Jakob Böhme – De Aequanimitate oder Von der wahren Gelassenheit

De Aequanimitate der Von der wahren Gelassenheit

Jakob Böhme (1621)

Jakob_BoehmeIn dieser kurzen Schrift erläutert der Mystiker, Theosoph und Pansoph Jakob Böhme seine Ansichten wie der Mensch Ruhe und Gelassenheit, Zuversicht und ebenso Mäßigung finden kann. Jakob Böhme sieht das Individuum in diesem Kontext aufgefordert von seinem Ich abzulassen, und sich stattdessen auf Gott einzulassen. Laut Böhme wirken Gott und Natur ineinander.

 

Wie der Mensch mit seinem eigenen Willen in seiner Selbheit müsse täglich sterben und wie er seine Begierde in Gott einführen, was er von Gott bitten und begehren soll, und wie er aus dem Sterben des sündlichen Menschen mit einem neuen Gemüte und Willen in Gott ausgrünen soll. Auch was der alte und neue Mensch, ein jeder in seinem Leben, Willen und Tun sei.

1. Kapitel
1,1. Ein wahres Exempel haben wir am Luzifer und auch an Adam, dem ersten Menschen, was die Selbheit tut, wenn sie das äußere Licht zum Eigentum bekommt, dass sie im Verstande mag im eigenen Regiment wandeln. Auch siehet man es an den kunstgelehrten Menschen, wenn sie das Licht der äußern Natur zum Eigentum in der eigenen Vernunft erlangen, wie daraus nichts als Hoffart entstehet, welches doch alle Welt so heftig suchet und begehret, und als den besten Schatz. Es ist auch wohl der beste Schatz dieser Welt, so der recht gebrauchet wird.

1,2. Weil aber die Selbheit, als die Vernunft, in einer schweren Gefängnis, als in Gottes Zorn sowohl auch in der Irdigkeit gefangen und feste angebunden stehet, so ist es dem Menschen gar gefährlich, dass er das Licht der Erkenntnis in der Selbheit führet als ein Eigentum der Selbheit.

1,3. Denn der Grimm der ewigen und zeitlichen Natur erlustiget sich bald darinnen, davon die Selbheit und eigene Vernunft in Hoffart aufsteiget und von der wahren gelassenen Demut gegen Gott sich abbricht und von der Paradies frucht nicht mehr essen will, sondern von der Eigenschaft der Selbheit, als von des Lebens Regiment, darinnen Böses und Gutes steht, wie Luzifer und Adam taten, welche alle beide mit der Begierde der kreatürlichen Selbheit wieder in den Urstand, daraus die Kreatur ausgeboren worden und in ein Geschöpf getreten, eingingen, Luzifer ins Zentrum der grimmigen Natur, in des Feuers Matrix, und Adam in die irdische Natur, in die Matrix der äußern Welt, als in die Lust Böses und Gutes.

1,4. Welches ihnen beiden aus denen Ursachen entstunde, dass sie das Licht des Verstandes in der Selbheit scheinen hatten, in welchem sie sich bespiegeln und im Wesen beschauen konnten, dadurch der Geist der Selbheit in die Imagination, als in eine Begierde nach dem Zentrum eingegangen, sich zu erheben groß und mächtig, dazu mehr klug zu werden. Wie dann Luzifer in seinem Zentrum die Feuers-Mutter suchete und damit gedachte, über Gottes Liebe und alles engelische Heer zu regieren, und Adam begehrete auch die Mutter, daraus Böse und Gut quillet, in der Essenz zu probieren, und führete seine Begierde darein, in Willen, dadurch klug und verständig zu werden.

1,5. Welche alle beide, Luzifer und Adam, in ihrer falschen Begierde in der Mutter gefangen wurden und sich von der Gelassenheit aus Gott abbrachen und mit dem Willen-Geiste mit der Begierde in der Mutter gefangen wurden, welche alsbald das Regiment in der Kreatur kriegte, dass Luzifer in der grimmen finsteren Feuersqual stehen blieb und dasselbe Feuer in seinem Willen-Geiste offenbar ward, dadurch die Kreatur in der Begierde ein Feind der Liebe und Sanftmut Gottes ward.

1,6. Also auch Adam ward alsbald von der irdischen Mutter, welche Böse und Gut ist, als aus Gottes Liebe und Zorn in ein Wesen geschaffen, ergriffen und kriegte alsbald die irdische Eigenschaft das Regiment in Adam; davon ihm kam, dass Hitze und Kälte, Neid, Zorn und aller falscher Widerwille und Bosheit wider Gott in ihm offenbar und regierend war.

1,7. So sie aber das Licht der Erkenntnis nicht hätten in die Selbheit eingeführet, so wäre ihnen der Spiegel der Erkenntnis des Zentrums und des Urstandes der Kreatur nicht offenbar worden, daraus die Imagination und Lust entstund.

1,8. Demgemäß dann solches noch heutigen Tages bei den erleuchteten Kindern Gottes Gefahr bringet, dass, wenn manchen die Sonne des großen Anblicks von Gottes Heiligkeit scheinet, davon das Leben in Triumph tritt, sich die Vernunft darinnen spiegulieret und der Wille in die Selbheit, als in eigen Forschen eingehet und will das Zentrum, daraus das Licht scheinet, probieren und sich in der Selbheit darein zwingen.

1,9. Aus welchem die elende Hoffart und eigner Dünkel entstehet, dass die eigene Vernunft, welche doch nur ein Spiegel des Ewigen ist, meinet, sie sei was mehr, sie tue, was sie wolle, so tue es Gottes Wille in ihr; sie sei eine Prophetin, und ist doch nur in ihr selber und gehet in eigener Begierde, in welcher sich das Zentrum der Kreatur gar bald in die Höhe schwinget und in eigene Begierde der Falschheit gegen Gott eingehet, dass der Wille in einen Dünkel eingehet.

1,10. So tritt alsdann der Schmeichelteufel zu ihm und sichtet (versucht) das Zentrum der Kreatur und führet seine falsche Begierde darein, dass der Mensch in seiner Selbheit gleich als wie trunken wird und sich selber beredet, er werde von Gott also getrieben; dadurch der gute Anfang, darinnen das Licht Gottes in der Kreatur scheinend ward, verdirbet und auch das selbe Licht Gottes von ihm weichet.

1,11. Alsdann bleibet das äußere Licht der äußern Natur in der Kreatur scheinende, denn die eigene Selbheit schwinget sich darein. So meinet sie dann, es sei noch das erste Licht von Gott. Aber nein, in dieses, als in den Dünkel der Selbheit, in das äußere Vernunftlicht schwinget sich der Teufel, nachdem er im ersten Licht, welches göttlich ist, weichen musste, mit einer siebenfachen Begierde wieder ein; davon Christus saget: “Wenn der unsaubere Geist vom Menschen ausfähret, so durchwandert er dürre Stätte, suchet Ruhe und findet sie nicht. Alsdann nimmt er sieben Geister zu sich, die ärger sind als er und kehret wieder in sein erstes Haus ein, und allda findet es mit Besen geschmückt und wohnet alsdann allda und wird mit demselben Menschen ärger als vorhin …” Matth. 12,43.45.

