Die Materie zum großen Werk und ihre Bereitung nach den Angaben der Adepten
Max Retschlag (1934)
Die Materie zum großen Meisterwerk der Alchemie wurde stets auf das sorgfältigste geheim gehalten, doch ist sie trotzdem von verschiedenen Adepten in ihren Werken genannt worden, allerdings an Stellen, wo dies unbeachtet blieb und nicht vermutet wurde. Sie wurde allgemein sonst nur nach ihrem Aussehen, ihren Eigenschaften genannt und gleichnisweise umschrieben. Man nannte sie Merkur der Weisen, ihr Quecksilber, ihren Schwefel, ihr Salz, das Blei der Philosophen, Antimon, Magnesia, Zinnober, einen Stein, den Eckstein, der von den Bauleuten Babels verworfen wurde. Paracelsus nannte sie den Stein nach der Kuh geworfen, auch heißt sie Vitriol der Weisen oder Alaun.
Nach den verschiedenen Angaben sollte sie weich sein, ein feuchtes Wesen, ein nasses Wasser, ein Wasser, das die Hände nicht nass macht, oder sie sei ein einiges Wesen, sie bestehe aus Zweien, Dreien, Vieren, sie sei sehr selten und kostbar, nur in den Ländern des Morgenlandes zu finden, sie sei überall anzutreffen und umsonst zu haben, und was dergleichen Widersprüche mehr sind. Diese Widersprüche sind jedoch nur scheinbare, zu ihrer Erklärung muss man berücksichtigen, dass die Adepten zwischen ihrer Rohmaterie, der Materia secunda, und einer aus der Rohmaterie bereiteten Materia prima unterschieden, beide aber in ihren Angaben gern untereinander mischten, um die Sache zu verdunkeln.
Auch wurde die Materie nach ihren verschiedenen Zustandsformen und ihren Farbänderungen benannt, die während der Bereitung entstehen, und bei diesen Angaben ließ ein jeder mit der Wiederholung anderer seiner Phantasie freien Lauf. Viele erwähnten eine Vorarbeit, Hauptarbeit und Nacharbeit, wobei oft als Vorarbeit das Entstehen der Materie in der Natur bildhaft beschrieben wurde, obwohl es ohne menschliches Zutun zustande kommt.
Die aus der Rohmaterie bereitete Materia prima, von manchen auch mit Materia secunda aus der Materia prima bezeichnet, wurde Merkur der Weisen genannt, der in sich den Schwefel enthält als zweifache Sache, Rebis, das ist res bina. Genauer bezeichnet ist die in der Rohmaterie enthaltene Erde der Schwefel, Sulfur, und das Wasser ist das Quecksilber, Merkur. Das eine ist warm-trocken, das andere kalt-feucht, Sonne-Mond, zwei Drachen, der eine mit, der andere ohne Flügel. Es ist der Drachen, der die goldenen Äpfel im Garten der hesperidischen Jungfrauen bewacht, es sind beides die zwei Schlangen, die von Juno dem jungen Herkules in die Wiege gelegt wurden. Er erwürgte sie, wie sie der Adept im Anfang des Werkes überwinden muss, das heißt, zerstören, damit Rebis entstehen kann”, wie es Flamel im dritten Kapitel der Auslegung der hieroglyphischen Figuren erklärte.
Alle Adepten waren bemüht, die Materie deutlich zu machen, soweit ihnen dies erlaubt und bei Wahrung des Geheimnisses vor Unberufenen möglich war. Die größere Schwierigkeit besteht für den angebenden Adepten daher weniger in der Auffindung der Materie, als in der Bereitung, die von allen Adepten in einen undurchdringlichen Schleier gehüllt wurde. Es hat manch einer die Materie gekannt, aber da er in der Bereitung irrte, erreichte er nie das ersehnte Ziel, und mancher Adept hat nach eigenem Geständnis an die zwanzig Jahre gebraucht, bis ihm die Bereitung gelang.
Es ist eine Materie, die von der Natur bereitet wurde, deren letzte Vollendung jedoch unterblieb und nun auf künstlichem Wege erreicht werden soll. Dazu heißt es: “Nimm nichts davon, tue nichts dazu, sondern wie es die Natur geschaffen, sollst du bleiben lassen!”
