkosten des andern hervortut, ist unbekannt; hier kennt man nur die Liebe.
Verleumdung, dieses Ungeheuer, erhebt nie unter Freunden der Weisheit ihr Schlangenhaupt, Menschen-Schonung ist hier allein bekannt. Hier beschnarcht man nicht die Fehler des andern, hier macht man keine bittere Vorwürfe über Vergehungen; nachsichtig und liebevoll führt man den Wanderer auf den Weg der Wahrheit, man sucht zu überzeugen, zu rühren, und überlässt die Strafe der hellen Einsicht und dem Licht.
Man hilft dem Bedürfnisse ab, unterstützt die Schwäche, freut sich des Aufschwingens und der höheren Würde des Menschen.
Das Glück, das Geschenk des Zufalls, erhebt keinen über den andern; der allein schätzt sich am glücklichsten, dem die Gelegenheit winkt, dem andern wohl zu tun – und diese Menschen alle, die nun ein Geist der Liebe, ein Geist der Wahrheit verbindet, machen die unsichtbare Kirche – die Gesellschaft des unsichtbaren Reichs des Innern unter einem einzigen Vorstand, der Gott ist.
Man muss sich unter dieser Gemeinde keine heimliche Gesellschaft vorstellen, die zu gewissen Zeiten sich versammeln, ihre Vorsteher und Mitglieder wählt und sich gewisse Entzwecke festsetzen; alle Gesellschaften, welche sie immer seien, müssen dieser innern Gemeinde der weisen Art nachstehen. Sie kennt keine Formalitäten, die das Werk der äußern Hülle, das Werk der Menschlichkeit; im Reich der Kräfte verschwinden alle äußere Formen.
Gott selbst ist das immerbleibende Oberhaupt; der beste Mensch des Zeitalters, der erste Vorstand erkennt alle seine Mitglieder selbst nicht, aber im Augenblick, wo Gottes Zweck er notwendig macht, sie kennen zu lernen, trifft er sie in der Welt sicher an, um zu dem bestimmten Ziel zu wirken.
Diese Gemeinde hat keinen äußern Vorrang; wer zum Wirken vor Gott gebraucht wird, ist der Erste, er zeigt sich den Andern ohne Hochmut, und wird von Andern aufgenommen ohne Neid. Müssen wahre Mitglieder zusammen kommen, so finden sie sich, und kennen sich sicher, keine Verstellung kann Platz haben, keine Larve der Heuchelei, keine Heimtücke decken die Charakterzüge dieser Gemeinde, denn sie sind zu originell; die Maske, die Illusion ist abgezogen – alles erscheint in seiner wahren Gestalt.
Kein Mitglied kann ein anderes wählen, die Wahl behält sich der Geist aller bevor. – Berufen sind alle Menschen. Die Berufenen können gewählt werden, die reif zum Eingang geworden sind.
Den Eingang kann jeder suchen, und jeder, der im Innern ist, kann den Eingang den andern suchen lehren: So lang man nicht reif ist, wird man nicht ins Innere gelangen.
Unreife Menschen würden Unordnungen in die Gemeinde bringen, und Unordnung kann sich nicht mit dem Innern vertragen, dieses stößt alles zurück, was nicht homogen ist.
Weltklugheit forscht vergebens diesem Innern nach – vergebens belauscht die List die großen Geheimnisse, die da verborgen liegen; für den, der nicht reif ist, ist alles Hieroglyph, er kann im Innern nichts sehen, nichts lesen.
Wer reif ist, schließt sich an die Kette an, vielleicht oft da, wo er es am mindesten glaubt, und wo er oft selbst nichts davon weiß.
Reif zu werden suchen, muss das Bemühen desjenigen sein, der die Weisheit liebt.
Aber es gibt auch Mittel reif zu werden. In dieser heiligen Gemeinde ruht das Urdepositum der ältesten Urkunden des Menschengeschlechts, nebst den Urgeheimnissen aller Wissenschaften, sie ist die einzige wahre Lichtgemeinde, die im Besitz des Schlüssels aller Geheimnisse ist, und das Innere der Natur und der Schöpfung kennt, sie ist eine Gesellschaft, die an höhere Kräfte sich anschließt, und Mitglieder mehr dann einer Welt zählt, sie ist die Gesellschaft, aus der die Mitglieder eine theokratische Republik bilden, die die Mutter-Regentin der ganzen Welt einst sein wird.