1,12. Das geschmückte Haus ist das Vernunftlicht in der Selbheit; denn so der Mensch seine Begierde und Willen in Gott einführet und in Abstinenz seines bösen Lebens eingehet und Gottes Liebe begehret, so erscheinet dieselbe ihm mit ihrem gar freundlichen freudenreichen Anblicke, dadurch auch das äußere Licht der Vernunft angezündet wird. Denn wo sich Gottes Licht anzündet, da wird alles lichte. Allda kann der Teufel nicht bleiben. Er muss allda ausfahren. So durchsuchet er allsdann die Mutter, des Lebens Urstand, als das Zentrum. Aber es ist eine dürre, unmächtige Stätte worden. Der Zorn Gottes, als das Zentrum der Natur, ist in seiner selbst Eigenschaft ganz unmächtig, mager und dürre, und kann nicht zum Regiment kommen. Diese Stätte durchsuchet der Satan, ob er irgend eine Pforte möchte offen finden, da er könnte mit der Begierde einkehren und die Seele sichten, dass sie sich erhübe.

1,13. Und so sich nun der Willen-Geist der Kreatur mit dem Vernunft-Licht ins Zentrum, als in die Selbheit schwinget, und in eigenen Wahn eingehet, so gehet er von Gottes Licht wiederum aus. Jetzt findet der Teufel eine offene Pforte zu ihm und ein schön geschmückt Haus, nämlich das Vernunft-Licht zu seiner Wohnung. So nimmt er die sieben Gestalten des Lebens Eigenschaft zu sich in der Selbheit, als Heuchler, welche von Gott sind ausgegangen in die Selbheit. Allda kehret er ein und setzet seine Begierde in die Lust der Selbheit und falschen Einbildung, da sich der Willen-Geist in den Gestalten der Lebenseigenschaften im äußern Licht selber schauet. Allda ersinket er in sich selber, als wäre er trunken. So ergreift ihn alsdann das Gestirne und führet seine mächtige Konstellation darein, die Wunder Gottes allda zu suchen und sich selber darinnen zu offenbaren. Denn alle Kreatur sehnet sich nach Gott (Röm. 8,22). Und obwohl das Gestirne (das Geschöpfliche) den Geist Gottes nicht ergreifen mag, so hats aber viel lieber ein Haus des Lichts, darinnen es sich mag belustigen, als ein zugeschlossen Haus, da es keinen Beistand hat.

1,14. Also gehet dann dieser Mensch, als wäre er im Gestirne trunken worden. Er begreift große wunderliche Dinge und hat einen steten Führer am Gestirne. So merket der Teufel auch gar eben, wo ihm eine Pforte offenstehet, da er mag des Lebens Zentrum entzünden, dass der Willen-Geist in eigener Hoffart in seinem Dünkel oder ja in Geiz in die Höhe fähret.

1,15. Von daher entstehet die eigene Ehre, dass der Vernunft-Wille will geehret sein, denn er meinet, er habe den Braten des Heils, weil er ein Vernunft-Licht hat und kann das verschlossene Haus richten, welches doch Gott wohl mag aufschließen. Er meinet, ihm gebühret nun die Ehre, weil er den Vernunft-Verstand erreichet hat und wird nimmer inne, wie sich der Teufel mit seiner Begierde in seinen sieben Lebensgestalten des Zentrums der Natur belustiget und was er für gräulichen Irrtum anrichtet.

1,16. Aus diesem Verstande ist in der christlichen Kirchen auf Erden die falsche Babel erboren worden, da man mit Vernunftschlüssen richtet und regieret und das Kind der Trunkenheit mit der Selbheit und eigenen Lust fein wohl geschmücket als eine schöne Jungfrau hat darauf gesetzet.

1,17. Aber der Teufel ist in den sieben Lebensgestalten des Zentrums zur Herberge eingezogen, als in die Selbheit der eigenen Vernunft, und führet seinen Willen und Begierde stets in diese geschmückte, vom Gestirne angenommene Jungfrau. Er ist ihr Tier, darauf sie in ihren eigenen Lebensgestalten fein wohlgeschmückt einherreitet, wie in Apokalypse (Offb. 17) zu sehen ist. Also hat sie den äußeren Glast, als das Vernunftlicht, von Gottes Heiligkeit eingenommen und meinet, sie sei das schöne Kind im Hause, aber der Teufel ist in ihr zu Hause innen.

1,18. Und also gehet es allen denen, welche einmal von Gott erleuchtet werden und von der wahren Gelassenheit ausgehen und sich von der wahren Mutterbrust, als von der rechten Demut entwöhnen.

1,19. Die Vernunft wird mir Einhalt tun und sagen, es sei ja recht und gut, dass ein Mensch Gottes sowohl auch der äußern Natur und Vernunft Licht erreichet, damit er sein Leben möge weislich regieren vermöge der heiligen Schrift.

1,20. Ja, es ist recht und kann dem Menschen nichts Nützlicheres und Besseres widerfahren, und ist ein Schatz über alle Schätze dieser Welt. (vergl. 1,1) Wer da mag Gottes und der Zeit Licht erreichen und bekommen, denn es ist ein Auge der Zeit und Ewigkeit.

1,21. Aber höre, wie du es brauchen sollst: Das Licht Gottes eröffnet sich zum ersten in der Seelen. Es scheinet aus wie ein Licht aus einer Kerzen, und zündet zur Hand, das äußere Licht der Vernunft an, nicht dass es sich der Vernunft, als dem äußeren Menschen ganz einergebe in sein Regiment. Nein, der äußere Mensch besiehet sich in dem durchdringenden Scheine als wie ein Bild vor einem Spiegel. Er lernet sich als bald in der Selbheit kennen, welches an ihm selber gut und nützlich ist.

1,22. Wenn nun dieses geschiehet, so mag die Vernunft, als die kreatürliche Selbheit, nichts bessers tun, als dass sie sich ja nicht in der Selbheit der Kreatur beschaue und ja mit dem Willen der Begierde nicht in das Zentrum eingehe und sich selber suche. Sie bricht sich sonst von Gottes Wesen —‚ welches in dem Lichte Gottes mit aufgehet, davon die Seele soll essen und sich erlaben, ab und isset von äußern Licht und Wesen, dadurch sie das Gift wieder in sich ziehet.

1,23. Der Wille der Kreatur soll sich mit aller Vernunft und Begierde ganz in sich ersenken als ein unwürdiges Kind, das dieser hohen Gnaden gar nicht wert sei, ich auch ganz kein Wissen oder Verstand zumessen, auch keinen Verstand in der kreatürlichen Selbheit von Gott bitten noch begehren, sondern sich nur schlicht und einfältig in die Liebe und Gnade Gottes in Christo Jesu einersenken und seiner Vernunft und Selbheit im Leben Gottes als wie tot zu sein begehren und sich dem Leben Gottes in der Liebe ganz einergeben, dass er damit tue als mit seinem Werkzeuge, wie und was er wolle.