Die falschen Alchemisten haben die Materie zum großen Werk vergebens in den allerverschiedensten Stoffen gesucht. Die Adepten sagen nicht mit Unrecht, das Werk verlange zu seiner Bereitung einen gesunden Menschen, jene unberufenen Sucher aber seien alle krank, sie hätten die Gelbsucht, nämlich die Goldsucht, die ihnen die Augen derart verdunkele, dass sie die Materie niemals erkennen könnten. Bei diesen Alchemisten lassen sich nach den von ihnen für die Ausgangsmaterie zum großen Werk gehaltenen Stoffen ganze Gruppen unterscheiden, Spezialisten, die sämtlich überzeugt sind, dass ihre Meinung die richtige ist, indem sie sich auf die betreffenden Stellen in den Schriften der Adepten berufen.
Von diesen Gruppen, die auch heute noch bestehen, ist die größte diejenige der Metallisten und Mineralisten. Sie sind überzeugt, dass die Materie zum Werk nur im Mineralreich zu finden sei, in Gold, Silber, Blei, Antimon, Magnesium, Schwefel, Arsen, Quecksilber oder in Kalium-, Ammonium-, Natriumsalzen, in Vitriolen, Alaunen, in Kaolin, Lehm, Ton und dergleichen mineralischen Stoffen.
Eine Unterabteilung der Mineralisten sind die Schlüsselmacher, die große, kleine und einen Hauptschlüssel haben je nach dem Unterschied der Schlösser. Der Hauptschlüssel wurde von verschiedenen Alkahest genannt, er sollte ein allgemeines Lösungsmittel sein, wie es vom Merkur der Weisen behauptet wurde, in dem sich das Gold (der Weisen) auflöse, wie Eis im warmen Wasser. Den seltsamen Namen Alkahest erklärt Glauber entstand aus den in flüchtiger Schreibweise zusammenhängend geschriebenen beiden Wörtern Alcali est.
Alkahestspezialisten waren unter anderen van Helmont, der die Zusammensetzung geheim hielt, dessen Schüler Starkey und Glauber, der seinen Alkahest aus geschmolzenem und mit Holzkohle verpufftem Kalisalpeter bereitete und zum Gebrauch bei den Metallen an Stelle der Holzkohle Schwefelantimon verwendete. Auch aus Quecksilberchloid und Schwefelantimon, mit oder ohne Essigsäure, Harn, Alkohol und anderen Zusätzen suchte man ein solches Universallösungsmittel zu erhalten. Der Name Alkahest wurde wohl zuerst von Paracelsus gebraucht, der damit den Merkur der Weisen bezeichnete.
Auch die Gruppe der Gradirwasserköche gehört zu den Mineralisten, die mit aus Säuren bereitetem “Gradirwasser” das Silber in Gold erhöhen wollen. Ihnen schließen sich die Zementstümper an, die auf trockenem Wege durch das Zementieren von Silber oder Kupfer mit Blutstein, Eisenoxyd, Vitriolen, Zinnober, Schwefel, Arsenik, Salmiak, Salpeter und anderem eine Umwandlung der misshandelten Metalle in Gold erhoffen.
Nun sind zu nennen die Gursucher, die auf und in den Bergen herumklettern und die verschiedenen Guren sammeln, in denen sie die Ausgangsmaterie vermuten. Ihnen folgen die Luftfischer, die “Das Fischlein Echinaeis” oder “des Hermes Vöglein”, wie die Prima materia von manchen Adepten auch genannt wurde, in der Luft fangen wollen. Im Frühling, wenn die Luft “voll Astralsalz” ist, gehen sie vor Sonnenaufgang hinaus, atmen die Luft tief ein und hauchen sie in mitgenommene Flaschen. Das sich niederschlagende Wasser wollen sie dann in gläserner Reibschale mit ebensolchem Pistill in eine “Jungfernmilch” und weiter in eine “jungfräuliche Erde” verwandeln, die “über dem Haupt schwebte und noch nie von eines Menschen Fuß betreten wurde.” Ähnlich den Luftfischern suchen die Speichelsammler die Materie zu erlangen, indem sie Speichel durch Reiben in einer Reibschale in Milch und dann in Erde verwandeln wollen.
Als weitere Gruppe folgen dann die Mistfreunde, Harnsieder und Exkrementenforscher. Auch sie können sich auf die Worte der Adepten berufen, und suchen in Misthaufen, alten und neuen Jauchegruben und an dergleichen duftenden Orten die Materie, vermuten sie in menschlichen und tierischen Exkrementen, Harn, Blut, Samenflüssigkeit und dergleichen. Diese Art der Sucher hießen nach dem lateinischen semen, der Samen, die Seminalisten, und sie gaben den Anstoß zu den Homunculus-Phantasien, die in den Köpfen vieler Alchemisten spukten.