Dritter Brief
Die Wahrheit, die im Innersten der Mysterien liegt, ist der Sonne gleich; nur dem Auge eines Adlers (dem Gemüte eines Lichtfähigen) ist es vergönnt, sie anzublicken. Geblendet wird der Blick jedes andern Sterblichen, und Dunkelheit umhüllt ihn im Licht.
Nie war das große Etwas, das im Innersten der heiligen Geheimnisse liegt, dem Adlerblick des Lichtfähigen verborgen.
Gott und die Natur haben keine Geheimnisse für ihre Kinder; das Geheimnis liegt bloß in unserer Schwäche, die nicht fähig ist, das Licht zu ertragen, und die zu dem keuschen Anblick der nackten Wahrheit noch nicht organisiert ist.
Diese unsere Schwäche ist die Wolke, die das Heiligtum deckt; diese ist der Vorhang, der den Eintritt in das Allerheiligste verhindert.
Damit aber der Mensch das verlorene Licht, die verlorene Kraft, seine verlorene Würde wieder erlangen könne, so ließ sich die liebende Gottheit zu der Schwäche seiner Geschöpfe herab, und schrieb die innern ewigen Wahrheiten und Geheimnisse auf die Außenseite der Dinge, damit der Mensch den Buchstaben wieder erhalten und sich durch selben zu dem Geist aufschwingen konnte.
Diese Buchstaben sind die Zeremonien oder das Äußere der Religion, die zum innern, tätigen, lebensvollen Geist der Wiederverbindung mit Gott führen.
Solche Buchstaben sind auch die Hieroglyphen der Mysterien, die Abrisse und Abzeichnungen innerer heiliger Wahrheiten, die dieser hieroglyphische Vorhang bedeckt, der vor das Heiligtum gezogen ist.
Die Religion und die Mysterien reichen sich die Hände, die Menschen, unsere Brüder alle, zu einer Wahrheit hinzuführen. Beide haben eine Umkehrung, eine Erneuerung unseres Wesens zum Zweck – beide zielen auf die Wiederaufbauung eines Tempels, worin Weisheit mit Liebe, oder Gott mit dem Menschen wohnt.
Die Religion und die Mysterien aber wären äußerst unnütze Erscheinungen, wenn ihnen nicht die Gottheit wahrhafte und tätige Mittel gegeben hätte, ihre großen Zwecke zu erreichen.
Diese Mittel lagen aber immer in dem innersten Heiligtum. Die Mysterien sind bestimmt, der Religion einen Tempel zu bauen, und die Religion ist bestimmt, in selbem die Menschen mit Gott zu vereinen.
Von solcher Größe ist die Religion; von solcher hohen Würde sind die Mysterien aller Zeiten.
Es wäre beleidigend für Sie, innigst geliebte Brüder, wenn wir je denken könnten, dass Sie jemals die heiligen Geheimnisse nicht von diesem wahren Gesichtspunkt ansahen, von welchem sie angesehen werden müssen – von dem Gesichtspunkt, der dieselbe als das einzige Mittel darstellt, wodurch sich die in die heilige Bildersprache gehüllte Lehre der wichtigen Wahrheiten über Gott, die Natur und den Menschen bloß in ihrer Reinheit und Wahrheit zu erhalten im Stande war – Wahrheiten, die nach und nach unter den Profanen in die gewöhnliche Menschensprache übersetzt, immer undeutlicher und unverständlicher wurden.
Die Mysterien, wie Sie wissen, zärtlich geliebte Brüder, versprechen Geheimnisse, die immer ein Erbteil weniger Menschen sein und bleiben werden – Geheimnisse, die sich weder verkaufen, noch auf dem Katheder öffentlich lehren lassen – Geheimnisse, für die nur ein Herz empfänglich ist, das nach Weisheit und Liebe ringt, und in welchem Weisheit und Liebe bereits erweckt worden sind.