1,24. Kein Dichten in göttlichem oder menschlichem Grunde soll ihr die eigene Vernunft fürnehmen, auch nichts wollen oder begehren als nur Gottes Gnade in Christo alleine auf Art wie sich ein Kind nur stets nach der Mutter Brüsten sehnet. Also soll der Hunger nur stets in Gottes Liebe eingehen und sich ja mit nichten von solchem Hunger lassen abbrechen, wenn die äußere Vernunft im Licht triumphieret und spricht: Ich habe das wahre Kind; so soll sie der Wille der Begierde zur Erden beugen und in die höchste Demut und albern Unverstand einführen und zu ihr sagen: Du bist närrisch und hast nichts als nur Gottes Gnade; du musst dich in dieselbe mit großer Demut einwinden und ganz in dir zunichte werden, dich auch weder kennen noch lieben. Alles was an und in dir ist, muss sich nichtig, nur bloß als ein Werkzeug Gottes achten und halten und die Begierde alleine in Gottes Erbarmen einführen und von allem selbeigenen Wissen und Wollen ausgehen, es auch alles für nichtig halten und keinen Willen schöpfen, jemal in Nahe oder Ferne darein wieder einzugehen.

1,25. Und so dieses geschieht, so tritt der natürliche Wille in seine Unmacht und vermag ihn der Teufel auch nicht mehr also zu sichten mit seiner falschen Begierde, denn die Stätte seiner Ruhe werden ihm ganz dürre und ohnmächtig.

1,26. Alsdann nimmt der Hl. Geist aus Gott die Lebensgestaltnis ein und führet sein Regiment empor, das ist: er zündet die Lehensgestaltnis mit seiner Liebe-Flamme an. Und dann gehet die hohe Wissenschaft und Erkenntnis des Zentrums aller Wesen nach der inneren und äußeren Konstellation der Kreatur auf, gar in einem subtilen treibenden Feuer, mit großer Lust, sich in dasselbe Licht zu senken und für unwürdig und nichtig dazu zu halten.

1,27. Also dringet die eigene Begierde ins Nichts, als nur in Gottes Machen und Tun, was der in ihr will. Und der Geist Gottes dringet durch die Begierde der gelassenen Demut aus. Also siehet die menschliche Selbheit dem Geiste Gottes in Zittern und Freuden der Demut nach. Und also mag sie alles schauen, was in der Zeit und Ewigkeit ist; es ist ihr alles nahe.

1,28. Wenn der Geist Gottes gehet als ein Feuer der Liebeflamme, so gehet der Willen-Geist der Seelen unter sich und saget: Herr, deinem Namen sei die Ehre und nicht mir. Du hast die Macht zu nehmen Kraft, Macht, Stärke, Weisheit und Erkenntnis (Offb.5,12). Tue, was du willst; ich kann noch weiß nichts. Ich will nirgends hingehen, du führest mich denn als dein Werkzeug. Tue du in und mit mir, was du willst.

1,29. In solchem demütigen Ganz-Einergeben fället der Funke der göttlichen Kraft gleich als ein Zunder ins Zentrum der Lebensgestaltnis, als ins Seelen-Feuer, welches Adam zu einer finstern Kohle gemacht hatte, ein und glimmet. Und so sich alsdann das Licht der göttlichen Kraft darinnen entzündet, so muss die Kreatur alsdann, gleich als ein Werkzeug des Geistes Gottes vor sich gehen und reden, was der Geist Gottes saget, so ist sie alsdann nicht mehr ihr Eigentum, sondern das Werkzeug Gottes.

1,30. Aber der Seelen-Wille muss ohne Unterlass auch in diesem feurischen Trieb sich ins Nichts, als in die höchste Demut vor Gott einsenken. Sobald sie will mit dem wenigsten Teil in eigenem Forschen geben, so erreichet sie der Teufel im Zentrum der Lebensgestaltnis und sichtet sie, dass sie in die Selbheit eingehet; denn sie muss in der gelassenen Demut bleiben gleichwie ein Quell an seinem Ursprung, und muss ohne Unterlass aus Gottes Brünnlein schöpfen und trinken und aus Gottes Wege gar nicht begehren auszugehen.

1,31. Denn sobald die Seele von der Selbheit vom Vernunft-Licht isset, so wandelt sie in eigenem Wahn, so ist ihr Ding, das sie für göttlich ausgibt, nur der äußeren Konstellation, welche sie alsobald ergreifet und trunken macht. So lauft sie denn so lange in Irrtum, bis sie sich ganz in die Gelassenheit wieder einergibt und sich aufs neue für ein besudelt Kind erkennet, der Vernunft aufs neue wieder erstirbet und Gottes Liebe wieder erreichet, welchen härter zugehet als zum ersten Mal; denn der Teufel führet den Zweifel heftig darein. Er verlässet nicht gerne sein Raubschloss.

1,32. Ein solches sieht man gar klar an den Heiligen Gottes von der Welt her. Wie mancher ist vom Geiste Gottes getrieben worden und ist aber manchmal wieder aus der Gelassenheit in die Selbheit, als in eigene Vernunft und Willen eingegangen, in welcher sie hat der Satan in Sünden und Gottes Zorn gestürzt, wie an David und Salomon sowohl auch an den Erzvätern, Propheten und Aposteln zu sehen ist, dass sie haben manchmal kräftigen Irrtum gewirkt, so sie sind aus der Gelassenheit in die Selbheit, als in eigene Vernunft und Lust der Vernunft eingegangen.

1,33. Darum ist den Kindern Gottes not zu wissen, was sie mit sich selber tun sollen, so sie den Weg Gottes lernen wollen. Als dass sie auch die Gedanken zerbrechen und wegwerfen müssen und nichts begehren noch lernen wollen, sie empfinden sich denn in wahrer Gelassenheit, dass Gottes Geist des Menschen Geist lehre, leite und führe, und dass der menschliche eigne Wille zu eigener Lust ganz gebrochen und in Gott ergeben sei.

1,34. Alles Spekulieren in den Wundern Gottes ist ein fast gefährlich Ding, damit der Willen-Geist mag bald gefangen werden, es sei denn, dass der Willen-Geist dem Geiste Gottes nachsehe, so hat er in der gelassenen Demut Macht, alle Wunder Gottes zu schauen.

1,35. Ich sage nicht, dass der Mensch in natürlichen Künsten nichts forschen und lernen soll. Nein, denn dasselbe ist ihm nützlich, aber die eigene Vernunft soll nicht der Anfang sein. Der Mensch soll sein Leben nicht allein durch das äußere Vernunft-Licht regieren. Dasselbe ist wohl gut, aber er soll sich mit demselben in die tiefeste Demut vor Gott einsenken und den Geist und Willen Gottes in all seinem Forschen vorne anstellen, dass das Vernunft-Licht durch Gottes Licht sehe. Und ob die Vernunft viel erkennet, so soll sie sich des doch nicht annehmen als eines Eigentums, sondern Gott die Ehre geben, welchem alleine ist die Erkenntnis und Weisheit. (2.Röm. 11,32)

1,36. Denn je mehr sich die Vernunft in die alberne Demut vor Gott ersenket, und je unwürdiger sie sich vor Gott hält, je mehr stirbet sie der eigenen Begierde ab und je mehr durchdringet sie Gottes Geist und führet sie in die höchste Erkenntnis ein, dass sie mag die großen Wunder Gottes schauen. Denn Gottes Geist fähret nur in der gelassenen Demut. Was sich selber nicht suchet noch begehret, was in sich selber vor Gott begehret einfältig zu sein, das ergreifet der Geist Gottes und führets in seinen Wundern aus. Ihm gefallen allein, die sich vor ihm fürchten und biegen.