Den Schluss des Reigens bilden die Kräuterphilosophen. Sie sind überzeugt, dass die Materie nur in bestimmten Kräutern zu suchen sei, in Melissen, Schöllkraut, Wasserlinsen oder im Nostok, “dem vom Himmel gefallenen grünen Schleim”, in dem sie den geheimen Vitriol der Weisen vermuten. Auf Vitriol scheint der alte Rosenkreuzerspruch hinzuweisen: Visitabis Interiora Terra Rectificando Invenies Occultum Lapidem Veram Medicinam, dessen Anfangsbuchstaben das Wort Vitriolum bilden.
Manche sind der Meinung, dass die Materie nur von solchen gefunden und bereitet werden könnte, die mit einer besonderen angeborenen oder erworbenen magnetischen oder ähnlichen Kraft begabt seien, oder dass längeres Fasten, besondere Atem-Übungen oder dergleichen meist schädliche Praktiken dem Auffinden vorangehen müssten. Diese Meinung ist irrig, doch ist nicht jede Materie gleich gut geeignet, und auch nicht zu jeder Zeit. Es heißt richtig: “Quo nobilior fuerit materia, eo nobilior erit forma. Item: Terram unam altera esse meliorem, ergo eligibiliorem, quod notandum!”
Nach den Angaben der Adepten scheint es sich bei der Bereitung des großen Werkes um einen verwickelten chemischen Arbeitsvorgang zu handeln, doch ist er weniger schwierig, wie langwierig. Kurz und treffend kennzeichnet sie der Alchemistische Spruch: “Fax fixurn volatile et volatile fixum!” Nach einer Rosenkreuzerangabe erfordert die Bereitung folgende Zeiten: Mortificatio und Putrefaktio erfordern vierzig, die darauf einsetzende Solutio fünfunddreißig, die Animatio dann dreißig, eine weitere Putrefactio zwanzig und die Combinatio drei Tage und Nächte. Als Nacharbeit folgt dann eine dritte Putrefactio mit einer Dauer von dreizehn, Solutio mit zehn, Animatio rnit acht, die vierte Putrefactio mit vier Tagen und Nächten und die Perfectio seu Fixatio mit einem Tag und einer Nacht, zusammen einhundertfünfundsechzig Tage, vorausgesetzt, dass nicht störende Ereignisse, wie zu schwaches, ungleichmäßiges Erwärmen, die Vollendung mehr oder weniger bedeutend verzögern.
Die Adepten erwähnen stets die Farben, die im Werk während der Bereitung sichtbar werden. Drei Farben sind die hauptsächlichsten, schwarz, weiß, rot.
Die zuerst erscheinende Farbe ist die Schwärze, es ist “der Rabe, der in der Nacht ohne Flügel fliegt”.
Die zweite ist die weiße Farbe, in die allmählich die schwarze übergeht, sie heißt der Schwan, die weiße Taube, das weiße kristallinische Salz oder die weiße Rose, und die dritte Hauptfarbe ist dann die rote, die aus der weißen entsteht, die rote Rose, der himmlische Rubin.
“Töte den Raben, dass eine Taube geboren werde, und hernach ein Phönix, mache aus dem Schwarzen das Weiße und das Rothe, so wirst du glücklich sein.” (In diesen wenigen Worten ist das ganze Magistenum enthalten.)
Ein alter, im Volke erhaltener Alchemistenspruch sagt. “Gott ging zu Acker, auf einem roten Acker tät er drei Furch und fand drei Würm, einer war schwarz, der zweite weiß und der dritte rot.”
Wenn die weiße Farbe sich durchgehend zeigt, ist die Materie bereits Elixier, von Suchten nennt es Silber, und schreibt: “Der dies Silber hat und kennt, der hat das, so von Anfang der Welt von aller Menschen gesucht worden. Es ist eine Materie der Gesundheit und des Reichtums: dann beide fließen aus einem Brunnen.”
Folgende Schilderung der Materie und ihrer Bereitung mit beliebten Umschreibungen gab Leade, genannt Leona Constantia in” ,”Sonnenblume der Weisen”, “Die Materie, daraus unser Stein bereitet wird, ist ein schlichtes, unansehnliches Wesen, verachtet, da bei ihr nicht die geringste Schönheit anzutreffen. Es ist eben die Materie, daraus Gott im Anfang Himmel und Erde schuf, nämlich aus einem Chaos oder Klumpen. Nimm diesen Klumpen und handle damit eben, wie Gott im Anfang bei der Schöpfung Himmels und Erden.