Der, in welchem diese heilige Flamme erweckt worden ist, lebt wahrhaft glücklich, mit allem zufrieden, und im Zwange selbst frei. Er sieht den Grund menschlicher Verderbnisse ein, und erkennt ihre Unvermeidlichkeit; er hasst keinen Verbrecher, er bedauert ihn, sucht dem Gesunkenen aufzuhelfen, den Verirrten zurechtzuführen, löscht den lodernden Docht nicht aus, und zerknickt nicht ganz das zerbrochne Rohr, weil er fühlt, dass ungeachtet alles Verderbens, im Ganzen noch nichts verdorben ist. Er durchschaut mit einem geraden Blicke die Wahrheit aller Religionssysteme in ihrem ersten Grunde; er kennt die Quellen des Aberglaubens und des Unglaubens als Modifikation der Wahrheit, die noch nicht ihr Gleichmaß erhalten hat.
Von diesem Gesichtspunkt, würdigste Brüder! sind wir versichert, dass Sie den Mystiker betrachten, und seiner königlichen Kunst nicht zu Schulden legen, was abgesonderte Wirksamkeit Einzelner nach Zeit und Umständen daraus gemacht haben.
Mit diesen Grundsätzen, die ganz die unsrigen sind, werden Sie die Religion und die Geheimnisse der heiligen Schulen der Weisheit, als Schwestern betrachten, die Hand an Hand für das Wohl aller Menschen seit der Notwendigkeit ihrer Entstehung gewacht haben.
Die Religion teilt sich in eine äußerliche und innerliche; die äußerliche hat den Kultus und die Zeremonien, und die innerliche die Anbetung im Geist und Wahrheit zum Gegenstand.
Auch die Weisheitsschulen teilen sich in äußerliche und innerliche. Die äußerlichen besitzen den Buchstaben der Hieroglyphen; die innerlichen den Geist und seinen Sinn.
Die äußere Religion wird mit der inneren durch die Zeremonien verbunden.
Die äußere Schule der Mysterien verbindet sich durch die Hieroglyphen mit der innern.
Wir nähern uns nun aber der Zeit, wo der Geist den Buchstaben lebendig machen muss; wo die Wolke verschwinden wird, die das Heiligtum deckt; wo die Hieroglyphen in Anschauung und die Wörter in Verstand übergehen werden.
Wir nahen uns der Zeit, die den großen Vorhang teilen wird, der das Allerheiligste verhüllt. Der Verehrer der heiligen Geheimnisse wird sich nicht mehr durch äußerliche Worte und Zeichen zu erkennen geben, sondern durch den Geist der Worte, und die Wahrheit der Zeichen.
So wird auch die Religion nicht mehr bloß äußerliches Zeremoniell sein; sondern die innern heiligen Geheimnisse werden in den äußern Kultus übergehen, um die Menschen zu Anbetung Gottes in Geist und Wahrheit vorzubereiten.
Bald wird die dunkle Nacht der Bildersprache verschwinden; das Licht wird den Tag gebären, und das heilige Dunkel der Geheimnisse wird im Glanz der höchsten Wahrheit dastehen.
Die Wege des Lichts sind für die Erwählten und Lichtfähigen bereitet; das Licht der Natur, das Licht der Vernunft und das Licht der Offenbarung werden sich einen.
Der Vorhof der Natur, der Tempel der Vernunft und das Heiligtum der Offenbarung werden nur einen Tempel bilden. So wird der große Bau vollendet werden, der in der Vereinigung des Menschen mit der Natur und mit Gott besteht.
Vollkommene Menschenkenntnis, vollkommene Naturkenntnis, vollkommene Gotteskenntnis werden die Lichter sein, welche den Führern der Menschheit leuchten werden, um von allen Seiten die Menschen, ihre Brüder, von den dunklen Wegen der Vorurteile zur reinen Vernunft, und von den Pfaden stürmischer Leidenschaften auf die ruhigen Wege der Gelassenheit, der Tugend zu führen.
Die Krone der Weltbeherrscher wird reine Vernunft; ihr Szepter tätige Liebe sein; und das Heiligtum wird ihnen Salbung und Kraft geben, den Verstand der Völker von Vorurteilen und Finsternis, das Herz von den Leidenschaften der Selbstliebe und des Eigennutzes und physische Existenz von der drückenden Armut und der schmachtenden Krankheit zu befreien.