1,37. Denn Gott hat uns nicht zur Eigenherrschaft geschaffen, sondern zum Werkzeuge seiner Wunder, durch welche er will seine Wunder selber offenbaren. Der gelassene Wille vertrauet Gott und hoffet alles Gutes von ihm. Aber der eigene Wille regieret sich selber, denn er hat sich von Gott abgebrochen.

1,38. Alles, was der eigene Wille tut, das ist Sünde und wider Gott; denn er ist aus der Ordnung, darin ihn Gott geschaffen hat, ausgegangen in einen Ungehorsam und will ein eigener Herr sein.

1,39. Wenn der eigene Wille der Selbheit abstirbet, so ist er der Sünden frei; denn er begehret nichts als nur dieses, was Gott von seinem Geschöpf begehret. Er begehret nur das zu tun, dazu ihn Gott geschaffen hat, das Gott durch ihn tun will. Und ob er wohl das Tun ist und sein muss, so ist er doch nur als ein Werkzeug des Tuns, mit dem Gott tut, was er will.

1,40. Denn das ist eben der rechte Glaube im Menschen, dass er der Selbheit abstirbet, als der eigenen Begierde, und seine Begierde in allem seinen Vorhaben in Gottes Willen einführet und sich keines Eigentums annimmt, sondern in allem seinen Tun nur für Gottes Knecht und Diener achtet, und denket, dass er alles das, was er tut und vorhat, Gott tut. (Kol. 3,23)

1,41. Denn in solchem Willen führet ihn der Geist Gottes in die rechte Treu und Redlichkeit gegen seinen Nächsten ein; denn er denket, ich tue mein Ding nicht mehr, sondern meinem Gott, der mich dazu berufen und geordnet hat als einen Knecht in seinen Weinberg. Er höret immer nach der Stimme seines Herrn, welcher ihm in ihm befiehlet, was er tun soll. Der Herr redet in ihm und befiehlet ihm das Tun.

1,42. Aber die Selbheit tut, was die äußere Vernunft vom Gestirne will, in welche Lust sich der innen fliegende Teufel mit seiner Begierde einführet. Alles was die Selbheit tut, das ist außer Gottes Willen. Es geschiehet alles in der Phantasie, dass der Zorn Gottes sein Ergötzen damit verbringe.

1,43. Kein Werk außer Gottes Willen mag Gottes Reich erreichen. Es ist alles nur ein unnützes Schnitzwerk in der großen Mühseligkeit der Menschen; denn nichts gefällt Gott, ohne was er selber durch den Willen tut. Denn es ist nur ein einiger Gott in dem Wesen aller Wesen, und alles, was in demselben Wesen mit ihm arbeitet und wirket, das ist ein Geist mit ihm.

1,44. Was aber in seiner Selbheit in eigenem Willen wirket, das ist außer seinem Regiment, in sich selber. Wohl ist es in seinem allmächtigen Regiment, mit welchem er alles Leben regieret, aber nicht in dem heiligen göttlichen Regiment, sondern im Regiment der Natur, damit er Böses und Gutes regieret. Kein Ding wird göttlich geheißen, das nicht in Gottes Willen gehet und wirket.

1,45. Alle Pflanzen, spricht Christus, die mein Vater nicht gepflanzet hat, sollen ausgerottet und, im Feuer verbrennet werden, (Matth. 25,13). Alle Werke des Menschen, welche er außer Gottes Willen wirket, die werden alle im letzten Feuer Gottes verbrennen und im Zorne Gottes, als dem Abgrunde der Finsternis, zur ewigen Ergötzlichkeit gegeben werden. Denn Christus spricht: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammlet, der zerstreuet. (Matth. 12,30) Das ist: Wer nicht im gelassenen Willen im Vertrauen auf ihn wirket und tut, der verwüstet und zerstöret nur. Es ist ihm nicht angenehm. Kein Ding gefällt Gott, ohne was er mit seinem Geist selbst will und durch sein Werkzeug tut.

1,46. Darum ist alles Fabel und Babel, was aus Schlüssen der menschlichen Selbheit ohne göttliche Erkenntnis und Willen geschiehet, und ist nur ein Werk des Gestirns und der äußern Welt, und wird von Gott nicht für sein Werk erkannt, sondern ist ein Spiegel des ringenden Rades der Natur, da Gutes und Böses miteinander ringet. Was das Gute bauet, das zerbricht das Böse; und was das Böse bauet, das zerbricht das Gute. Und dies ist der große Jammer der vergebenen Mühseligkeit, welches alles in Gerichte Gottes zum Scheiden des Zankes gehöret.

1,47. Darum wer nun viel in solcher Mühseligkeit wirket und bauet, der wirket nur zum Gerichte Gottes; denn es ist nichts Vollkommenes und Beständiges, es muss alles in die Putrefaktion1 und geschieden werden. Denn was in Gottes Zorn gewirket wird, das wird von ihm eingenommen und wird im Mysterium seiner Begierde behalten zum Gerichtstage Gottes, da Böses und Gutes soll geschieden werden.

1,48. So aber der Mensch nun umkehret und von der Selbheit ausgehet und in Gottes Willen eintritt, so wird auch das Gute, das er in der Selbheit hat gewirket, von dem Bösen, so er gewirket hat, erlöst werden. Denn Jesaja spricht: Ob eure Sünden blutrot wären, so ihr umkehret und Buße tut, so sollen sie schneeweiß werden als Wolle, (Jes.1,18). Denn das Böse wird verschlungen im Zorn Gottes in den Tod, und das Gute gehet aus als ein Gewächse aus der wilden Erden.

2. Kapitel
2,1. Wer da gedenket, etwas Vollkommenes und Gutes zu wirken, darinnen er gedenket sich ewig zu erfreuen und dessen zu genießen, der gehe aus der Selbheit als aus eigener Begierde in die Gelassenheit in Gottes Willen ein und wirke mit Gott.

2,2. Oh ihm gleich die irdische Begierde der Selbheit im Fleisch und Blut anhanget, so sie nur der Seelen-Wille nicht einnimmt, so mag die Selbheit kein Werk machen. Denn der gelassene Wille zerbricht der Selbheit Wesen immerdar wieder, dass es der Zorn Gottes nicht erreichen mag. Und ob er es erreichet, welches nicht gar ohne ist und sein mag, so stehet es in der Figur vor Gott als ein Werk des Siegs im Wunder und mag die Kindschaft ererben.

2,3. Darum ist nicht gut reden und tun, so die Vernunft in der Begierde der Selbheit entzündet ist, die Begierde wirket anders in Gottes Zorn, dessen der Mensch wird Schaden haben, denn sein Werk wird in Gottes Zorn eingeführet und behalten zum großen Gerichtstage Gottes.

