Dem werdenden Esoteriker
Karl Spiesberger
Der Schriftsteller und Magier Karl Speisberger beschäftigte sich mit Runen-Magie und schreibt in diesem Text über seine Ansichten zum Ende des Fischzeitalters und zum Beginn des Wassermannzeitalters. Karl Spiesberger stellt seinen Blickwinkel auf den Unterschied zwischen dem wahrhaft Suchendem und dem Sensationslüsternen der nach weltlichen Kräften giert, sowie die Gefahren die dadurch lauern nachfolgend dar.
Wieder steht die Menschheit an einem Wendepunkt. Ein neuer Kampf der Titanen um die Herrschaft der Erde hat begonnen. Zwei Weltzeitalter ringen um ihren Bestand. Auf der einen Seite das Zeitalter der Fische, verschwimmend im Dunkel dahinrasender Zeit, auf der anderen Seite der Äon des Wassermann, aufsteigend im Schimmer kosmischer Morgenröte.
Brandend toben die Gegensätze!
Die Zeit des Glaubens, der bedingungslosen Anbetung sogenannter Wunder versinkt. Aber auch der an Stelle falschverstandener Mystik und jahrhundertealter Dogmen getretene Materialismus brachte der Welt keineswegs die versprochene Erlösung. Nur umso tiefer gähnt die Kluft. Ein rein materialistisches Weltbild erwies sich ebenso trügerisch, wie ein auf konfessioneller Dogmatik
errichtetes.
Der aufdämmernde Weltenmonat schafft hier Wandel, bringt die ersehnte Klärung. Das Weltbild, dem er seinen Stempel aufdrückt, ist weder ein konfessionell-gebundenes, noch ein seelenlos-materialistisches, sonder eine – wie einst in verklungener grauer Vorzeit – kosmische Weltschau in erhabenster Natur- und Gottverbundenheit.
Nicht glauben, nicht leugnen, – intuitives „hinter die Dinge sehen“ ist seine Losung, experimentelles, praktisch erarbeitetes Erfahrungsgut verknüpft mit inspirativer Wesensschau.
Wissen soll der Mensch, nicht glauben!
Wenigen jedoch ist es vergönnt, zu jenem reinen Born der Erkenntnis gefahrlos vorzudringen. Ganz wenige nur sind von Natur aus dazu prädestiniert. Diejenigen aber, die, getrieben von einem unbestimmten Zwange, sensationslüstern den Geheimnissen nachspüren, ohne Vorbereitung sich in das okkulte Abenteuer stürzen, oder in egoistischer Gier transzendente Kräfte zum Schaden anderer entfesseln – werden über kurz oder lang Opfer dämonischer Gewalten, endend meist in Irrsinn und Verbrechen. Anders der wahrhaft Suchende.
Von Grund auf studiert er die weitumfassenden Gebiete. Beim Einfachsten, Elementaren beginnend, macht er sich vertraut mit allen Zweigen des geheimen Wissens. Vorurteilslos studiert er die zahlreichen Theorien, die verschiedenartigen Hypothesen, nichts nimmt er als gegeben hin, nichts lehnt er ungeprüft ab. Stets ist er bestrebt, das Vorhandensein sogenannter okkulter Kräfte an sich
selber zu erproben, sich empirische Beweise von der Existenz außersinnlicher Gewalten zu verschaffen. Zeit, Mühe, Hindernisse, Entsagung, ja selbst Gefahren schrecken ihn nicht ab; denn dornenvoll ist oft der Weg. Widrigkeiten stellen sich ihm entgegen, meist unvorhergesehener Natur. Gegen mancherlei Gefahren hat er meist anzukämpfen. Gleich dem Entdecker oder dem Erfinder ringt er mit unbekannten Naturgewalten. Wie jeder Forscher muss auch er sich mit der zu enträtselnden Materie, ihren Wesenseigentümlichkeiten und Gesetzen vertraut machen, ehe er die ersten Versuche wagt.
Rüsten sich nicht die Entdecker der Pole unserer Erde gegen die Unbilden der Arktis? – Schützt sich nicht der Chemiker vor der Wirkung todbringender Stoffe? Nach Kräften suchen allen das Gefahrdrohende abzuschwächen, es nach menschlichem Ermessen auf ein Minimum herabzudrücken. Nichts unterlassen sie an zielgerichteter, verantwortungsbewusster Vorbereitung, an planvollem Erfassen und Erkennen.
Nur ins Reich des Transzendentalen glaubt jeder unvorbereitet, ungeschult einbrechen zu können; straflos, ohne negative Folgen. Was, zum Beispiel, sündigen nicht Neugier und Sensationslust auf dem Gebiete der Jenseitsforschung. Ohne die elementarsten Vorkenntnisse, ohne Wissen um die Gesetzmäßigkeit der Transzendenz; bar meist jeder Verantwortung wird fürwitzig darauf los experimentiert. Die Gewalten jenseits unserer dreidimensionalen Wahrnehmung offenbaren sich nicht auf Kommando, um übersteigerte Launen zu befriedigen und ein wohliges Gruseln auszulösen, mit dem man hinterher sich brüstet.
Die Natur ist neidisch. Selten nur gestattet sie freiwillig einen Blick hinter ihre Schleier. Wenige nur sind der Begnadeten, die dieses Vorzugs tributlos teilhaftig werden. Wir anderen, denen diese Gunst versagt ist, müssen schwer um jeden Lichtstrahl ringen. Nur wenn wir unser ganzes Ich in stählernem Training schulen, unsere magische Persönlichkeit unausgesetzt zu entwickeln trachten, beharrlich Schritt für Schritt im Erkennen höher klimmen, besteht auch für uns die Möglichkeit
transzendentalen Erlebens, wie es sonst nur Bevorzugten, von Geburt aus Prädestinierten erreichbar ist.
Ohne Frage – wir haben ein Recht, den Dingen nachzuspüren, die nicht mehr dem materiellen Plane entstammen; gleichzeitig aber auch die Pflicht, uns auf ihr Erscheinen dementsprechend vorzubereiten! Ein: „Du sollst nicht! Du darfst nicht!“ gilt für den freien Geistesmenschen nicht. Wir sind mit einer anderen Welt zu eng verbunden, um ihrem Zauber, ihren Problemen entfliehen zu können. Bereiten wir uns aber würdig vor, ehe wir uns unterfangen, das Titanische zu meistern. In zäher Ausdauer wollen wir erstarken.
Der Mensch und seine Ebene sei Ausgang unserer Forschung. Die Kraftformen anderer Welten, Bewusstseinsstufen höherer Daseinspläne – unserer Forschung Ziel.