Wir nähern uns dem Reiche des Lichts, dem Reiche der Weisheit und der Liebe, dem Reiche Gottes, der die Quelle des Lichts ist. Brüder des Lichts, es gibt nur eine Religion, deren einfältige Wahrheit sich in alle Religionen gleichsam wie in Zweige geteilt hat, um von der Mannigfaltigkeit in eine Religion wieder zurückzukehren.
Söhne der Wahrheit, es gibt nur einen Orden – nur eine Verbrüderung, nur eine Verbindung gleichdenkender Lichtfähiger, das Licht zu erreichen, aus dessen Mittelpunkt das Missverständnis unzählige Orden errichtet hat, damit alle aus der Mannigfaltigkeit der Meinungen zu der einzigen Wahrheit und wahren Verbindung zurückkehren können, die die Verbindung der Lichtfähigen, oder die Gemeinschaft der Erwählten ist.
Nach diesem Maßstab sind alle Religionen und alle Menschenverbindungen zu messen. Das Mannigfaltige liegt in dem Zeremoniell des Äußern, die Wahrheit ist nur eine im Innern.
Die Mannigfaltigkeit der Verbrüderung liegt in der Mannigfaltigkeit der Auslegung der Hieroglyphen, nach Zeit, Bedürfnissen und Umständen. Die wahre Gemeinschaft des Lichts kann nur eine sein.
Alles Äußere ist Hülle, die das Innere verdeckt; so ist auch alles Äußere Buchstabe, der sich immer vervielfältigt, aber die Einfalt des Geistes im Innern nie verändert, nie schwächt.
Der Buchstabe war notwendig. Wir mussten ihn finden, zusammensetzen, lesen lernen, um den innern Sinn, um den Geist wieder zu erreichen.
Alle Irrungen, alle Spaltungen, aller Missverstand, alles, was in Religionen und geheimen Verbindungen zu so viel Irrungen Anlass gab, betrifft alles den Buchstaben; der Geist blieb immer unbetastet und heilig. Alles rührte den äußern Vorhang, worauf die Hieroglyphen, Zeremonien und Rituale geschrieben waren, nichts rührte das Innere.
Alles, was Irrtum, Missverstand, Selbsteigennutz und Habsucht gemissbraucht haben, war das Äußere – das, was auf der Tapete war, was auf dem Vorhang gezeichnet stand; das, was hinter demselben war, blieb rein und heilig.
Nun nähert sich aber die Zeit der Vollendung der Lichtsuchenden, Lichtfähigen, der Erwählten.
Es nähert sich die Zeit, wo das Alte mit dem Neuen, das Äußere mit dem Innern, das Obere mit dem Untern, das Herz mit der Vernunft, der Mensch mit Gott verbunden werden soll, und diese Epoche ist dem jetzigen Jahrhundert vorbehalten.
Fragt nicht, geliebte Brüder, warum dem jetzigen Jahrhundert?
Alles hat seine Zeit für Wesen, die in Zeit und Raum eingeschlossen sind. So sind die unveränderlichen Gesetze der Weisheit Gottes, die alles ordnet, nach Harmonie und Vollkommenheit.
Die Erwählten mussten erst um Weisheit und Liebe ringen, bis sie fähig wurden, die Macht zu verdienen, welche die unveränderliche Gottheit nur dem Weisen und Liebenden geben kann.
Der Morgen wird in der Nacht erwartet; dann geht die Sonne auf, und endlich tritt sie an den hellen Mittag, wo aller Schatten vor ihrem geraden Lichtstrahl verschwindet. Erst musste der Buchstabe der Wahrheit sein; dann kam der praktische Ausleger, die Wahrheit selbst, und nach ihr kann erst der Geist der Wahrheit kommen, der die Wahrheit bestätigt, und die Siegel auflegt, die das Licht verschließen. Wer der Wahrheit empfänglich ist, wird uns verstehen.
An Sie, meine verehrten Brüder, die Sie nach Wahrheit strebten; die Sie treu die Hieroglyphen der heiligen Geheimnisse in ihrem Tempel bewahrt hatten, an Sie wendet sich der erste Lichtstrahl, der durch die Wolken der Geheimnisse bricht, um Ihnen den nahen Mittag und die Schätze zu verkünden, die er mitbringt.