2,4. Alle falsche Begierde, damit ein Mensch die Vielheit der Welt von seinem Nächsten mit List an sich zu ziehen zu seines Nächsten Verderb gedenket, wird alles von Gottes Zorn eingenommen und gehöret zum Gerichte, da alles soll offenbar werden und einem jeden im Mysterium der Offenbarung alle Kraft und Wesen, in Gutem und Bösem, unter Augen stehen. Alle Übeltat aus Vorsatz gehöret zum Gerichte Gottes.

2,5. Aber dieser, welcher umkehret, der gehet davon wieder aus, aber das Werk gehöret ins Feuer. Alles soll und muss am Ende offenbar werden; denn darum hat Gott seine wirkende Kraft in ein Wesen eingeführet, auf dass sich Gottes Liebe und Zorn offenbare und in jedem Spiel sei zu Gottes Ehren und Wundertat.

2,6. Und ist einer jeden Kreatur dies zu wissen, dass sie in deme bleibe, darein sie Gott geschaffen hat, oder sie laufet in den Widerwillen und Feindschaft des Willens Gottes ein und führet sich selbst in Qual ein; denn keine Kreatur, die in die Finsternis ist geschaffen worden, hat Pein von der Finsternis. Gleichwie ein giftiger Wurm keine Pein vom Gift hat, das Gift ist sein Leben; wenn er aber das Gift verlöret, und dass etwas Gutes in ihn einführet und offenbar in seiner Essenz würde, das wäre seine Pein und Sterben. Also ist auch das Böse des Guten Pein und Sterben.

2,7. Der Mensch ist ins Paradies in Gottes Liebe geschaffen, und so er sich in Zorn, als in Gift-Qual und Tod einführet, so ist ihm das widerwärtige Leben eine Pein.

2,8. Wäre der Teufel aus der grimmen Matrix in die Hölle geschaffen worden und hätte nicht göttliches Ens gehabt, so hätte er in der Höllen keine Pein. Aber so er ist im Himmel geschaffen worden und hat aber die Qual der Finsternis in ihm erregt und sich ganz in die finstere Welt eingeführet, so ist ihm nun das Licht eine Pein als eine ewige Verzweiflung an Gottes Gnaden und eine stete Feindschaft, indem er ihn in sich nicht dulden mag und ihn ausgespeiet hat, so ist er seiner Mutter gram, welche ihn geboren hat, und ist auch seinem Vater gram, aus dessen Essenz und Wesen er entstanden ist, als der ewigen Natur, welche ihn als einen Abtrünnigen aus seinem Loco (Ort) gefangen hält und sich in ihm nach des Zornes und Grimmes Eigenschaft ergötzet. Dieweil er nicht wollte helfen Gottes Freuden-Spiel führen, so muss er nun Gottes Zorn-Spiel führen und ein Feind des Guten sein.

2,9. Denn Gott ist alles. Er ist Finsternis und Licht, Liebe und Zorn, Feuer und Licht. Aber er nennet sich alleine Gott nach dem Lichte seiner Liebe.

2,10. Es ist ein ewiges Contrarium zwischen Finsternis und Licht. Keines ergreifet das andere und ist keines das andere und ist doch nur ein einiges Wesen, aber mit der Qual unterschieden, auch mit dem Willen, und ist doch kein abtrennlich Wesen; nur ein Principium scheidet das, dass eines im andern als ein Nichts ist, und ist doch; aber nach dessen Eigenschaft, darinnen es ist, nicht offenbar.

2,11. Denn der Teufel ist in seiner Herrschaft blieben, aber nicht in der, darein ihn Gott schuf, sondern in der, darein er selber einging; nicht im Werke der Schöpfung, sondern in der ängstlichen Geburt der Ewigkeit, im Zentrum der Natur, nach des Grimmes zur Gebärung der Finsternis, Angst und Qual Eigenschaft; wohl ein Fürst im Loco dieser Welt, aber im ersten Prinzip, im Reiche der Finsternis, im Abgrunde.
Nicht im Reiche der Sonnen, Sternen und Elementen, darinnen ist er kein Fürste noch Herr, sondern im Teil des Grimmes, als in der Wurzel der Bosheit aller Wesen, und hat doch nicht die Gewalt, damit zu tun.

2,12. Denn in allen Dingen ist auch ein Gutes, welches das Böse in sich gefangen und verschlossen hält. So mag er nur in dem Bösen fahren und regieren, wenn sich es in der bösen Begierde erhebet und seine Begierde in die Bosheit einführet, welche die unlebhafte Kreatur nicht tun kann. Aber der Mensch kann es durch die unlebhafte Kreatur wohl tun, so er das Zentrum seines Willens mit der Begierde aus dem ewigen Zentrum darein führet, welches ein Incantation (Anrufung, Beschwörung) und falsche Magie ist. Allda hinein, wo der Mensch seiner Seelen Begierde, welche auch aus dem Ewigen ist, in Bosheit, als mit einem falschen Willen einführet, da kann auch des Teufels Wille hinein.

2,13. Denn der seelische und engelische Urstand aus dem Ewigen ist eines. Aber von der Zeit dieser Welt und ihrem Wesen hat der Teufel nichts mehr Macht als nur in turba magna (Verwirrung), wo sich die in ewigem Grimm entzündet, da ist er geschäftig, als im Kriege und Streit, auch in großen Ungewittern ohne Wasser. Im Feuer fähret er so weit als die Turba gehet, weiter kann er nicht; im Schauerschlag, als in der Turba, gehet er auch, aber führen kann er ihn nicht, denn er ist darinnen nicht Herr, sondern Knecht.

2,14. Also erwecket die Kreatur mit der Begierde Böses und Gutes, Leben und Tod. Die menschliche und engelische Begierde stehet im Zentrum der ewigen, unanfänglichen Natur, worinnen sich die entzündet in Bösem oder Gutem, dessen Wirkung vollbringet sie.

2,15. Nun hat doch Gott ein jedes Ding in das geschaffen, darinnen es sein soll, als die Engel in Himmel und den Menschen ins Paradies . So nun die Begierde der Kreatur aus ihrer eigenen Mutter ausgehet, so gehet sie in den Widerwillen und in die Feindschaft ein, und darinnen wird sie mit dem Widerwillen gequälet, und entstehet ein falscher Wille in einem guten; davon der gute Wille wieder in sein Nichts, als aus Ende der Natur und Kreatur eingehet und die Kreatur in ihrer Bosheit verlässt, wie am Luzifer zu sehen und auch an Adam, so ihm nicht wäre Gottes Liebe-Willen wieder entgegnet und aus Gnaden wieder in die Menschheit eingegangen, so sollte noch wohl kein guter Wille im Menschen sein.

2,16. Darum ist alles Spintisieren und forschen von Gottes Willen ohne Umwendung des Gemütes ein nichtig Ding. Wenn das Gemüte in eigener Begierde des irdischen Lebens gefangen stehet, so mag es Gottes Willen nicht ergreifen. Es läufet nur in der Selbheit von einem Wege in den andern und findet doch keine Ruhe; denn die eigene Begierde führet doch immer Unruhe ein.