Diese Erde war wüste und leer, es war finster auf der Tiefe; derselbe Abgrund war voll dicker Finsternis, so wie ein schwarzer Nebel, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser, bewegte das neblige Chaos, trieb es in die Enge zusammen, dass es sich in sich selbst resolvieren und wasserdicklich werden musste. Gehe mit den Weisen nach Bethlehem, ja bis zur Wiege des neugeborenen Königs, so wirst du in einem einzigen Subjecto den philosophischen Grund und Wurzel finden, darin alle drei Anfänge, Geist, Seele und Leib verborgen liegen, des Werkes Anfang, Mittel und Ende.
Dieses Subjectum muss zuerst aufs Höchste gereinigt, dann aufgeschlossen, zerbrochen, zu Asche und Öl werden. Wer das Öl und seine Auflösung, auch seine Coagulation und Destillation erkennet, der weiß des Tartari der Weisen Heimlichkeit und Grund: doch muss das Innerste dieses Öls herausgebracht und umgekehrt werden; denn der Geist allein macht lebendig, der bloße Leib vermag nichts. Wer nun diesen Geist hat, der hat auch das Öl. Ich warne vor allen Metallen und Mineralien, sie mögen heißen wie sie wollen, Gold, Silber, Vitriolum, Antimonium etc. Sumina alle Metalla und Mineralia sind zu unserm Werk gar nichts nütz; keines ausgenommen, welches ich heilig bezeuge.
Auch sind alle Vegetabilia und Animalia und was von ihnen kommt hierzu ganz untüchtig. Zwar aus einem metallischen Samen, nach solcher Grundfeuchtigkeit hat man sich umzusehen, und seine Erkenntnis von Gott zu erbitten. Zwar sagt Salomo, Buch der Weisheit 12: Dein unvergänglicher Geist ist in allen (verstehe Metallen, Minern, Vegetabilien und Animalien); wir aber haben nicht nötig, diesen Geist und Anfang aller Dinge in allen diesen Körpern zu suchen, die Natur hat uns etwas Näheres dargestellt, darin wir diesen Samen suchen und finden können. So ist unsere Materie ein einiges Wesen, von Ansehen geringe, aber ihre verborgene Natur, die alles wirket, was in ihr ist, wachset auf, wie ein Berg, und grünen aus ihr allerlei Farben, von allerlei Geschlecht. Sie ist an allen Orten zu finden, sie ist der rechte Auf- und Zuschließer und Durchdringer aller Dinge, der rechte Signatstern, der Weisen wahre Arznei; sie ist eben das, worauf zu Anfang der Geist Gottes schwebte.
“Die Auflösung des Körpers in seinem Wasser ist zugleich eine Tod- und Lebendigmachung des Körpers und Geistes, in ganz gelinder Wärme. Das ganze Werk bekommt seine Reinigung durch unser feuchtes Wasser. In solcher natürlichen Solvir- und Sublimierung geschieht eine Verbindung der Elemente, eine Scheidung des Reinen vom Unreinen, das reine Weiße steigt auf in die Höhe, das unrein Irdische aber bleibt im Grunde des Gefäßes. Solches ist des ganzen Werkes Schlüssel in der Vor- als Nacharbeit, daran genug zu lernen.
Vor der Solution und Sublimation geht unsere Kalzination vorher; alles dieses geschieht nicht in geringer Zeit. Philaletha redete in der Handleitung zum himmlischen Rubin davon ausführlich. Es ist Herkulesarbeit. Denn was hat man nicht vor Mühe, erst im Suchen der wahren, ersten Materie, demnach in rechter Zusammensetzung, sowohl innerer als äußerer Proportion? Was Mühe, Arbeit und Zeit, bis die Adler tüchtig zum Fliegen bereitet? Was ferner vor Zeit, bis der Adler mit dem Drachen ausgefochten, bis aus unserer Kröte, die im Schlamm sich nähret, der Rabe geboren? Endlich was vor Zeit in Gebährung des im Feuer lebenden Salamanders?
Dieses ist der Baum des Lebens, zur Gesundheit unseres Leibes, und die Quelle zeitiger Wohlfahrt. Wer sie erlangen will, der gebe Gott die Ehre, sei auch bereitwillig, wenn es der Höchste haben will, alles wieder zu seinen Füßen zu legen; denn diese Herrlichkeiten sind nur verschwindende Zeitlichkeiten, und der ewigen Herrlichkeit in nichts zu vergleichen; zumal das ganze irdische Leben nur ein Elend und Jammer ist bis in den Tod.”