Fragen Sie nicht, wer die sind, die an Sie schreiben; sehen Sie auf den Geist, nicht auf den Buchstaben, auf die Sache, nicht auf die Personen.
Kein Eigennutz, kein Stolz, keine unedle Absicht herrscht in unsern Hallen; wir kennen den Zweck der Menschenbestimmung, und das Licht, das uns leuchtet, bewirkt all unsere Handlungen.
Wir sind namentlich berufen an Sie, im Licht, geliebte Brüder, zu schreiben, und das Creditiv unsers Auftrages sind die Wahrheiten, die wir besitzen, und die wir Ihnen bei dem geringsten Wink nach Maß der Empfänglichkeit mitteilen werden.
Mitteilung ist dem Licht eigen, wo Lichtaufnahme und Lichtempfänglichkeit ist; es dringt sich aber nirgends auf, und erwartet ruhige Aufnahme.
Unser Wille, unser Zweck, unser Auftrag ist, überall den toten Buchstaben zu beleben; überall den Hieroglyphen den Geist, den leblosen Zeichen die lebendige Wahrheit zu geben; überall das Untätige tätig, das Tote lebendig zu machen; wir können aber dieses alles nicht aus uns, sondern durch den Lichtgeist dessen, der Weisheit und Liebe und das Licht der Welt ist, und auch euer Geist und euer Licht werden will.
Bisher war das innerste Heiligtum von den Tempeln getrennt, und der Tempel von denen angefeindet, die in den Vorhöfen standen. Es kommt die Zeit, wo sich das innerste Heiligtum wieder mit dem Tempel vereinen muss, damit die, die im Tempel sind, auf die wirken können, die in den Vorhöfen leben, bis die Vorhöfe hinausgeworfen werden.
In unserem Heiligtum, das im Innersten liegt, sind alle Geheimnisse des Geistes und der Wahrheit rein aufbehalten; sie könnten nie von den Unheiligen entheiligt, noch von den Unreinen befleckt werden.
Dieses Heiligtum ist unsichtbar, wie eine Kraft, die man nur in der Wirkung kennt.
Aus dieser kurzen Schilderung, lieben Brüder, werden Sie uns kennen, wer wir sind, und es wird überflüssig sein, Sie zu versichern, dass wir nicht unter die unruhigen Köpfe gehören, die in der bürgerlichen Welt ein Ideal ihrer Phantasie errichten wollen. Wir gehören auch nicht unter die, die in der Welt eine große Rolle zu spielen verlangen, und Wunderdinge versprechen, die sie selbst nicht kennen. Wir gehören auch nicht unter die Unzufriedenen, die sich an gewissen Ständen gern rächen möchten, oder welche Herrschsucht, Abenteurerei und Schwärmerei zum Zweck haben.
Wir können Ihnen versichern, dass wir zu keiner Sekte und keiner Verbindung gehören, als zu der großen und wahren Verbindung aller Lichtfähigen, und dass keine Partei, welche sie immer ist, auf uns den geringsten Einfluss habe. Wir gehören auch nicht unter die, die sich berechtigt glauben, alles nach ihren Planen zu unterjochen, und sich die Arroganz anmaßen, alle Gesellschaften zu konstituieren. Wir können Ihnen nur bei Treue und Glauben versichern, dass wir das Innerste der Religion und der heiligen Mysterien genau kennen, und auch das, was im Innersten derselben zu liegen immer geahnt worden, wirklich besitzen; und dass eben dieser Besitz uns die Kraft gibt, uns unseres Auftrages halber zu legitimieren, und überall dem toten Hieroglyph und dem Buchstaben Geist und Leben zu erteilen.
Die Schätze unseres Heiligtums sind groß; wir haben den Sinn und den Geist zu allen Hieroglyphen und Zeremonien, die von dem Schöpfungstage an bis auf diese Zeiten existiert haben, und die innersten Wahrheiten aller heiligen Bücher, nebst den Ritualgesetzen der ältesten Völker.
Wir besitzen ein Licht, das uns salbet, und wodurch wir das Geheimste und Innerste der Natur verstehen.