2,17. Wenn sich es aber gänzlich in Gottes Erbarmen einsenket und seiner Selbheit begehret abzusterben, und begehret Gottes Willen zum Führer und Verstande, dass sich selber als ein Nichts erkennet und hält, das nichts will, ohne was Gott will; und so dann des Zorns Begierde im irdischen Fleische mit des Teufels Imagination daher kommt und an der Seelen Willen anstößet, so schreiet die gelassene Begierde zu Gott: Abba, lieber Vater, erlöse mich vom Übel; und wirket alsdann — ob es geschehe, dass der irdische Wille im Grimm Gottes durch des Teufels Sucht zu stark würde — nur in sich selber, wie St. Paulus auch saget: So ich nun sündige, so tue nicht ichs, sondern die Sünde, die im Fleische wohnet, Röm. 7,20. Item: So diene ich nun mit dem Gemüte dem Gesetze Gottes und mit dem Fleische dem Gesetze der Sünden, (Röm. 7,25).

2,18. Nicht meinet Paulus, dass das Gemüte soll in des Fleisches Willen einwilligen, sondern also stark ist die Sünde im Fleische, als der erweckte Zorn Gottes in der Selbheit, dass er oft mit Gewalt durch einen falschen Gegenhall gottloser Menschen oder durch einen Anblick weltlicher Üppigkeit in die Lust eingeführet wird, dass er den gelassenen Willen ganz übertäubet und gleich mit Gewalt beherrschet.

2,19. Und so alsdann die Sünde im Fleisch gewirket ist, so will sich der Zorn damit ergötzen und greifet auch nach dem gelassenen Willen, so schreit der gelassene Wille zu Gott um Erlösung des Übels, dass doch wollte die Sünde von ihm vergeben und ins Zentrum, als in Tod einführen, dass sie sterbe.

2,20. Und St. Paulus spricht weiter: So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind, (Röm. 8,1), die nach dem Fürsatz berufen sind, das ist, die in der Fürsatz (Vorsehung) Gottes, darinnen Gott den Menschen berief, wieder in dem selben Rufe berufen sind, dass sie wieder im Fürsatz Gottes stehen, darinnen er den Menschen in sein Gleichnis, in ein Bild nach ihm schuf. Solange der eigene Wille in der Selbheit stehet, so ist er nicht im Fürsatze und Rufe Gottes, so ist er nicht berufen, denn er ist aus seinem Loco ausgegangen.

2,21. Wenn sich aber das Gemüte umwendet wieder in Beruf, als in die Gelassenheit, so ist der Wille im Beruf Gottes, als im Loco, da ihn Gott hineinschuf. So hat er Macht, Gottes Kind zu werden, wie geschrieben stehet: Er hat uns Macht gegeben, Gottes Kinder zu werden (Joh. 1,12). Die Macht, die er uns gegeben hat, das ist sein Fürsatz, darein er den Menschen in seinem Bilde schuf, die hat Gott in Christo wieder in die Menschheit eingeführet, und hat derselben Macht eine Macht gegeben, der Sünden im Fleische, als der Schlangen Willen und Begierde den Kopf zu zertreten (1.Mose 3,15), das ist: der gelassene Wille in Christo tritt dem sündlichen Schlangen-Willen auf den Kopf seiner Begierde und tötet die begangene Sünde wieder. Die gegebene Macht wird dem Tode ein Tod und dem Leben eine Macht zum Leben.

2,22. Darum hat niemand eine Entschuldigung, als könnte er nicht wollen. Ja, weil er in der Selbheit steckt, in eigener Begierde, und nur dem Gesetz der Sünden im Fleisch dienet, so kann er nicht, denn er wird gehalten, und ist der Sünden Knecht. Wenn er aber das Zentrum des Gemütes umwendet und in Gottes Gehorsam und Willen einwendet, so kann er.

2,23. Nun ist doch das Zentrum des Gemütes aus der Ewigkeit, aus Gottes Allmacht. Es mag sich einführen, wo es hin will; denn was aus dem Ewigen ist, das hat kein Gesetze. Aber der Wille hat ein Gesetze, Gott zu gehorchen, und der Wille wird aus dem Gemüte erboren. Der soll sich nicht von deme verrücken, in deme es Gott geschaffen hat.

2,24. So schuf doch Gott den Willen des Gemütes ins Paradies zu einer Gespielin der göttlichen Freudenreich. Aus deme sollte er sich nicht verrücken. Nun er sich aber verrücket hat, so hat Gott seinen Willen wieder ins Fleisch eingeführet und hat uns in diesem neueingeführten Willen Macht gegeben, unsern Willen darein zu führen und ein neu Licht darinnen anzuzünden und wieder seine Kinder zu werden.

2,25. Gott verstockt niemand, sondern der eigene Wille, welcher im Fleische der Sünden beharret, der verstocket das Gemüte; denn er führet die Eitelkeit dieser Welt ins Gemüte, auf dass das Gemüte verschlossen bleibe.

2,26. Gott, soviel er Gott heißet und ist kann nichts Böses wollen; denn er ist nur ein einiger Wille in Gott, und der ist ewige Liebe, eine Begierde der Gleichheit, als Kraft, Schöne und Tugend.

2,27. Gott begehret sonst nichts als nur, was seiner Begierde ähnlich ist. Seine Begierde nimmt sonst nichts ein als nur das, was sie selber ist.

2,28. Gott nimmt keinen Sünder in seine Kraft ein, es sei denn, dass der Sünder von Sünden ausgehe und mit der Begierde in ihn eingehe. Und welche zu ihm kommen, die will er nicht hinaus stoßen (Joh. 6,37). Er hat dem Willen in Christo eine offene Pforte gegeben und spricht: Kommt alle zu mir, die ihr mit Sünden beladen seid, ich will euch erquicken; nehmet mein Joch auf euch (Matth. 11,28), das ist das Kreuz der Feindschaft im Fleische, welches Christi Joch war, der es für aller Menschen Sünde musste tragen. Dieses muss der gelassene Wille in dem bösen irdischen Sünden-Fleische auf sich nehmen und in Geduld auf Hoffnung der Erlösung Christo nachtragen, und mit dem gelassenen Seelen-Willen immerdar in Christi Wille und Geiste der Schlangen den Kopf zertreten und den irdischen Willen in Gottes Zorn töten und brechen; nicht lassen ruhen und in ein sanftes Bette legen, wenn die Sünde begangen ist, und denken: ich will noch wohl einmal dafür Buße tun.

2,29. Nein, nein, in diesem sanften Bette wird der irdische Wille nur stark, fett und geil; sondern sobald sich der Odem Gottes in dir erreget und dir die Sünde anzeiget, so soll sich der Seelen-Wille in das Leiden und Tod Christi einersenken und feste damit umwickeln und das Leiden Christi zum Eigentum in sich nehmen und über den Tod der Sünden, mit Christi Tod, Herr sein und ihn in Christi Tod zerbrechen und töten.