In seiner Schrift: “Coelum Philosophorum sive Liber Vexationum”, die von Glauber im zweiten Teil seines Operis Mineralis erklärt wurde, führt Paracelsus die Alchemisten irre, in einer anderen Schrift: “De Tinctura Physicorurn” gab er ein von ihm erfundenes abgekürztes Verfahren für die Bereitung des großen Werkes an, das von Alexander von Suchten folgendermaßen erläutert wurde: In seiner Arbeit sei Paracelsus der von Moses in der Genesis beschriebenen Erschaffung der großen Welt gefolgt, wobei diese Arbeit gewissermaßen die Schöpfung einer kleinen Welt bedeute. Wie Moses die Materie für die Erschaffung der großen Welt in ihren drei Hauptprinzipien anführt, so sage auch Paracelsus, dass die Materie zum Stein der Weisen nur ein einziges Ding zu sein scheine, dass sie aber drei andere in sich enthalte, die einzeln durch die Feuer-Wasser-Kunst herausgezogen und wieder zu einer Substanz vereinigt werden müssten.
Alle Weisen stimmen darin überein, dass die Materie für die große Universalarznei nur ein Ding sei, Bernhards einige Wurzel, daraus die zwei merkurialischen Substanzen genommen werden müssten, mit denen dann das Werk bereitet wird. Moses sagt, dass die erste Materie ein Wasser gewesen sei, feuchter Natur. Er erwähnt zuerst die drei Hauptprinzipien Himmel, Erde und den Geist Gottes, dann die Materie, aus der Gott Himmel und Erde schuf, nämlich ein Wasser, das er in zwei Teile teilte, in einen oberen Teil, den Himmel, und einen unteren, die Erde. Die drei in der Materie enthaltenen Prinzipien nennt Paracelsus einen Adler, Löwen und Goldglanz, im Libro Metamorphoseos nennt er sie Sal, Sulphur und Mercurius, andere nennen sie Geist, Seele und Leib. Die Materie wird von Paracelsus auch noch roter Löwe genannt, um sie vor den Unberufenen zu verbergen, eine feuchte Natur, ein Wasser.
Wegen ihrer starken durchdringenden Eigenschaften kann man sie wohl einen Löwen nennen, denn sie bezwingt die Menschen und alle Geschöpfe, und heißt deshalb in der Smaragdtafel die allerstärkste Stärke “cum enim elementa illa separantur, purificantur, et alternatim modo congruo deponantur, generatur ab us substantia temperata, quae non potest ignis violentia separare, nec terrae foeculentia vitiare, nec aquae limositas contaminare, nec aeris contactus obumbrare.”
Dieser Löwe muss sich nach des Paracelsus Worten zu einem Teil in einen weißlichen Adler verwandeln, so dass aus einem zweie werden. Wie in der Schöpfungsgeschichte aus der Urmaterie, aus einem Wasser alle Dinge und Geschöpfe hervorgebracht wurden, indem daraus zwei weitere Stoffe entstanden, so geschieht dies auch hier. Ein Teil wurde dazu in die Höhe geführt, zu einem Himmel gemacht, der andere Teil sammelte sich in der Tiefe und wurde durch Koagulation zu einer trockenen Erde. So wird auch die Materie des großen Werkes in zwei Teile geteilt, deren einer Teil als klare Flüssigkeit oder weißer Adler durch Destillation in die Vorlage übergeht. Dieser flüchtige Adler ist sehr scharf, er durchdringt dem Löwen, der rückständigen Erde, seinem Vater und zugleich Sohne Mark und Bein. Er ist auch das alleinige Mittel für die Erneuerung des menschlichen Körpers, das wahre Bad der Wiedergeburt, durch dessen innerlichen Gebrauch in kleiner Dosis der Mensch verjüngt wird, wie ein Adler nach den Worten des Psalm. Er ist das Subtile der Tabula, Himmel genannt wegen seiner wunderbaren Eigenschaften, auch Geist oder Seele der Welt als einer Mittelnatur zwischen Geistigem und Körperlichem, “quae sit quasi corpus et quasi non anima, et jam quasi anirna et quasi non corpus ligamentum et vinculum cmnium elementorurn.”