Wir besitzen ein Feuer, das uns nährt und Kraft gibt, um auf alles, was in der Natur ist, zu wirken.
Wir besitzen einen Schlüssel, um die Quellen der Geheimnisse aufzuschließen, und einen Schlüssel, die Werkstätte der Natur zu verschließen.
Wir besitzen die Kenntnis eines Bandes, uns mit höheren Welten zu verbinden, und Laute und Dinge aus diesen höheren Welten zu versinnlichen.
Alles Wunderbare in der Natur ist der Macht unsers Willens untergeordnet, der mit der Gottheit geeint ist.
Wir besitzen die Wissenschaft, die Ideen bloß aus der Natur selbst schöpfen zu können, wo kein Irrtum ist, sondern bloß Wahrheit und Licht.
In unserer Schule kann alles gelehrt werden, denn unser Lehrmeister ist das Licht selbst und sein Geist. Die Fülle unsers Wissens ist die Kenntnis der Verbindung der göttlichen Welt mit der geistigen, der geistigen mit der elementarischen, und der elementarischen mit der materiellen.
Durch diese Kenntnisse sind wir im Stande, die Geister, die Natur, das Herz des Menschen zu ordnen.
Unsere Wissenschaften sind das versprochene Erbgut der Erwählten oder Lichtfähigen, und die Praktik unsrer Wissenschaften ist die Fülle des göttlichen Bundes mit den Menschenkindern.
Wir könnten Ihnen, teuerste Brüder, Wundersachen erzählen von den Dingen, die in den Schätzen des Heiligtums verborgen liegen; so dass Sie darüber erstaunen, und außer aller Fassung würden gesetzt werden; wir könnten Ihnen von Dingen reden, von deren Begriff der tiefdenkendste Philosoph so weit entfernt ist, als die Erde von der Sonne, und denen wir so nahe sind, als das Licht dem innersten aller Wesen.
Aber unsere Absicht ist nicht, ihre Neugier zu reizen; nur innere Überzeugung, und der Durst nach Menschenwohl unserer Brüder muss den Lichtfähigen zur Quelle treiben, wo sein Durst nach Weisheit gestillt, und sein Hunger nach Liebe gesättigt werden kann.
Weisheit und Liebe wohnt in unsern Hallen; da herrscht kein Zwang; Wahrheit ihrer Reize ist unsere Zaubermacht.
Versichern können wir Sie, dass Schätze von unendlichem Werth in unsern innersten Geheimnissen liegen, die eine solche Simplizität verhüllt, dass sie dem stolzen, wissenschaftlichen Gelehrten immer unzugänglich bleiben werden. – Schätze, die manchem Profanen Torheit und Ärgernis, uns aber wahre Weisheit sein und bleiben werden.
Segen für Sie, meine Brüder, wenn Sie diese große Wahrheiten fühlen! Die Wiedererlangung des dreifachen Wortes und seiner Kraft wird ihr Lohn sein; ihre Seligkeit, Kraft zu haben, dass Sie beitragen können, die Menschen mit Menschen, und mit Natur und Gott zu vereinen, welches die wahre Arbeit jedes Bauenden ist, der den Eckstein nicht verworfen hat.
Wir haben nun den Auftrag erfüllt, und Ihnen die Annäherung des hohen Mittags und die Wiederverbindung des innersten Heiligtums mit dem Tempel verkündiget. Das Übrige überlassen wir Ihrem freien Willen.
Wir wissen es wohl, zu unserm bitteren Leidwesen, dass, wie der Erlöser persönlich verkannt, verlacht und verfolgt worden ist, als er in seiner Armut kam, dass ebenso sein Geist, der in der Herrlichkeit erscheinen wird, von vielen wird zurückgestoßen und verlacht werden: Allein dem ungeachtet muss auch die Ankunft seines Geistes in den Tempeln verkündigt werden, damit erfüllt wird, was geschrieben steht: “Ich habe an euern Türen geklopft, und ihr habt mir nicht aufgemacht; ich habe gerufen, und ihr habt meine Stimme nicht gehört; ich habe euch zur Hochzeit geladen, und ihr ward mit andern Dingen beschäftigt.”
Der Friede des Lichts und sein Geist sei mit Ihnen!!!