2,30. Will er nicht, so muss er wohl. So setze Feindschaft wider das wollüstige, irdische Fleisch. Gib ihm nicht das, was es haben will. Lass es fasten und hungern, bis der Kitzel aufhöret. Achte des Fleisches Willen für deinen Feind und tue nicht, was die Begierde im Fleische will, so wirst du dem Tode im Fleische einen Tod einführen. Achte keines Spottes der Welt. Denke, dass sie nur deinen Feind spotten, dass er ihr Narr worden ist. Halt ihn auch selber für deinen Narren, den dir Adam erwecket und zu einem falschen Erben eingesetzet hat. Stoß der Magd Sohn aus dem Hause, als den fremden Sohn, welchen dir Gott in Adam im Anfange nicht in das Haus des Lebens hat gegeben; denn der Magd Sohn soll nicht erben mit der Freien, (Gal 4,30).

2,31. Der irdische Wille ist nur der Magd Sohn; denn die vier Elementa sollten des Menschen Knecht sein. Aber Adam hat sie zur Kindschaft eingeführet. So sprach Gott nun zu Abraham, als er den Bund der Verheißung in ihm eröffnet: Stoß der Magd Sohn aus, denn er soll nicht erben mit der Freien. (1.Mose 21,10). Die Freie ist Christus, die uns Gott wieder aus Gnaden ins Fleisch einführete, als ein neues Gemüte, da der Wille, verstehe: der ewige Wille der Seelen, schöpfen mag und trinken das Wasser des ewigen Lebens, davon uns Christus saget: Wer dies Wasser trinken würde, das er uns geben werde, dem würde es in einen Quellbrunnen des ewigen Lebens quellen, (Joh. 4,13). Der Quellbrunn ist eine Verneuerung des seelischen Gemütes, als das ewige Gestirne der ewigen Natur, als der seelischen Kreatur Eigenschaft.

2,32. Darum sage ich: Alles Dichten zu Gott, wie das auch immer einen Namen haben mag, da ihm der Mensch Wege zu Gott möge dichten, ist ein vergeblich unnütz Ding, außer dem neuen Gemüte.

2,33. Kein anderer Weg ist zu Gott als ein neu Gemüte, das von der Bosheit umwendet und in Reu seiner begangenen Sünden eingehet, von der Übeltat ausgehet und diese nicht mehr will, sondern seinen Willen in Christi Tod einwindet, und der Sünden der Seelen mit Ernste in Christi Tod abstirbet, dass das seelische Gemüte der Sünden nicht mehr will. Ob alle Teufel hinter ihm her wären und ins Fleisch mit ihrer Begierde einführen, so muss der Seelen Wille im Tode Christi stille stehen, sich verbergen und nichts wollen als nur Gottes Barmherzigkeit.

2,34. Kein Heucheln und äußerlich Trösten hilft nichts, da man den Schalk der Sünden im Fleische mit Christi Bezahlung wollte zudecken und in der Selbheit stehen bleiben. Christus sprach: Es sei denn, dass ihr umkehret und werdet wie die Kinder, so sollt ihr das Reich Gottes nicht schauen, (Matth. 18,3). Also gar muss ein neues Gemüte werden, als in einem Kinde, das von Sünden nichts weiß. Ferner sprach Christus: Ihr müsset von neuem geboren werden, anders sollet ihr Gottes Reich nicht schauen, (Joh. 3,3). Es muss ein ganz neuer Wille aus Christi Tod aufstehen, ja aus Christi Eingehung (Inkarnation) in die Menschheit muss er ausgeboren werden und in Christi Auferstehung aufstehen.

2,35. Soll nun dieses geschehen, so muss der seelische Wille zuvor in Christi Tod sterben; denn in Adam hat er der Magd Sohn, als die Sünde eingenommen. Die muss er aus dem Willen zuvor ausstoßen; und muss sich die arme gefangene Seele in das Sterben Christi mit allem, das sie ist, mit Ernste einwinden, also dass der Magd Sohn, als die Sünde in ihr, in Christi Tode sterbe. Ja, sterben muss die Sünde in der Seelen Willen, sonst mag kein Schauen Gottes sein; denn nicht der irdische Wille in Sünden und Gottes Zorne soll Gott schauen, sondern Christus, der ins Fleisch kam. Die Seele muss Christi Geist und Fleisch anziehen. In dieser irdischen Hütten mag sie nicht Gottes Reich erben, weil ihr wohl von außen das Sündenreich anhanget, welches in der Erden verfaulen und in neuer Kraft aufstehen soll.

2,36. Es ist kein Heucheln noch Wort-Vergeben. Nicht von außen angenommene Kinder müssen wir sein, sondern von innen, aus Gott geborene Kinder, mit einem neuen Menschen, der in Gott gelassen ist.

2,37. Alles Heucheln, dass wir sagen: Christus hat bezahlet und für die Sünde genug getan; er ist für unsere Sünde gestorben; so wir nicht auch der Sünden in ihm sterben und sein Verdienst in einem neuen Gehorsam anziehen und darinnen leben, ist alles falsch und ein Trug, nichtig, ungültig Trösten.

2,38. Der hat sich Christi Leiden zu trösten, welcher der Sünden feind und gram wird, der sie nicht gerne siehet noch höret oder schmecket, der ihr Feind ist, der immerdar gerne wollte recht und wohl tun, wüsste er nur, was er tun sollte, der hat Christi Geist und Willen angezogen. Die äußerliche Heuchelei, der von außen angenommenen Kindschaft ist falsch und nichtig.

2,39. Nicht das Werk machet die Kindschaft, das im äußern Fleisch allein geschieht, aber das Wirken Christi im Geist, welches mit dem äußern Werke kräftig ist und sich als ein neues Licht erzeiget und die Kindschaft im äußern Werke des Fleisches offenbaret, das ist und macht die Kindschaft.

2,40. Denn so das Auge der Seelen lichte ist, so ist der ganze Leib in allen Gliedern lichte. So sich nun einer der Kindschaft rühmet und lässet den Leib in Sünden brennen, der ist der Kindschaft noch nicht fähig oder lieget ja in Banden des Teufels in einer schweren Finsternis gefangen. Und so er auch nicht den ernsten Willen zur Wohltat in der Liebe in sich brennen findet, so ist sein Vorgehen nur ein Vernunft-Dichten aus der Selbheit welche nicht mag Gott schauen, sie werde dann neu geboren und erzeige sich in der Kraft der Kindschaft; denn kein Feuer ist ohne Leuchten. So nun Gottes Feuer im Gemüte ist, so wird es wohl hervorleuchten und das tun, das Gott haben will.

2,41. So sprichst du: Ich habe Willen dazu; ich wollte es gerne tun und werde aber gehalten; ich kann nicht.

2,42. Ja, liebes besudeltes Hölzel, das ist es eben: Gott zieht dich zur Kindschaft, aber du willst nicht. Dein sanftes Küssen im Bösen ist dir viel lieber. Du setzest der irdischen Bosheit Freude vor Gottes Freude. Du steckest noch ganz in der Selbheit und lebest nach dem Gesetz der Sünden, das hält dich. Du magst der Wollust des Fleisches nicht absterben, darum so bist du auch nicht in der Kindschaft und Gott zieht dich doch dazu, aber du selbst willst nicht. Ei, wie fein deuchte das Adam sein, wenn man ihn also mit diesem Willen in Himmel einnähme und setzte das böse Kind voll Falschheit in Gottes Thron! Luzifer wollte es auch also haben, aber er ward ausgespeiet.