Der andere Teil, der Rückstand, trocknete zu einer Erde ein, die ihrer Schärfe und Stärke wegen den Namen des Löwen behielt. Diese Erde ist jetzt keine Jungfrau mehr, denn der Geist, der über ihr als über der ersten Substanz geschwebt hatte, befruchtete sie, und hatte sie befähigt, einen Sohn zu gebären, den Adler.
Das dritte Prinzip, der unsichtbare Geist, wird von Paracelsus Glanz der Sonnen oder Goldglanz genannt. Wie dieses dritte Prinzip bei der großen Schöpfung als Geist Gottes über den Wassern schwebte, und von den beiden anderen Prinzipien nicht geschieden wurde, sondern stets zwei in einem blieb, nämlich der Geist auf und in dem Wasser, so ist es auch beim großen Werk. Auch hier wird dieses dritte Prinzip, der Glanz der Sonnen, die schöne Goldfarbe nicht gesehen, sie leuchtet dem Spagyro nicht nach, sagt Paracelsus. Nach den Worten der Schöpfungsgeschichte bleibt sie bei dem Wasser, Paracelsus vermutet sie dagegen in der Erde. Sie ist nach seiner Meinung die Anima, die Seele, die im Blute ihren Sitz hat, und da sich diese Goldfarbe während einer Zeit der Bereitung wie ein eingedicktes Blut auf der Erde zeigt, so vermutet er darin die Seele. Wenn diese Goldfarbe aus der Erde ausgezogen wird, bildet sie auf dem Wasser eine Schicht, wie Blut, bleibt auch stets mit ihm vereint, denn sie kann für sich nicht bestehen.
Von den drei Prinzipien sagte Lulijus im Testamentum novissimum: “Argentum vivum nostrum vel pars ipsius est aqua destillata a terra sua, et terra sirniliter est argentum vivum animatum, et anima est calor naturalis, qui stat colligatus in prima essentia elementorum mercurii vivi nostri.”
Für die Art und Weise, wie die beiden in der Rohmaterie befindlichen Prinzipien auszuziehen sind, der Adler, Merkur oder Seele, und der Körper, das Salz, das in sich den Goldglanz oder den Schwefel der Weisen hat, gibt nun Paracelsus das von ihm gefundene abgekürzte Verfahren. Es ist dies dieselbe Weise, die Jason beim Ovid anwandte, als er die Glieder des Alten voneinander zu trennen befahl, um sie dann wieder in einem warmen Bade zu vereinen, wodurch der Alte wieder jung werden würde, und neue Kräfte erhielte.
Paracelsus meinte, dass die alten Weisen in der Bereitung und Scheidung einen weiten Umweg gemacht hätten. Sie hätten wohl auch erst aus einer Substanz zwei gemacht, Wasser und Erde, dann aber stets diese zwei gebraucht, und nicht eins. Es sei jedoch einerlei, ob man im Anfang eine oder zwei Materien nehme, denn man finde sie in einem Stück, wie auch in zweien, nämlich, dass die Natur aus einem schon zwei gemacht habe. Nehme man eine Substanz, so müsse man erst zwei daraus machen, nehme man aber zwei, wie sie die Natur aus einer reduzierte, so sei man der Mühe überhoben, zwei daraus zu machen, man brauche dann nur aus diesen zweien das Dritte hervorzubringen, das Blut des Löwen oder den Goldglanz. Es muss aus der Erde, mit der es verbunden ist, aus der Finsternis durch das Niederfahren des Adlers zur Hölle erlöst werden.
Die alten haben beide Substanzen vereint, einen philosophischen Monat putrifiziert, und dann das Wasser bei ganz gelinder Wärme abgezogen, denn bei einer stärkeren Erhitzung würde das Wasser alles zerschlagen. Darauf hätten sie den Rückstand stärker erhitzt und das goldene Öl, den trockenen Spiritus übergetrieben. Damit nun nichts zurückbleibe, gossen sie einen Teil des überdestillierten Wassers zurück, putrifizierten abermals einen philosophischen Monat, und zogen es dann wieder ab. Dieses Eintränken, Putrifizieren, Abziehen hätten sie so oft wiederholt, bis fast die ganze Erde aufgelöst sei und mit dem Wasser überging. Dann hätten sie Wasser und aufgelöste Erde, das Öl, jedes für sich gereinigt, doch alles dies in langer Zeit mit viel Mühe und unter Verlust eines guten Teils des Wirksamen. Dagegen empfiehlt nun Paracelsus, vom Löwen nur das rosenfarbene Blut und vom Adler das Gluten zu nehmen, und beides zu vereinen.
