Den elften Schlüssel der Vermehrung unseres grossen Steins will ich dir durch ein Gleichnis also vorhalten und kundbar machen.
Es wohnte im Morgenland ein herzlicher Ritter / Orpheus genannt / der war an Gut überaus reich / und an allem Vermögen sehr mächtig / der hatte seine leibliche und natürliche Schwester / Euridice genannt / zu der Ehe erwählt / für seine Hausfrau erkannt und angenommen / Dieweil er aber keine Erben mit ihr überkommen möchte / und der Sünde Ursach zumaß das er seine Schwester zum Weib erwählt hatte / lag er mit emsigen Anhalt dem Höchsten ständig für Ohren / und durch Bitte zu erlangen / ob er ihm Segen verleihen wollte / seiner Bitte genüge zu vergönnen.
Und in dem er einsmals mit seinem sehr tiefen Schlaf umgeben und eingenommen war / da kam im Traum ein fliegender Mann zu ihm / Phoebus genannt / der griff und rührt seine Füße an / die waren sehr warm / und sprach zu ihm: Nachdem du edler Ritter viel Königreich und Lande / auch viel Städte und mächtige Herrschaften durchwandert hast / wildem Meer viel Gefahr erlitten / im Kriege so viel erstritten / das du zu einem ritterlichen Stande erkohren / und vor allen andern dir vegönnt worden / dieweil du auch im Kampf und Tunier manch Speer gebrochen / und öfter der Dank dir durch das würdige Frauenzimmer zugesprochen worden / So hat mir der Vater im Himmel befohlen / dir anzuzeigen das deiner Bitte Gehör und Verstattung bei ihm erlangt hast / darum sollst du nehmen das Blut aus deiner rechten Seiten / und das Blut aus deiner linken Seiten deines Weibes / auch das Blut / so deinem Vater und deiner Mutter in ihrem Herzen gesteckt / sind natürliches Rechts nur zweierlei / und doch nur einerlei Blut / die vereinige zusammen / und lass sie alsdenn wiederum eingehen in die Kugel der sieben weisen Meister / ganz blos beschlossen / so wird der geborene Gross-mächtige gespeist mit seinem Fleisch / und getränkt mit seinem Blut der Ehren / Wenn du das recht machst / so wirst du viel erben / und eine unzähliche Schaar von deinem Leib geboren / hinterlassen / Doch wisse / das der letzte Same in der achten Verjährung der Zeit / wie dein erster Same / daraus du anfänglich gemacht bist / seinen Lauf zum Ende bringen wird / Tust du das öfter / und fängest von neuen an alle mal / so wirst du sehen Kindeskind / das die grösser Welt aus Gebärung des kleinern ganz und gar wird erfüllt werden / aus das dem Schöpfer sein Himmelreich vollkommen besessen wird.
Wie dieses vollendet war / flog Phoebus wieder hinweg / und erwachte der Ritter / der stand auf von seinem Bette / und wie er dem allen nachkam / wie ihm befohlen war / hatte der Ritter in sll seinem Vornehmen nicht allein das Glück und Heil / sondern Gott bescherte ihm mit seiner Hausfrauen viel Leibeserben / die erlangten auch ferner durch ihres Vaters Testament ein denkwürdigen Namen / und die Ehre der Ritterschaft bleibt bei ihrem Geschlechte / mit Reichtum für und für.
Mein Lehrer der Kunst / bist du nun Weltverständig / so darft du keiner Auslegung und Interpretation mehr / Da dir aber solcher Verstand mangelt / so gib nicht mir die Schuld / sondern deiner Unwissenheit selbst / denn mir ist weiter Eröffnung des Schlosses verboten / das muss ich halten und demselbigen gehorsamen / Dem es aber der Allmächtige bescheren will / ist es deutlich und klar genugsam geschrieben und noch klarer / das es schier niemand glauben kann / Denn ich habe den ganzen Actum figurate und nach Brauch geschrieben / wie meine Lehrer vor mir auch getan haben / und aber noch klarer / denn ich habe nichts verborgen / hast du das Fell der Trübigkeit abgezogen von deinen Augen / so wirst du finden das jenige / so viel gesucht / und wenig gwfunden haben / Denn die Materia ist allerdinge genannt / auch der Anfang / sowohl das Mittel / samt dem Ende angezeigt worden.