2,43. Das Sterben des bösen Willens tut wehe. Niemand will daran. Kinder wären wir alle gerne, so man uns also mit diesem Pelze wollte annehmen. Aber es mag gar nicht sein. Diese Welt vergehet; so muss auch das äußere Leben sterben. Was soll mir dann die Kindschaft in einem sterblichen Leibe?

2,44. Wer die Kindschaft erben will, der muss auch einen neuen Menschen anziehn, welcher die Kindschaft erben kann und der Gottheit ähnlich ist. Gott will keinen Sünder im Himmel haben, sondern nur eitel neugeborne Kinder, welche den Himmel haben angezogen.

2,45. Darum ist es nicht so ein leicht Ding, Kinder Gottes zu werden oder sein, wie man uns vormacht. Zwar leichte ist es dem wohl, welcher die Kindschaft hat angezogen, dessen Licht scheinet; der hat seine Freude daran. Aber das Gemüte umwenden und die Selbheit zerbrechen, muss ein strenger unnachlässiger Ernst sein und ein solcher Vorsatz, dass, ob sollte Leib und Seele darum zerspringen, der Wille dennoch wollte beständig bleiben und nicht wieder in die Selbheit eingehen.

2,46. Es muss gerungen sein bis das finstere, harte verschlossene Zentrum zerspringet und der Funke zündet, daraus, alsobald der edle Lilienzweig, als aus einem göttlichen Senfkörnlein, wie Christus saget (Matth. 13,31), ausgrünet. Es muss ernstes Beten mit großer Demut und mit der eigenen Vernunft eine Weile ein Narr sein, sich selbst darinnen töricht sehen, bis Christus eine Gestalt in dieser neuen Menschwerdung bekommt.

2,47. Und alsdann, wenn Christus geboren wird, so kommt alsobald Herodes und will das Kindlein töten und suchet das auswendig (Matth. 17,20; Mark. 4,31) mit Verfolgung und inwendig mit Versuchung, ob dieser Lilienzweig will stark genug sein, dem Teufel sein Reich zu zerbrechen, welches im Fleisch offenbar ist.

2,48. Dieser Schlangentreter (1.Mose 3,15: Christus) wird in die Wüsten eingeführet, nachdem er zuvor mit dem Hl. Geiste getaufet ist, er wird versuchet, ob er will in der Gelassenheit in Gottes Willen bleiben. Er muss also fest stehen, dass er im entscheidenden Augenblick alles irdische, ja auch das äußere Leben um der Kindschaft willen verlässt.

2,49. Keine zeitliche Ehre und Gut darf der Kindschaft vorgezogen werden, sondern muss mit seinem Willen das alles verlassen und nicht für eigen achten und sich nur ein Knecht derselben achten, der seinem Herrn in Gehorsam damit dienet (Luk. 17,10). Er muss alles Eigentum dieser Welt verlassen und seinen Willen nicht darein führen und für eigen achten, er hat sonst keine Macht, dem Dürftigen damit zu dienen. (Eph. 4,28)

2,50. Die Selbheit dienet nur dem zeitlichen Wesen, aber die Gelassenheit beherrschet alles, was unter ihr ist. Die Selbheit muss tun, was der Teufel in Fleischeswollust und hoffärtigem Leben haben will. Aber die Gelassenheit tritt das mit Füßen des Gemüts. Die Selbheit verachtet, was albern (einfältig) ist, aber die Gelassenheit leget sich zum Albern in Staub. Sie spricht: Ich will albern sein und nichts verstehen, auf dass mein Verstand sich nicht erhebe und sündige. Ich will in den Vorhöfen meines Gottes zu Füßen liegen, auf dass ich meinem Herrn diene, wozu er mich haben will. Ich will nichts wissen, auf dass mich die Gebote meines Herrn leiten und führen und ich nur das tue, das Gott durch mich tut und haben will. Ich will in meiner Selbheit schlafen bis mich der Herr mit seinem Geist aufwecket. Und so er nicht will, so will ich ewig in ihm in der Stille ruhen und seines Gebotes erwarten.

2,51. Lieben Brüder, man rühmet sich anjetzo des Glaubens, wo ist aber der Glaube? Eine Historia ist der jetzige Glaube. Wo ist das Kind, das da glaubet, dass Jesus geboren sei? So es wäre und glaubete, dass Jesus geboren sei, so würde es ja sich zum Kindlein Jesu zunahen, es annehmen und pflegen. Ach, es ist nur ein historischer Glaube und eine lautere Wissenschaft und vielmehr eine Kitzelung des Gewissens: dass ihn die Juden haben getötet; dass er von dieser Welt sei weggefahren; dass er nicht König auf Erden, im animalischen Menschen sei; dass der Mensch tun möge, was er wolle; dass er nicht nötig hätte der Sünden und den bösen Lüsten sterben. Das freuet sich die Selbheit, das böse Kind, dass es möge im Fetten leben und den Teufel fett mästen.

2,52. Das bewähret sich, dass der rechte Glaube seit Christi Zeiten niemals kränker und schwächer gewesen als eben jetzt und, da die Welt doch laut schreit: Wir haben den rechten Glauben gefunden, und zanken um ein Kind, das böser nie gewesen ist seit dass Menschen auf Erden gewesen sind.

2,53. Bist du Zion, das neugeborene und wiedergefundene Kind, so beweise deine Kraft und Tugend und weise hervor das Kindlein Jesus aus dir, dass man sehe, du seist seine Pflegamme, wo nicht, so sagen die Kinder Christi, du hast nur das Kind der Historien, als die Wiege des Kindes funden.

2,54. Wo hast du das Kindlein Jesus, du Abtrünnige, mit der Historien und falschem Scheinglauben? Wie wird dich das Kindlein Jesus in des Vaters Eigenschaft in deiner eigenen Turba (Verwirrung), die du hast fett gemästet, heimsuchen? Es rufet dir in Liebe, aber du willst nicht hören, denn deine Ohren sind im Geize und Wollust feste zugeschlossen. Darum der Schall der Posaunen mit einem harten Donnerschlag deine Turba einmal zersprengen und dich aufwecken wird, ob du doch noch einst das Kindlein Jesus wollest suchen und finden.

2,55. Lieben Brüder, es ist eine Zeit des Suchens, Findens und Ernstes; wen es trifft, den triffts. Wer da wachet der wirds hören und sehen. Wer aber in Sünden schläfet und in seinen fetten Tagen des Bauchs der spricht: Es ist alles Friede und stille; wir hören keinen Schall vom Herrn. Aber des Herrn Stimme ist an den Enden der Erden erschollen und gehet auf ein Rauch und mitten im Rauche eine große Helle eines Glanzes. Amen! Halleluja! Amen!

Jauchzet dem Herrn in Zion denn alle Berge und Hügel sind voll seiner Herrlichkeit. Er schießt auf wie ein Gewächse, wer will das wehren? Halleluja. (Jes. 44,23; 49,13; Jes. 53,2)