Zwei Wege gibt es bei der Bereitung der Quintessenzen, Destillation und Extraktion, die dasselbe ist, wie Auflösung, oder, wie Bernhard sagt, der König gehe nimmermehr hervor, die Fontina ziehe ihn denn zu sich. Die lange, mühsame Arbeit des Putrifizierens und Destillierens verwirft Paracelsus, also muss er den anderen Weg eingeschlagen haben, nämlich extractionem solutivam cum annexis laboribus rite praeparandis. Er sagt, man solle dem Löwen sein rotes Blut nehmen, ihn mit seinem eigenen giftigen Merkurialwasser töten, nämlich die Tinktur oder das Arkanum aus der Erde ausziehen. Bei diesem Ausziehen müsse aber folgende Alchemistische Regel beobachtet werden: quod nulla solutio fien debet nisi in sanguine proprio, et res philosophice calcinatae magis esse solubiles, quam non tau modo calcinatae; quia per nostram calcinationem rediguntur in naturam sahum et aluminium philosophorum, quae sola sunt solubilia.
Nun folgt die Vereinigung oder die Auferstehung, bei der alle drei für sich gereinigte Teile, Leib, Seele und Geist, wieder zu einem neuen, verklärten Leib vereinigt werden. Wenn das reine Blut, die Essenz der Erde, eingetrocknet ist, wird es die Erde der Philosophen genannt, mit der das Geistwasser durch oftmaliges Aufgießen und Eintrocknen allmählich wieder vereinigt wird. Hermes sagt darüber in der Smaragdtafel: ascendit a terrain coelum, iterumque descendit in terram, et recipit vim superiorem et inferiorern. Conjugite solem rebeum et lunarn albam una via et una dispositione. Bei Morienus heißt es: Fac, ut fumus rubeus capiat fumum album, in vase forti, firma conjunctione sine spirituum exhalatione. Es ist dies die Vereinigung des Himmels und der Erde, des Königs und der Königin, Adams und Evas. Sie ist so oft zu wiederholen, bis die ganze Lili, wie Paracelsus die Erde auch noch nennt, ein trockner Körper wurde, der alles abdestillierte Wasser wiederempfing.
Bernhard sagte, je öfter unser König in solchem salzhaften merkurialischen Wasser gebadet wird, umso schöner, reiner, gesünder und stärker würde er. Tränkt man die Erde oft, so hat man mehr Frucht zu erwarten, und wolle man es auf die höchste Reinheit bringen, so wasche man es siebenmal im Jordan. Muttiplicatio enim nostra, teste Raymundo Lullio, non est aliud, nisi operis nostri prirnordialis composiei reiteratio.
Alle Corruptiones und Regenerationes vollbringt die Natur in steter, gelinder Wärme, und dies haben die Weisen auch in ihrem Werk befolgt. Dadurch wird es zur Vollendung gebracht, wie es die Natur beabsichtigte, doch nicht vollbringen konnte. “Ubi natura definit, ibi ars incipit. Per Deum lapis noster a natura creatus invenitur, et nihil deest ei nisi purificatio et perfectio. Mercurius philosophorum non est aliud, quam corpus solutum in aquam, et aqua vitae est idem, quod aqua permanens, est spiritus extractus a corpore, et dicitur aqua vitae et argentum vivum nostrum, et ex ea omnia fiunt.”
Eine Beschreibung der Bereitung nach dem sogenannten Naturweg findet sich in einem alten Manuskript eines unbekannten Adepten, sie ergänzt das bereits Angeführte und lässt das Wesentliche dieses eigentlichen Weges erkennen: Die wahrhafte Practica aber verstehe sie wohl, und nicht phantastisch nach einer eigenen eitlen, leeren Einbildung!
Wenn unser Stein in unser Gefäße gelegt ist, und empfindet die Wärme von unserem Feuer, wird er alsbald in Wasser aufgelöst, und bisweilen steigt es in die Höhe des Gefäßes, nachgehends steigt es herab auf den Boden des Gefäßes, und steigt wieder auf durch den Wind. Welche dieses Aufsteigen gesehen haben, also dass die Materia aufstieg, haben davon geredet, und beratschlagt, wie sie doch solche Wirkung nennen möchten, und ihre Meinung und Schluss ist gewesen, dass sie genannt würde Sublimatio. Hernach als sie gesehen haben, dass die Materia hinab stiege zum Boden des Gefäßes, und sich in Wasser verwandle, haben sie für gut angesehen, solche andere Weise zu nennen die Auflösung. Desgleichen als sie gesehen haben, dass dieses Auf- und Niedersteigen in Wasser verwandelt worden, haben sie gesagt, dieses sei die vollkommene Abtröpfelung, Destillatio, welches ist die dritte Weise. Und die Herabsteigung ist die vierte Weise.
Desgleichen als sie gesehen haben, dass die Materia dick und zu Erden verwandelt würde, und dass dieselbe Verdickung im Anfange über dem Wasser stünde, und als sie dieselbe allmählich haben lassen dick werden, haben sie gesehen, dass die Erde im Wasser untersinke, und stehe auf dem Boden des Gefäßes unter dem Wasser, weIche Erde gelb, schwarz und hefucht war, haben sie diese fünfte Weise genannt Corrupfion oder die Verwesung.
Ferner als sie gesehen haben, dass dieselbe hefuchte Erde unter dem Wasser stehe, durch langes Kochen in unserem Feuer die Farbe verändere, haben sie dieselbe Wirkung genannt eine, Abwaschung, Ablution. Deswegen hat Morienus der Philosophus gesagt: Ihr sollt wissen, dass das ganze Magisterium nichts anderes ist, als eine Extraction, Auszug des Wassers aus der Erde, und eine Dimissio des Wassers über die Erde, bis die Erde selbst verfaule, und diese Erde verfault mit dem Wasser, und wird gereinigt; wenn sie nun gereinigt ist, so wird das ganze Magistenum fertig sein.
Darum spricht der Philosophus: Macht Latonem weiß, und legt die Bücher hin, welches ist die sechste Weise. Als sie noch mehr gesehen haben, dass die Erde unter dem Wasser stehe, wachse, und das Wasser verringere, wegen der gemäßigten Wärme, haben sie gesagt, dieses wäre das vollkommene Wachstum.
Der Philosophus spricht ferner: Denn wie die Erde mit dem Wasser getränkt, befeuchtet und zum Wachstum gebracht wird, und durch eine mäßige Kochung unseres Feuers getrocknet und in Erde verwandelt wird, als auch die ganze Materia, in unserer Operation, wird nicht anders vollkommen gemacht. Daher spricht Hermes, der Vater aller Weisen, diese Kraft ist ganz, wenn sie in Erde verwandelt ist, und dieses ist die siebente Weise.
Ferner haben sie gesehen, dass die ganze Materia zur Erden, und in ein festes, dickes Wesen verwandelt wurde, und dass sie nicht mehr flüssig, noch aufsteigen wollte, sondern stand zusammengezogen, und als sie dieses ganz sahen, sprachen sie, es wäre eine vollkommene Gerinnung. Darum hat der weise Mann gesagt: Löset unseren Stein auf, und hernach macht ihn wieder hart, das ist, verwandelt ihn in Erde, und das mit großer Behutsamkeit, wie jetzt ist gezeigt worden, so werdet ihr das ganze Geheimnis haben. Und dieses ist die achte Weise.
Siehe! und höre, was der weise Mann ferner sagt: Das ganze Magistenum ist nichts anderes, als eine rechte Auflösung machen, und eine vollkommene Gerinnung. Daher spricht Geber. Löst unseren Stein auf, und hernach lasst ihn hart werden, ohne einige Verminderung, und sucht nichts mehr, denn ihr werdet das ganze Magisterium haben. Ingleichen als sie sahen, dass unsere Materia geronnen und verdicket worden, wegen der großen Kochung, und dass die weiße Farbe war über alle weiße Farben, haben sie dafür gehalten, unsere Materia wäre nunmehr kalziniert, und dem Anfang des Roten. Welches die neunte Weise ist.
Wer ist nun unter euch, die ihr in dieser Lehre unterrichtet sein wolle, der da Bäume pflanze, und ehe als zu rechter Zeit Früchte hoffe, der da säe, und ehe als zu Ernte-Zeit ernten wolle? Warum wollt ihr doch diese Wissenschaft haben? Warum sucht ihr sie so ängstlich mit Verlust eures Vermögens und meint, wann ihr einmal ein Buch gelesen, und die erste Regierung erfahren habt, so sei es genug, zu dem größten Geheimnis zu gelangen. Allein, glaubt es nicht; die Weisen haben schon angezeigt und erfahren, dass das Rechte nicht zu unterscheiden, als allein durch Irrtum, und dass nicht mehr Schmerz den Herzen bringt, als eben der Irrtum in dieser Kunst, denn wenn ihr denkt, ihr habt fast die ganze Welt in Händen, so findet ihr nichts als ein betrübliches Ende.”